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Mühlheimerin Michaela Vay verbindet Traditionen

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Hessisches Kulturgut: Michaela Vay bietet von ihr designte Bembel-Motive gebatikt auf allerhand Produkten an, hergestellt auf Bali.
Hessisches Kulturgut: Michaela Vay bietet von ihr designte Bembel-Motive gebatikt auf allerhand Produkten an, hergestellt auf Bali. © m

Bei guten Wetterbedingungen kann man vom Wasserturm aus Sachsenhausen erkennen. Wer Ausschau nach Geripptem für Gespritzten hält, sollte seine Blickrichtung ändern. Am Fuße des Mühlheimer Wahrzeichens, zwischen Wohnwagen und Weichen, würdigt Michaela Vay dem jüngsten Unesco-Kulturerbe und kleidet das „hessische Stöffche’“ in ein frisches Gewand.

Mühlheim – Kommt der Bembel aus Bali? Ja! Zumindest der Batik-Bembel, wie er neben den Bahngleisen an der Goethestraße steht. Das Mühlheimer „Äppelwoi-Mädsche’“ hat ein schwungvolles Motiv geschaffen, in dem manche Betrachter eine Blume sehen, andere ein Herz und echte Hessen die bauchige Form der irdenen Henkelkrüge erkennen. Mittendrin steht der Name der neuen Marke, „Heart of Main“.

Auf der indonesischen Insel Bali wird sie auf die typischen Apfelwein-Gefäße gebrannt. In seiner kleinen Manufaktur trägt der Schneider Putu Arioka das Logo mit einem Batikstempel, den er von Hand aus Kupferbändern gebogen und versiegelt hat, auf Stoffbahnen auf. Erst dann werden sie gefärbt. Michael Vay hat sich für die Bembel-Farben Grau und Blau entschieden.

Die Textilien sind über 100 Meter lang und werden zum Trocknen ausgelegt, gewrungen und mit Soda versetzt, das ergibt reizvolle Farbabstufungen. Das geht freilich nicht in der Regenzeit. Oder wenn im Dorf ein Fest steigt. „Dann muss ich eben warten“, akzeptiert die Händlerin im fernen Europa die Bräuche in der Heimat ihrer Geschäftspartner. Sie liefern Hemden, T-Shirts, Schals, Kissen und Gartenwimpel mit dem stilisierten Bembel drauf.

Die Initiatorin verbindet mit der Produktion Traditionen. Ist das „Stöffche’“ laut den Vereinten Nationen „für die deutsche Kultur unverzichtbar“, gilt das in Indonesien fürs Batiken, was auf Deutsch „Schreiben mit Wachs“ bedeutet. Vay ist mit dem Kulturerbe auf beiden Seiten des Globus vertraut. Sie stammt aus einer Gastronomen-Familie, ihre Eltern führten die Genießerklause in Neu-Isenburg, die bis in die 1990er Jahre noch selbst kelterte.

Später bereiste sie Asien und knüpfte eine leidenschaftliche Beziehung zu vielen Regionen. „Besonders das Kunsthandwerk und die Fähigkeiten, aus Naturprodukten wundervolle Artikel zu fertigen, faszinieren mich“, erklärt sie. Vor 20 Jahren eröffnete sie Ladengeschäfte in Frankfurt und Hanau und importierte Waren aus Bali, besonders die farbenfrohen – handgestempelten Kleider.

„Während der ersten Lockdowns habe ich gegrübelt, wie ich die Batiker und Schneider weiterhin beschäftigen und ihre Existenz sichern kann“, erzählt sie, „sie bekommen dort keine Unterstützung vom Staat“. Aus einem Gespräch mit einer Kundin schöpfte sie die Idee, altes Handwerk aus Hessen und Bali miteinander zu verbinden. „Und dann ging alles ganz schnell ....“

Michaela Vay selbst musste wegen der Corona-Einschränkungen ihren Laden im Herzen der Brüder-Grimm-Stadt aufgeben. „Das war zum Glück noch kurz vor Ausbruch des Kriegs in der Ukraine“, blickt die Unternehmerin erleichtert zurück. Jetzt hält sie Buddha-Figuren, knallbunte Nashörner, Giraffen und Elefanten, Automodelle aus Kronkorken und Draht sowie Leuchtkörper und Dekorationsartikel aus Kokosnüssen, Mais- und Bambusblättern in der Lagerhalle am Wasserturm bereit.

Wie bei der Bembel-Selektion stehen Nachhaltigkeit und fairer Handel im Vordergrund. So lässt sie hochwertige Taschen aufmöbeln und neue mit dem Bembel-Motiv aus gebrauchten Jeans oder Naturstoffen herstellen. Die ganze Auswahl gibt’s im Internet oder bei einem individuell vereinbarten Besuch. (Michael Prochnow)

Infos: Michaela Vay, 0176 55417250, heart-of-main.de

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