Schöneck: Fahrradwerkstatt des Repair-Cafés leistete Starthilfe in die Frühlings-Saison

Es wehte am Samstagvormittag ein kalter Wind durch den Kilianstädter Rathaushof, was aber die ehrenamtlichen Aktiven der Fahrradwerkstatt des Repair-Cafés Schöneck und einige „Kunden“ nicht abhielt, die mitgebrachten Zweiräder einer gründlichen Frühjahrskur für Fahrräder zu unterziehen.
Schöneck – „Nicht nur Autos müssen nach dem Winter durchgecheckt werden, auch Räder sollten einer solchen Prozedur unterzogen werden, egal ob sie während der kalten Jahreszeit benutzt worden sind oder nur im Keller oder im Schuppen standen“, betonte Werner Fröhlich, der Mann der ersten Stunde dieser Einrichtung.
Gespendete Räder werden flott gemacht
Der ehemalige Lehrer und Fahrradexperte ist ein alter Hase, was Drahtesel betrifft. Vor einigen Jahrzehnten bereits hatte er an der Bertha-von-Suttner-Schule in Nidderau einen Fahrradworkshop für Schüler gegründet und viele Jahre lang erfolgreich betrieben. Sein Erbe führt inzwischen die Georg-Büchner-Schule in Erlensee fort, samt der Nidderauer Werkstattausrüstung. In Schöneck reparierte Fröhlich 2015 erstmals Fahrräder auf Anfrage für den Arbeitskreis Asyl und organisierte zusammen mit Genoveva Firnges und Stefanie Nöthen Radfahrkurse für Frauen aus Syrien.
Im Laufe der Jahre wurden immer wieder Reparatur- und Inspektionstermine angeboten, es kamen weitere „Schrauber“ hinzu und in einem Raum in der ehemaligen Scheune am Rathaus konnte die Gruppe eine provisorische Werkstatt einrichten. Diese füllte sich mit den Jahren mit dem notwendigen Werkzeug, dient als Materiallager und wird zur Aufbereitung von gespendeten Rädern genutzt, die für kleines Geld an Menschen weitergegeben werden, die sich sonst ein Fahrrad nicht leisten können.
Keine „Konkurrenz“ zu örtlichem Fahrradgeschäft
„Wir sind inzwischen ganz gut ausgestattet, aber natürlich könnte man das eine oder andere Werkzeug noch gebrauchen“, betonte Fröhlich. So zum Beispiel ein nicht ganz billiges Hilfsmittel, mit dem an Speichen ein Gewinde geschnitten werden kann, um so die Länge auf den Millimeter genau anzupassen. Bei einem spontan angelieferten Rad mussten nämlich einige der gelagerten Speichen ausprobiert werden, bis die Reparateure das richtige und passende Ersatzteil gefunden hatten. „Mit diesem fehlenden Werkzeug wäre das alles viel schneller gegangen“, kommentierte Werner Fröhlich die Millimeterarbeit.
Solche Arbeiten, die Geduld und Fingerspitzengefühl benötigen, schrecken den ehemaligen Lehrer und seine Mitstreiter Michael Wolff, Heiko Gottfried, Klaus Pölderl, Reinhold Volz und Hartmut Schnaperelle aber nicht von einer Instandsetzung ab. Und es gibt eine klare Absprache mit dem ortsansässigen Fahrradgeschäft, dass die „Schrauber“ von größeren Reparaturen die Finger lassen.
Radler mit einfachen Wartungsarbeiten vertraut machen
Überhaupt ist der eigentliche Sinn der Workshops und Reparaturtermine, die Radler mit einfachen Wartungsarbeiten vertraut zu machen, die weder spezielles Werkzeug noch gewisse Fertigkeiten voraussetzen. Aus diesem Grund ist auch Klaus Ackermann mit seinem zwei Jahre alten Zweirad von Oberdorfelden nach Kilianstädten geradelt und hat sich für den Termin angemeldet. Er fährt sehr regelmäßig mit dem Rad, „im Durchschnitt 20 Kilometer am Tag“ und ist auch ständiger Teilnehmer bei der Aktion „Stadtradeln“. Nun aber nutzt er die Gelegenheit, um mit Werner Fröhlich an der Seite die wichtigsten Komponenten des Drahtesels zu überprüfen. „Wir haben die Bremsen und die Beleuchtung getestet, die Reifen überprüft – die kann man auch verkehrt aufziehen, habe ich gelernt – , den Rahmen auf Risse untersucht, die Ritzel und die Kette gereinigt und geölt, schließlich die Schaltung eingestellt und eine Endabnahme gemacht“, zählte Ackermann auf. „Jetzt ist mein Fahrrad wieder fit für Frühling und Sommer“, freute sich der passionierte Radler.
Ein neues Mitglied in der Mannschaft der Fahrradwerkstatt, organisatorisch angegliedert an das Repair-Café der Gemeinde und somit rechtlich und versicherungstechnisch im grünen Bereich, ist Sascha aus der Ukraine, der beim Samstagstermin den künftigen Kollegen über die Schulter geschaut hat. „Wir verstehen die Fahrradwerkstatt gerade für geflüchtete Menschen auch als Integrationshilfe und geben ihnen bei uns die Möglichkeit, sich handwerklich zu betätigen“, weist Werner Fröhlich auf einen nicht zu vernachlässigenden weiteren Aspekt der Arbeit hin.
Weitere Mitstreiter willkommen
„Und wir freuen uns natürlich über jeden, der bei uns mitmachen will, denn Arbeit gibt es immer“, betonte der 81-Jährige, der noch an seinem Wohnort Altenstadt im Ortsteil Lindheim eine Fahrradwerkstatt für Geflüchtete leitet, „damit diese überhaupt die Chance haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Bei der Gemeindeverwaltung koordiniert Ralf Ottenheim (Telefon 06187 9562401) die Arbeit von Repair-Café und Fahrradwerkstatt. Bei ihm kann man sich melden, wenn man ein nicht mehr gebrauchtes Fahrrad spenden will. Die Räder werden abgeholt und durch die „Schrauber“ in einen verkehrssicheren Zustand gebracht. Und wer Interesse an einem der über zehn Erwachsenen- und ebenso vielen lagernden Kinderrädern hat, sollte sich ebenfalls dort melden, um ein passendes Rad vermittelt zu bekommen.
(Von Thomas Seifert)