1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Kinzig-Kreis
  4. Schöneck

Schöneck: Der mongolische Politiker und Autor Dendev Terbishdagva liest aus seinem Buch

Erstellt:

Kommentare

Autor Dendev Terbishdagva und seine Tochter Odsuren Terbishdagva wechselten sich beim Erzählen und Vorlesen ab.
Autor Dendev Terbishdagva und seine Tochter Odsuren Terbishdagva wechselten sich beim Erzählen und Vorlesen ab. © Christine Fauerbach

Gleich mehrere Premieren fanden an diesem regnerischen wie stürmischen Abend in Kilianstädten statt. Zum ersten Mal begrüßte Gärtner und Floristmeister Torsten Müller zahlreiche Bürger aus Schöneck und der Region zu einer Lesung in einem seiner Gewächshäuser. Inmitten von blühenden Alpenveilchen standen der Hausherr und sein Schwiegervater Dirk Pfeil (FDP), Honorarkonsul der Mongolei, in mongolischer Tracht vor dem Publikum.

Schöneck – Für die erste Lesung im Blumenhaus gab es gleich zwei Anlässe: die Frankfurter Buchmesse und das 25-jährige Bestehen des Generalkonsulats der Mongolei Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Saarland in Frankfurt am Main. Zur Lesung mit Musik war Autor Dendev Terbishdagva, Parlamentarier im Großen Staatkhural (Parlament der Mongolei) und ehemaliger stellvertretender Premierminister der Mongolei, in den Main-Kinzig-Kreis gekommen. Mitgebracht hatte der Politiker und Unternehmer sein Buch „Im Jahr des roten Affen“.

Erlebnisse und Anekdoten

Der Untertitel der Autobiografie, die zugleich in weiten Teilen eine politische Biografie ist, lautet „Ein Nomade zwischen Jurte und Brandenburger Tor“. Das Vorlesen überließ der Autor seiner Tochter Odsuren Terbishdagva, die als Referentin für einen politischen Verband im deutschen Bundestag arbeitet. Sie las Auszüge aus den acht Buchkapiteln und gab anschließend Erläuterungen und Informationen zum Gehörten, schilderte Erlebnisse und Anekdoten.

Begleitet wurde das Duo von Ehefrau, Mutter und Unternehmerin Baasankhuu, die alles filmte, fotografierte sowie Spots aus der Mongolei einspielte, und dem Trio „Khukh Mongol, das aus Ingolstadt anreiste. „Der Name unseres Trios lautet „Blaue Mongolei“, weil wir an 360 Tagen im Jahr schönes Wetter und einen wolkenlosen blauen Himmel haben“, berichtete Musiker Yesun-Erdene Bat.

Mal humorvoll, mal nachdenklich

Gemeinsam mit Zolzaya Beldbautor und Erdenebold Dashtseren sorgte er mit mongolischen Volksweisen über Land, Natur, Nomadenleben und Geschichte sowie Kehlkopfgesang für Folklore. Zudem waren alle Mongolen in ihrer Landestracht erschienen. Gespielt wurden die Lieder auf Pferdekopfgeigen, Fluten (Flöten) und Trommeln. Beim letzten Lied stimmten die Zuhörer begeistert den Refrain mit an und klatschten im Takt der Musik. Zugaberufe hallten durch das Gewächshaus.

Zuvor hatte der Autor Dendev Terbishdagva seine Zuhörer mit seinen lebendigen Schilderungen aus seinem Leben in der 6000 Kilometer entfernten Mongolei, die vier Mal so groß ist wie Deutschland, seiner Zeit als Student der Lebensmitteltechnologie und Berufstätigkeit in der DDR, seiner politischen Laufbahn im wieder vereinten Deutschland und der Mongolei, gefesselt. Mal kurzweilig und humorvoll, mal nachdenklich und mahnend schildert der Autor seine Sicht auf sein Land und die Welt.

Das mongolische Trio„Khukh Mongol“ aus Ingolstadt umrahmte die Lesung und begeisterte mit mongolischen Volksweisen und Kehlkopfgesang.
Das mongolische Trio „Khukh Mongol“ aus Ingolstadt umrahmte die Lesung und begeisterte mit mongolischen Volksweisen und Kehlkopfgesang. © Christine Fauerbach

Eingebettet hat der Autor seine Biografie in den zeitgeschichtlichen Kontext der mongolisch-deutschen Beziehungen. Das Leben des Sohns einer mongolischen Nomadenfamilie, der ein erfolgreicher Unternehmer und weltgewandter, langjähriger mongolischer Spitzenpolitiker wird, erinnert an die von den Amerikanern geliebten Geschichten vom Tellerwäscher zum Millionär. Dendev Terbishdagva erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern lockert das Geschilderte durch Rück- und Ausblicke, Anekdoten aus der Geschichte seines Landes, seiner Kultur und Religion auf.

„Es gibt viele Bücher über die Mongolei, vor allem von ausländischen Autoren. Aber kaum eines wie meins, das die Mongolei aus der inneren Perspektive schildert.“ Er sei „eine mongolische Stimme“, die von der Schönheit der Natur und des Landes, von den Menschen, ihren reichen Traditionen, ihrer Geschichte, Politik und Gegenwart berichte. Der in unterschiedlichen Ämtern und Funktionen in Staat, Parteien und Parlament erfahrene Politiker schildert unterhaltsam die Konfrontation mit einem ganz anderen Gesellschaftssystem in der DDR. Mit seinem Werdegang verbindet er die politischen Entwicklung der Mongolei.

Viele Fragen bei den Zuhörern

Nach dem Systemwechsel 1992 befindet sich das Land auf demokratischem Kurs. Der Autor thematisiert aktuelle Entwicklungen wie politische Intrigen, Korruption, Oligarchie und die Aneignung des mongolischen Rohstoffreichtums (Gold, Kupfer) durch skrupellose ausländische Kartelle. An seine Zuhörer appellierte Dendev Terbishdagva, die junge mongolische Demokratie „nicht nur mit Geld“ zu unterstützen. Er stellt seine Vision einer modernen und starken Mongolei vor, die ihre Traditionen nicht vergisst und sich souverän statt abhängig in der neuen Welt behauptet.

Unter den Zuhörern war ein Landsmann des Autors, der die in seiner Heimat herrschenden wirtschaftlichen, gesundheitlichen und politischen Probleme ansprach. Die Zuhörer hatten viele Fragen an den Autor. Sie wollten mehr über das von drei Millionen Menschen und mehr als vier Millionen Pferden bevölkerte Land zwischen China und Russland, seine Kultur und Religion, das Leben der Nomadenfamilien und vieles mehr wissen. (Christine Fauerbach)

Das Buch

Dendev Terbishdagva „Im Jahr des roten Affen – Ein Nomade zwischen Jurte und Brandenburger Tor“, Verlag Neues Leben Berlin, 479 Seiten, 1. Auflage 2020, 24 Euro.

Auch interessant

Kommentare