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Friedrich-Ebert-Gymnasiasten besuchen regelmäßig das KZ Auschwitz

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Von: Stefan Mangold

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Den hippokratischen Eid hat auch Dr. Josef Mengele geschworen. Das hinderte den Lagerarzt von Auschwitz aber nicht daran, grauenhafte Menschenexperimente vorzunehmen. Auch damit setzten sich die Friedrich-Ebert-Schüler im Rahmen ihres jüngsten Auschwitz-Besuchs auseinander.
Den hippokratischen Eid hat auch Dr. Josef Mengele geschworen. Das hinderte den Lagerarzt von Auschwitz aber nicht daran, grauenhafte Menschenexperimente vorzunehmen. Auch damit setzten sich die Friedrich-Ebert-Schüler im Rahmen ihres jüngsten Auschwitz-Besuchs auseinander. © Mangold

Die Geschichte der Menschheit ist auch die Geschichte von Krieg, Sklaverei und Totschlag. Kein anderer Ort steht für die Abgründe der Barbarei wie Auschwitz. Er steht als Synonym für die industrielle Vernichtung von Menschen.

Mühlheim – Nach zwei Jahren Corona-Pause präsentierten im Pfarrheim St. Sebastian wieder einmal Oberstufenschüler des Friedrich-Ebert-Gymnasiums ihre Eindrücke von ihrem jüngsten Besuch in dem ehemaligen Konzentrationslager. An dem Mühlheimer Gymnasium haben Besuche des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers und die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nazi-Terrors eine lange Tradition.

Und so machte sich im Oktober vergangenen Jahres erneut eine Schülergruppe auf den Weg nach Auschwitz. In den vergangenen Wochen arbeiteten sie das dort Gesehene und Erlebte in verschiedenen Formen für die Präsentation auf.

Im Vorgespräch verzichten Adham Noah El-Essawi und Analena Rufino de Sousa bei der Frage nach ihren Empfindungen im Lager Auschwitz auf Formeln wie „Schock“ und „Grauen“, die häufig kommen, wenn Menschen von ihren Eindrücken während eines KZ-Besuchs erzählen sollen. Die 18-Jährigen berichten, das Wetter habe im vergangenen Oktober im Widerspruch zur Symbolik des Ortes gestanden: „Die ganze Woche schien die Sonne.“ Auch habe es ein gutes soziales Miteinander gegeben. Man habe nicht ausschließlich über das geredet, womit man sich tagsüber inhaltlich beschäftigte. Die beiden 18-Jährigen geben wieder, wie sich das Leben meist gestaltet: selten trennscharf, oft vermischen sich die Dinge.

Schulprojekt begann vor 32 Jahren

Im Gemeindezentrum St. Sebastian zeigen der designierte Bürgermeister Dr. Alexander Krey, Schulleiter Stefan Sturm und der bald aus dem Amt scheidende Bürgermeister Daniel Tybussek Präsenz. Tybussek spricht vom Erstarken der AfD, benennt als mögliche Ursache die Ignoranz der Politik gegenüber den Nöten von Bürgern. „Wie soll man von einer niedrigen Rente leben?“ Ein Bürgermeisterkollege habe aus Geldmangel ein Schwimmbad schließen müssen. Jetzt sei er verpflichtet, für den eingesparten Betrag Unterkünfte für Flüchtlinge zu bauen. Tybussek: „Das ist ein Gesamtbild, das Populisten in die Hände spielt.“

Schulleiter Stefan Sturm hofft, die Schüler würden durch das Projekt zu Multiplikatoren politischer Bildung. Den ersten Studienbesuch in Auschwitz initiierte der inzwischen verstorbene ehemalige FEG-Lehrer Jürgen Bartholome vor 32 Jahren. Lehrer Michael Schmidt erinnerte an ihn. Schmidt hat das schulische Dauerprojekt mittlerweile übernommen.

Fünf Schülergruppen bereiteten für die Präsentation vier Themen vor: Widerstand, Faschismus, Medizin und „Auschwitz als Lernort“. Zum letztgenannten Punkt zeigen die Schüler einen ausgesprochen professionell geschnittenen und gesprochenen Film, der zum Teil aus Interviews mit KZ-Besuchern besteht. Manche Besucher seien offensichtlich vor allem dem Grauen auf der Spur. Der Film spricht von „Dark Tourism“, gemeint sind Leute, die gerne dorthin pilgern, wo Schreckliches passierte.

Fürs Fotos vor dem KZ-Eingang posiert

Einer der Interviewten zeigt sich enttäuscht. Durch TV- und Netflixdokumentationen vorbereitet, hatte er sich mehr Zeugnisse von Brutalität erhofft. Zu sehen ist außerdem die Aufnahme einer jungen Frau, die vor dem Eingangstor mit der berühmten Inschrift „Arbeit macht frei“ für ein im Modelstil geschossenes Foto posiert.

„Meine Verordnungen werde ich treffen, zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil. Ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht“, schwor auch Dr. Josef Mengele den hippokratischen Eid – jener Lagerarzt, der in Auschwitz Experimente an Lagerinsassen vornahm. Den stichpunktartigen originalen Protokollen der Menschenversuche haben die Schüler fiktive Tagebucheinträge der Opfer zugefügt.

Ein Experiment bestand darin, einem Zwillingsmädchen einen Virus zu infizieren, „der andere Zwilling bleibt keimfrei“. Das eine Kind wird schwer krank, das andere nicht. Das Resümee: „Um diese Erkenntnis zu bestätigen, müssen mehr Versuche durchgeführt werden.“ Die Tagebucheinträge der gequälten Probanden schließen jeweils mit der Frage: „Was habe ich getan, um das ertragen zu müssen?“ (Stefan Mangold)

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