Sichten, säubern, registrieren im Gemeindearchiv Mainhausen

„ Halb zog man ihn, halb sank er hin…“ Mit diesem leicht abgewandelten Goethe-Zitat könnte man die Arbeitsmotivation beschreiben, mit der sich Peter Wolf aus Zellhausen akribisch und engagiert der Aufbereitung und Katalogisierung von verstaubten Unterlagen für das neue Gemeindearchiv widmet.
Mainhausen – Im Jahr 2019 war Wolf mit dem Geschichts- und Heimatverein (GHV) an die Gemeinde Mainhausen herangetreten mit dem Wunsch, die zahlreichen Materialien aus der Geschichte beider heutiger Ortsteile in einem Archiv zu sichern. Eine Archivkommission beschäftigte sich Anfang 2020 mit dem Thema. Räumlichkeiten wurden in beiden Ortsteilen gesucht und letztlich bezahlbar in einem leer gewordenen Gewerbeobjekt gefunden. Für März 2021 wurden die inzwischen renovierten Räume an der Jahnstraße in Zellhausen angemietet. Die Gemeindevertretung berichtete in einer Frühsommersitzung 2021 über den Start des Archivprojektes unter Federführung von Peter Wolf.
Nach schwieriger Personalsuche hatte Hauptinitiator Wolf sich letztlich bereit erklärt, übergangsweise selbst entscheidend Hand mit anzulegen. „Einen besseren Kenner der Materie hätten wir nicht finden können“, zeigt man sich von Gemeindeseite zufrieden.
Minijob im Gemeindearchiv Mainhausen
Peter Wolf (68) befindet sich als ehemaliger Bundesbeamter für Kartografie und Geodäsie im wohlverdienten Ruhestand. Ein Minijob über die Gemeinde regelt seit Mitte Juli die arbeitsrechtliche Seite. „Die über die Zeit des Minijobs hinaus eingesetzten Überstunden sind sozusagen mein Freizeitvergnügen“, bekennt Wolf freimütig. Eine nach Ausschreibung im Minijob eingestellte Mitarbeiterin hilft Wolf seit einigen Wochen. Mainflingens und Zellhausens historische Akten werden dabei zur Zeit getrennt bearbeitet.
Die mehrere Jahrhunderte alten Handschriften, Namen und Sachinhalte üben nicht nur auf Wolf eine besondere Faszination aus. Die teilweise verstaubten und sogar versandeten Akten stammen aus diversen gemeindlichen Lagerungsräumen, etwa Keller der Gemeinderathäuser. Sie werden zunächst nur „häppchenweise“ gesichtet, nummeriert und in den Archivregalen abgelegt. In sehr vielen Fällen handelt es sich um alte Gemeinderechnungen, Urkunden oder Ausgabenlisten. Hinzu kommen Kriegs- und Militärdokumentationen zu Kosten, Einquartierungen und Übungen oder Infos über Gemeinde- und Privatgebäude, Flur- und Grundstücksunterlagen, Steuern und Hypotheken. Dabei sind auch schulische und kirchliche Angelegenheiten oder Schadensaufstellungen. Geld regierte auch damals schon die Verwaltungswelt. Auch Einbürgerungspapiere sowie Register, Erlasse und Protokolle aller Art sind zu finden.
Staubige, aber spannende Arbeit für Peter Wolf aus Zellhausen
„Beim Öffnen der Akten weiß keiner, was thematisch genau drin steckt“, schildert Wolf die staubige, aber spannende Arbeit. Dann werden die Akten in einzelne Papphüllen gepackt, damit sie in den genormte Sicherungskartons Platz finden. Mit der Bearbeitung von Mainflinger Gemeindedaten wurde begonnen. Die Akten bekommen Namenszuordnungen und Nummern, der genaue Inhalt wird zu einem späteren Zeitpunkt geprüft und hinterfragt. Zunächst erfolgt die Eintragung in das sogenannte „Findbuch“, um sie im Computer zu listen. Dieses wird ständig erweitert und ausgebaut, um Rubriken, aber auch Unterzuordnungen. Die Kamera als Sicherung für Computerdatei-Speicherungen, Staubpinsel und Staubsauger gehören zu den diversen Arbeitsutensilien Peter Wolfs. Ebenso das Bügeleisen, mit er Akten jüngeren Datums glättet. Den Holzwürmern, die in den Dokumenten viele Fraßspuren über die Jahrhunderte hinterlassen haben, soll der Sieg nicht überlassen werden.

Teilweise sind die Fundstücke fein säuberlich katalogisiert, teilweise „mit einer Sauklaue hingeklatscht“, je nachdem. Einige Rechnungen stammen aus dem 17., die meisten aber aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Auch Versicherungsunterlagen, wie beispielsweise Feuer- oder Krankenversicherungen oder Gemeindefürsorgenachweise gehören dazu. Naturgemäß auch Geburten und Beerdigungen, Heiraten und Gebäudekategorien, bis hin zu Scheunen und Ställen oder dem öffentlichen Wald. Ein wertvolles Flurbuch aus Seligenstadt aus dem Jahr 1700 wurde aufgefunden, mangels Katasterwesen und exakter Flurbezeichnungen dienten die Namen der Grundstücksnachbarn damals als Ortsbeschreibung der Lage von Haus- bzw. Ackergrundstück oder Gärten. Die wohl ältesten bisher gesichteten Mainhäuser Unterlagen stammen aus dem Jahr 1693.
Natürlich soll das Archiv, wenn eine größere Anzahl von Unterlagen und Dokumenten gesichtet und archiviert ist, auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Aber bis dahin werden Peter Wolf und sein Team noch viele Dokumente sichten, säubern und archivieren. Ein erstes Zwischenergebnis ist ermutigend. Für die Gemeinde Mainhausen ist Alexandra Fabian erste Ansprechpartnerin. (tku)