Arbeiten an der L3065: Nie wieder Krötenzaun

Aktuell ist die Landstraße zwischen Zellhausen und Seligenstadt gesperrt. Der Fahrbahnbelag wird erneuert. Außerdem werden auf der Strecke mehrere Amphibientunnel verbaut. Das bedeutet, dass der jährliche traditionelle Auf- und Abbau des Krötenzauns nun der Vergangenheit angehört.
Zellhausen – Seit Anfang der vergangenen Woche laufen die Arbeiten auf und an der L3065 zwischen Zellhausen und Seligenstadt, die deshalb auch komplett gesperrt ist. Hessen Mobil erneuert dort einerseits die Fahrbahn, baut zudem eine neue Amphibienschutzanlage. Auf einer Länge von etwa 550 Metern sollen Stahlbleche, die beiderseits der Straße angebracht werden, vor allem Amphibien unterhalb der Landstraße entlang führen.
Mit diesem Bauvorhaben geht allerdings auch eine inzwischen zwölf Jahre andauernde Tradition zu Ende. Und so wurde vor wenigen Tagen ein letztes Mal der Amphibienzaun am Königsee in Zellhausen abgebaut.
Zahlreiche Helfer haben sich für eine sichere Krötenwanderung zum Königsee in Zellhausen engagiert
Organisiert von der Arbeitsgemeinschaft Fledermaus- und Amphibienschutz Seligenstadt und Mainhausen (AgFa) haben sich im Laufe der Jahre zahlreiche Helfer für die sichere Wanderung der Erdkröten aus dem Zeller Bruch zum Königsee engagiert. Unter anderem half der Internationale Bund für Sozialarbeit im ersten Jahr bei dem Projekt mit. Ab 2012 stieg die THW-Jugend Seligenstadt mit ein – oft unterstützt durch die THW-Jugend Bad Homburg.
Manche Abläufe haben sich in den vergangenen zwölf Jahren kaum geändert, fasst Hartmut Müller von der AgFA zusammen: Morgens und Abends haben die Helfer bis zu 1000 Meter Zaun abgelaufen, die Erdkröten nach Geschlecht eimergenau erfasst und die Wetterbedingungen notiert.
Eine Ausnahme gab es allerdings 2012. Weil der Zaun etwas zu spät aufgestellt wurde, hatte ein großer Teil der Tiere die Straße schon überquert – dadurch war das Ergebnis der Zählung unvollständig.
„In allen anderen Jahren wurden die Daten vollständig erfasst“, sagt Müller. So habe man im Jahr 2021 bereits Ende Januar Wanderungen aufgezeichnet, die letzten Tiere seien Ende April erfasst worden. „2017 erhielten Amphibienzaunhelfer und die THW-Jugend für ihren Einsatz sogar den Umweltpreis des Kreises Offenbach.“
Positive Entwicklung bei der Zellhausener Krötenwanderung: 923 Tiere im Jahr 2015
Von der unvollständigen Datenlage 2012 einmal abgesehen, entwickelte sich der Bestand von 454 Erdkröten im Jahr 2010 auf 923 Tiere im Jahr 2015.
Im Frühjahr des gleichen Jahres allerdings wurde auf der Wiese des Zaunes Kunstdünger ausgebracht. Zwei riesige Haufen lagen laut Arbeitsgemeinschaft auf der kommunalen Ausgleichsfläche neben der Käthe-Paulus-Schule, als der Zaun aufgebaut wurde. In den beiden Folgejahren brach der „Zeller Bruch“-Bestand der Erdkröte deutlich ein – erst 2018 und 2019 habe er wieder zugenommen.
Seit zwei Jahren gehen die Zahlen nun erneut zurück, die genauen Ursachen sind bislang unklar. „Vielleicht sind die Trockenjahre 2018 bis 2020 der Grund dafür. Möglich wäre auch, dass die zunehmende Frühjahrstrockenheit den Tieren zu schaffen macht“, sagt Hartmut Müller. Doch auch andere störende Einflüsse Dritter seien nicht auszuschließen. Deshalb will die Arbeitsgemeinschaft die Daten der vergangenen Jahre noch mal genauer analysieren.
Ungünstige Wanderungsverhältnisse für Erdkröten in diesem Jahr in Zellhausen
Auch in diesem Jahr war nicht alles ideal: Die Aufzeichnungen der AgFA zeigen ungünstige Wanderungsverhältnisse für die Erdkröten am Königsee. Müller: „In den Regennächten war es meist zu kalt. Waren die Bedingungen einigermaßen günstig, folgte kurz danach ein Kälteeinbruch.“ Deshalb sei es möglich, dass viele Tiere ihre Frühjahrswanderung aufgrund der widrigen Bedingungen abgebrochen haben. Womöglich lasse der Wandertrieb bei den Tieren auch im Laufe des Frühjahres nach, ist man bei der AgFA auf der Suche nach möglichen Gründen.
Doch auch wenn die Aktion Krötenzaun ab sofort der Vergangenheit angehört, möchte die Arbeitsgemeinschaft weiter Daten sammeln. „Wir wollen die Wanderungen auch in den nächsten Jahren beobachten“, sagt Hartmut Müller. Derzeit gebe es deshalb Überlegungen, die Erdkröten am Auslauf der Tunnel kurzzeitig abzufangen und dann zu zählen. (jo)