Streuobstfreunde Schöneck weihen Sortengarten mit 130 Apfel- und Birnensorten ein

Es war sein Tag. Sein Erfolg, auf den er lange im Hintergrund hingearbeitet hatte. Akribisch, routiniert, mit Fleiß, Ausdauer und einem großen Fachwissen. Werner Nussbaum, Vorsitzender der Streuobstfreunde Schöneck, hat am Sonntag zur Einweihung des Sortengartens viel Lob erfahren. Die Einweihung dieses Gartens erfolgte zufällig noch punktgenau zum „Internationalen Tag der Artenvielfalt“.
Schöneck – Der Verein hat über 70 Mitglieder in zehn Jahren akquiriert. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, die Artenvielfalt des wertvollen Natur- und Kulturguts Streuobstwiese zu erhalten, kontinuierlich zu fördern und weiter auszubauen. „In Kilianstädten und Büdesheim pflegen wir aktuell 300 Bäume. Um die Pflege auf viele Schultern zu verteilen, leben wir das Baumpatenkonzept. Dies bedeutet, dass die Vorstandsmitglieder ein oder mehrere Bäume zugeteilt bekommen, diese pflegen und beernten“, sagte Nussbaum.
Es sei ein Sortenpotenzial, das sich weit über die Landesgrenze hinaus blicken lassen könne. Zudem veranstaltet der Verein jährlich Schnittkurse und einen Veredelungskurs in Zusammenarbeit mit dem Obst- und Gartenbauverein Roßdorf. Seit 2021 gehört auch ein Sensenkurs zum Programm. Sortenausstellungen mit Keltern und Sortenbestimmung werden ebenfalls angeboten.
Alte Obstsorten sollen in einer Sammlung erhalten werden. Sie bilden ein großes Potenzial, im Hinblick auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen, die in den letzten Jahren verstärkt aufgetreten sind. Bis Anfang 2019 sei seine Sortensammlung mit knapp 100 Bäumen auf einem Privatgrundstück in Büdesheim beheimatet gewesen, sagte Nussbaum zur Historie. Durch den Verkauf des Grundstückes musste eine neue Heimat für die Sammlung gefunden werden.
Über 50 Flächen besichtigt
Nach der Besichtigung von etwa 50 Flächen, konnten die Streuobstfreunde ein Grundstück von der Hessischen Landgesellschaft (HLG) erwerben. Im Frühjahr 2019 seien innerhalb von drei Tagen die Bäume in Büdesheim ausgegraben und auf dem neuen Grundstück eingepflanzt worden. Neben der Pflanzung einer Hecke wurden später noch etwa 50 Bäume gesetzt. Heute umfasst die Sammlung etwa 130 Sorten Apfel und Birnen.

Der Großteil der Sammlung habe durch den unermüdlichen Einsatz der Vereinsmitglieder gerettet werden können. Das Grundstück wurde mit einem 200 Meter langen Wildschutzzaun und 70 Pfosten versehen. Entlang der Grundstücksgrenze zur Umgehungsstraße wurden aus Naturschutzgründen dieses Jahr Eberesche, Schwarzer Hollunder, Faulbaum, Gemeiner Schneeball oder Kreuzdorn gepflanzt. Um die Bewässerung sicher zu stellen, wurde ein Brunnen gebohrt, sodass das Wasser nicht mehr angefahren werden muss. Nussbaum übergab offiziell die Sammlung der alten Sorten an den Verein.
Gemeinde und Verein unterzeichnen Pflegevertrag
„Wir haben damals händeringend auch nach gemeindeeigenen Grundstücken geschaut, aber nichts gefunden“, sagte Bürgermeisterin Conny Rück. „Alte Obstsorten zu erhalten, hat heute oberste Priorität. Wenn uns dies gemeinsam gelingt, dann ist viel erreicht.“ Sie wies auf den Pflegevertrag zwischen den Streuobstfreunden und der Gemeinde für zwei Streuobstwiesen und eine Grünanlage hin, der von Nussbaum gegengezeichnet wurde.
Landrat Thorsten Stolz lobte das Engagement der Streuobstfreunde. Heimat habe viel mit den Kulturlandschaften zu tun, die über Jahrtausende gewachsen seien. Die Streuobstwiese sei ein Teil davon. „Deutschlandweit hatten wir einst 1,5 Millionen Streuobstwiesen. Heute sind es knapp 400 000“, so Stolz. Durch die Flurbereinigung sei viel zerstört worden, auch Artenschutz. Bis zu 5000 Tier- und Pflanzenarten seien im Biotop Streuobstwiese zu finden. CDU-Landtagsabgeordneter Max Schad erwähnte die gute Verankerung in der Gemeinde und stellte eine Förderung des Landes für den Verein in Aussicht.
Wertschätzung für Engagement
„Mich freut es, wenn es Menschen gibt in der heutigen Zeit, die trotz des technischen Fortschritts und der Digitalisierung in der Lage sind, sich mit der Natur zu befassen“, sagte Ex-Bundestagsabgeordneter Bernd Reuter. Jörg Stier von der gleichnamigen Maintaler Kelterei sagte, letztendlich sei es Menschen wie den Streuobstfreunden zu verdanken, dass die handwerkliche Apfelweinkultur in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen wurde. Doch ohne die Streuobstwiesen wäre das alles nichts. Dort finde man die Mispel, Schlehe, Quitte, Speierlinge und eine Vielfalt an Apfelsorten, etwa 2500 in Deutschland. „Die Apfelsorten haben extremen Einfluss auf den Apfelwein. Jede Region hat ihre eigenen Apfelsorten gehabt.“ (Von Georgia Lori)