„Brisante“ Situation in Dietesheim

Eltern, die nach der Geburt eines Kindes ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen können, Alleinerziehende, die durchs Raster fallen und Mütter und Väter, die nicht wissen, wohin mit ihren Schulkindern: Die Betreuungssituation in Mühlheim gibt Anlass zur Klage. Nun hat Stadtverordnetenvorsteherin Gudrun Monat reagiert und zur Bürgerversammlung in die Willy-Brandt-Halle geladen.
Mühlheim – Gekommen waren etwa 90 Interessierte, zum großen Teil Mütter und Väter, die angesichts der mangelnden Plätze auch im Jahr 2022 noch immer Schwierigkeiten haben, Familie und Beruf zu verbinden. Dazu gesellte sich ein Großaufgebot an Mitarbeitern der Verwaltung samt Bürgermeister Daniel Tybussek und Erstem Stadtrat Dr. Alexander Krey.
„Meine Frau ist derzeit in unbezahlter Elternzeit, weil wir mit unserem Schulkind keinen Betreuungsplatz bekommen“, monierte etwa einer der jungen Väter. Dass gerade die Situation rund um die Geschwister-Scholl-Schule in Dietesheim „brisant“ sei, räumten sowohl Tybussek als auch Krey ein. „Dort ist leider über viele Jahre nichts gemacht worden“, stellte der Bürgermeister fest. Nun sei man gemeinsam mit der zuständigen Kreisverwaltung auf der Suche nach Lösungen.
„Der Kreis hat uns gebeten, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, um an der Schule Räume für Betreuung zu schaffen“, sagte Tybussek. Das sei zwar gestartet, doch zugleich warnte er vor großen Erwartungen. „Wir brauchen Zeit für alles, was im Vorfeld zu beachten ist, wie etwa die Ausschreibungen.“ Mit dem Jahr 2026 trete dann der Rechtsanspruch auf eine Betreuung in der Grundschule in Kraft. „Bis dahin ist ein solches Angebot eine freiwillige Leistung“, betonten die Vertreter der Stadt. Als Alternative brachte einer der Väter die Übernahme der Betreuung durch einen freien Träger ins Gespräch. „Wenn es jemanden gibt, der uns bis 2026 etwas anbietet, nehme ich es gerne an“, erwiderte der Bürgermeister.
Wie Erster Stadtrat Krey ankündigte, bestehe zumindest im Kita-Bereich die Chance, dass bis zum kommenden Jahr ein „Vollausbau“ der Betreuungsplätze erreicht sei. Im U3-Bereich seien bisher 24 neue Plätze und für die etwas Älteren insgesamt 195 Möglichkeiten geschaffen worden. Bei den Krippenplätzen sei eine Abdeckung von mehr als 47 Prozent erreicht, angestrebt seien 50 Prozent und mehr. Die wirkliche Herausforderung aber sei die personelle Situation, betonte Krey mehrfach. „Wir bemerken etwa, dass das Interesse an der Nachmittagsbetreuung steigt, also brauchen wir Erzieher, die bereit sind, dann zu arbeiten“, sagte er.
Mühlheim versuche, mit attraktiven Rahmenbedingungen zu punkten, im Angebot stehen etwa eine gute Bezahlung und Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Geplant ist zudem ein Stipendienprogramm, Werbekampagnen präsentieren einen Imagefilm und Plakataktionen. Gut angelaufen seien die Kooperationen, um Fachkräfte aus dem europäischen Ausland anzuwerben.
Trotz der positiven Berichte aus dem Bereich „Soziales“ ließen sich die Anwesenden nicht von ihren konkreten Fragen abbringen. So erkundigten sich Mütter und Väter mehrfach beim Ersten Stadtrat und Sozialdezernenten nach den Kriterien der Vergabe für Plätze. „Wo steht geschrieben, wer ein Recht auf einen Platz hat?“, hieß es. Indes gab es dazu wenig greifbare Antworten, eher klang die wiederholte Ankündigung einer baldigen Digitalisierung der Platzvergabe wie ein Allheilmittel. Damit werde Transparenz geschaffen, betonte Krey, einbezogen in den Prozess seien auch die konfessionellen und freien Träger. Ebenso werde ein Angebot für „Platzsharing“ eingeführt, geplant sei auch eine Eingangsuntersuchung der Kinder, um auf einen eventuellen Förderbedarf eingehen zu können.
Abgehängt fühlen sich viele Alleinerziehende, die sich zu Wort meldeten. Sie habe einen angebotenen Platz zurückgeben müssen, weil sie gerade keine Arbeit hatte, „als ich dann aber einen Job bekommen habe, hat man mir gesagt, dass ich jetzt nicht mehr auf der Liste stehe“, schilderte eine Mutter das Dilemma. Das sei umso bitterer, wenn keine Familie zur Betreuung bereit stehe. (Barbara Scholze)