Boll und Partner Software GmbH unterstützt Kommunen auf digitalem Weg

Auch wenn Deutschland auf dem Terrain alles andere als an der Spitze liegt, können sich mittlerweile auch hierzulande Bürger durch die Nutzung digitaler Systeme manchen Behördengang schenken. Viele Inhaber alter Führerscheine müssen nach und nach ihre Lizenznachweise umtauschen. Der Mühlheimer Franz-Josef Boll nimmt Betroffenen mit seiner Boll und Partner Software GmbH den Gang zur Führerscheinstelle ab, wenn auch nicht überall.
Mühlheim – In einem Landkreis wie Calw können Einwohner das Angebot aus Mühlheim längst nutzen, in Kreis und Stadt Offenbach allerdings nicht.
Digitale Optionen, die Behördengänge ersparen, lassen sich ähnlich vorbehaltlos positiv bewerten wie das Navigationssystem beim Autofahren. Niemand verspürt große Lust, in häufig unansehnlichen Gebäuden eine Nummer zu ziehen, um auf zügigen Fluren zu verharren, bis seine Zahl endlich aufblinkt. Boll zählt etwa den Schwalm-Eder-Kreis oder die Stadt Gera auf. Zwei von bundesweit zwölf Gebietskörperschaften, die mit seiner Firma eine Kooperation eingegangen sind. Seit 2003 bietet das Unternehmen den Service an.
Auf der Webseite des Kreises Offenbach steht, „die Führerscheinstelle arbeitet nur mit Terminvereinbarung“. Die Präsenz vor Ort lässt sich offensichtlich nicht vermeiden. Boll erklärt, man habe in Dietzenbach längst nachgefragt, ob Interesse an der Mühlheimer Dienstleistung bestünde. Bisher konnte die Boll und Partner Software GmbH in der eigenen Region aber nicht damit punkten.
Der 70-jährige Firmenchef darf sich Kind der Mühlenstadt nennen. Boll erzählt, nicht nur in Mühlheim aufgewachsen zu sein, „ich bin hier auch geboren“. Nach neun Jahren Latein und dem Abitur an der Offenbacher Leibnizschule wollte Boll Mathematiklehrer werden. Nach dem Examen unterrichtete der Unternehmer in einer Schule in Österreich. Im Rückblick müsse er sich eingestehen, „der geborene Pädagoge bin ich sicherlich nicht“. Die Freude, mit lustlosen Schülern binomische Formeln zu pauken, hielt sich in Grenzen.
Sein mathematisches Talent konnte Boll jedoch anderweitig nutzen. Nach einem Jahr am Katheder arbeitete er drei Jahre als Programmierer für eine Firma in Lindau. Pudelwohl habe er sich dort ebenfalls nicht gefühlt. Am Ende konnte sich Boll die imaginäre Frage beantworten, die einen durch Krisenzeiten führen kann: „Wer weiß, wofür das gut ist.“ Boll kehrte 1987 nach Mühlheim zurück und machte sich als IT-Spezialist selbstständig, „ich beherrsche immer noch Cobol“. Der Geschäftsführer spricht von einer Programmiersprache aus den 1950er Jahren, die in alten Systemen zwar heute noch läuft, die aber kaum noch jemand beherrscht.
Damals, als Mühlheims Bürgermeister Werner Grasmück hieß und die Berliner Mauer scheinbar für die Ewigkeit stand, konnten sich die wenigsten vorstellen, einmal einen Computer zu besitzen. Die Idee von einem Laptop hätte wie Science-Fiction gewirkt, „die meisten mittelständischen Unternehmen hatten aber schon EDV“, weiß Boll. Mittlerweile stehen auf der Gehaltsliste der IT-Firma 15 Angestellte.
Das Unternehmen bietet auch die Möglichkeit an, die Anträge, sich ein Haus, eine Garage oder eine Gartenlaube aufs Grundstück stellen zu dürfen, ebenfalls digital einzureichen und nicht mehr mit den Unterlagen zum Bauamt spazieren zu müssen. Ähnlich wie beim Führerschein arbeiten Boll und seine Mitarbeiter auch bei digitalen Bauanträgen mit diversen Gemeinden fern der Heimat zusammen, „wir hoffen, mit dem Kreisbauamt in Dietzenbach bald zusammen zu kommen“, sagt der Firmenchef. (Von Stefan Mangold)