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Schöneck: Experte erläutert ernüchternde Rechnung zu geplantem Rechenzentrum

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Der Datacenter-Park der Hetzner Online GmbH in Falkenstein. So ähnlich könnte das geplante Rechenzentrum in Schöneck aussehen. Fridays for Future wollen heute vor dem Rathaus in Kilianstädten gegen das Projekt protestieren.
Der Datacenter-Park der Hetzner Online GmbH in Falkenstein. So ähnlich könnte das geplante Rechenzentrum in Schöneck aussehen. © PM

Die Diskussionen um das geplante Rechenzentrum im Gewerbegebiet Kilianstädten II gehen unvermindert zwischen Befürwortern und Gegnern weiter. Ein wichtiges Kriterium beim Für und Wider des Projekts, bei dem knapp 13 Hektar Ackerland in Nachbarschaft zum Gelände des Autokontor Bayern beansprucht würden, sind die zu erwartenden Einnahmen durch die Gewerbesteuer, die vom künftigen Betreiber, der Hetzner Online GmbH, an die Gemeinde zu zahlen wären.

Schöneck – Während die Befürworter das Projekt als „Meilenstein“ für die nachhaltige Finanzierung der Gemeinde sehen, zeichnete Dr. Thilo Sekol kürzlich als Gastredner bei einer Informationsveranstaltung der „Bürgerinitiative lebenswertes Schöneck“ ein ernüchterndes Bild. Der Betriebswirt und Experte für kommunale Finanzierung, Controlling und Flächenmanagement stellte eine Rechnung auf, die den Befürwortern nicht gefallen kann, denn nur ein Bruchteil des Gewerbesteueraufkommens würde demnach in der Gemeindekasse landen. Hinzu kämen Folgekosten zum Erhalt der Infrastruktur des neuen Areals.

Dr. Thilo Sekol
Dr. Thilo Sekol, Finanzexperte. © PM

Auf Nachfrage unserer Zeitung erläuterte Sekol die wesentlichen Züge seines Rechenmodells. Um zu ermitteln, welcher Anteil am Gesamtgewerbesteueraufkommen des Betreibers nach Schöneck fließen würde, müsse man die Zerlegung der Gewerbesteuer heranziehen (§ 28 GewStG), so der Experte. Das heißt, dass nur die Summe der Arbeitslöhne der Arbeitnehmer am Standort Schöneck anteilmäßig zur Berechnung herangezogen werde. Zudem könne sich der Betreiber mit mehreren Standorten steuerlich betrachtet als Hauptsitz des Unternehmens diejenige Kommune heraussuchen, wo der Gewerbesteuerhebesatz am geringsten sei.

Würden in Schöneck demnach 20 von insgesamt 100 Mitarbeitern Arbeitslöhne bekommen, so bekäme die Gemeinde grob auch nur 20 Prozent des Gesamtsteueraufkommens, das der Betreiber am Hauptsitz des Unternehmens zahlen müsse.

Auf der Internetseite https://www.bwl-lexikon.de/wiki/gewerbesteuerzerlegung/ findet sich ein anschauliches Beispiel für die Gewerbesteuerzerlegung: Ein Unternehmen hat Betriebsstätten in München und Hamburg. Der Hebesatz in München beträgt 490 Prozent, in Hamburg nur 470 Prozent. Insgesamt beträgt die Bemessungsgrundlage des Betriebes für die Gewerbesteuer 10 000 Euro. Die Arbeitslöhne in München machen 35 Prozent des Gesamtvolumens aus, die Löhne in Hamburg 65 Prozent. Nach den Vorgaben der Gewerbesteuerzerlegung müsste das Unternehmen in München 17 150 Euro und in Hamburg 30 550 Euro bezahlen.

Für Schöneck hatte Sekol bei seinem Vortrag im Bürgertreff Kilianstädten vorgerechnet, dass von einer Million Euro Gewerbesteuereinnahme aufgrund des kommunalen Finanzausgleichs, der sich dann verringernden Schlüsselzuweisungen und steigender Umlagen einerseits sowie aufgrund der Kosten für Instandhaltung der Infrastruktur der Gemeinde andererseits lediglich der Betrag von 6000 Euro (0,6 Prozent der gezahlten Gewerbesteuer) in der Gemeindekasse verbleiben würden.

Bürgerversammlung

Die Einwohner von Schöneck sind zur Bürgerversammlung am Montag, 26. September, um 19 Uhr im Bürgertreff in Kilianstädten eingeladen. Nach der Eröffnung und Begrüßung durch den Gemeindevertretervorsitzenden Klaus Ditzel, der auch die Versammlung leitet, geht es laut Tagesordnung um die zwei Themenschwerpunkte „Zukunftsplanung Schöneck“ und „Informationen zum geplanten Rechenzentrum“. Zudem gibt es den Punkt „Verschiedenes und Anfragen an die Fraktionen“. Bürgermeisterin Cornelia Rück sowie die Fraktionsvorsitzenden des Schönecker Parlaments stehen laut Einladung für Fragen zur Verfügung.

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