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An Opfer erinnern: Mühlheimer Initiative fordert Gedenkstätte an ehemaligem Nazi-Erziehungsheim

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Von: Jan Lucas Frenger

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Gemeinsames Ziel: Eine Auswahl dieser Originalbilder wollen Otto Wagner (rechts) von „Bunt statt Braun“ und Frank Zimmermann künftig am KEH präsentieren.
Gemeinsames Ziel: Eine Auswahl dieser Originalbilder wollen Otto Wagner (rechts) von „Bunt statt Braun“ und Frank Zimmermann künftig am KEH präsentieren. © Frenger

Die Initiative um den engagierten Mühlheimer Frank Zimmermann fordert eine Gedenkstätte am Eingang des ehemaligen Nazi-Erziehungsheims in der Tilsiter Straße.

Mühlheim – Brutale Prügelstrafen, psychischer Terror, Zwangssterilisation: Das 1895 an der Offenbacher Straße in Mühlheim errichtete Kreiserziehungsheim (KEH) ist während der Herrschaft der Nationalsozialisten für unzählige Mädchen und Jungen zu einem Ort des Grauens geworden. Unter Leitung des Rumpenheimer Pfarrers und damaligen Rektors, Hans Hoffmann, mussten die Kinder und Jugendlichen, die dort untergebracht waren, nicht nur unmenschliche Qualen erleiden, einige der Insassen wurden auch an die Tötungsanstalt in Hadamar überführt.

Dass zumindest ein Teil dieser Gräueltaten überhaupt ans Licht kamen, ist in erster Linie dem Engagement von Ralf Zimmermann zu verdanken. Der Mühlheimer beschäftigt sich seit mehr als vier Jahren mit der dunklen Geschichte des KEH, verbringt zahllose Stunden in Archiven auf der Suche nach Zeitzeugen und historischen Dokumenten, fügt so Stück für Stück das Puzzle zusammen. „Das Thema war jahrelang ein grauer Fleck und es geht mir darum, dass diese schrecklichen Taten an jungen, wehrlosen Menschen nicht in Vergessenheit geraten“, erläutert Zimmermann seine Beweggründe. Um das zu verhindern, arbeitet der 61-Jährige schon seit geraumer Zeit mit Schülern und Lehrern des Friedrich-Ebert-Gymnasiums (FEG) in einer eigens dafür gegründeten Projektgruppe zusammen und informiert in gemeinsamen Veranstaltungen regelmäßig zum Thema.

Seit Anfang des Jahres kooperiert die Gruppe nun auch mit dem Mühlheimer Bündnis „Bunt statt Braun“, das vom Geschichtsverein unterstützt wird. Ziel der Zusammenarbeit: Die Errichtung eines Gedenkortes in Erinnerung an die zahlreichen Zöglinge, die dem KEH zum Opfer gefallen sind. Ein entsprechendes Konzeptpapier existiert bereits, Stadt und Land sind informiert und auch vonseiten der Hessischen Hochschule für Polizei, deren Verwaltung in den Räumlichkeiten des früheren Heimes untergebracht ist, habe die Initiative positive Signale bekommen.

„Wir sind mit unserem Anliegen überall auf offene Ohren gestoßen – das freut uns sehr“, sagt Bündnissprecher Otto Wagner. Als Ort für die Gedenkstätte hat die siebenköpfige Arbeitsgruppe eine begrünte Verkehrsinsel vor dem historischen Eingang der damaligen Anstalt in der Tilsiter Straße auserkoren. „Dort befindet sich auch eine Laterne, wodurch es möglich ist, den Gedenkort wunderbar auszuleuchten“, meint Frank Zimmermann.

Geplant sei, auf der Grünfläche, die von der Stadt zur Verfügung gestellt wird, zwei Informationstafeln aufzustellen. Neben einer Inschrift soll dabei auch anhand zahlreicher Originalaufnahmen über die Zustände an der Offenbacher Straße aufgeklärt werden. Zwischen den Tafeln möchte die Initiative zudem ein Kunstwerk in Gedenken an die Opfer platzieren – die Gestaltung übernimmt der Mühlheimer Bildhauer Reinhold Mehling in Kooperation mit Schülern des FEG.

Für eine genaue Kostenkalkulation sei es derzeit noch zu früh, Zimmermann und Wagner hoffen jedoch auf finanzielle Unterstützung durch die Stadt und das hessische Innenministerium. Noch sei jedoch unklar, ob und in welcher Höhe die Beteiligung ausfallen wird.

Bis dahin gelte es, vor allem noch einige formelle Aspekte wie etwa einen entsprechenden Antrag für die nächste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung in die Wege zu leiten. „Das sind natürlich alles Dinge, die ihre Zeit brauchen“, weiß Zimmermann. Mit Fertigstellung des Projekts rechnet er daher frühestens im nächsten Jahr.

Dann plant die Initiative neben einer Eröffnungsveranstaltung auch eine mehrtägige Ausstellung in den Räumlichkeiten der Polizeischule. „Das wäre ideal, denn wir wollen es allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich zu diesem wichtigen Thema zu informieren“, sind sich Zimmermann und Wagner einig. (Jan Lucas Frenger)

Weitere Infos

Wer die Gruppe unterstützen will, kann sich unter frank.zimmermann61@yahoo.de melden.

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