44. Dietesheimer Kerb mit Umzug eröffnet

Sonja Benner hat sich zu den Eltern und Kindern auf die Bettinastraße gestellt. Von der Einmündung der Peterstraße haben sie einen guten Blick auf den Dalles und in die Hauptstraße. Von dort sollen die Kerbborschträger und ihr Gefolge kommen. Die Trommler und Bläser sind schon zu hören, jetzt sperrt die Stadtpolizei den Verkehr auf der Hanauer. Alles läuft, und Kerbmama Sonja Brenner bleibt in diesem Jahr nicht auf dem liebevoll ausstaffierten Borsch sitzen.
Diddesem – Diesmal sind es die Jungs von der Feuerwehr: Gerald Linke, Mike Härtlein, Uli Noll und Sven Zehner heben die ausgestopfte und sportlich bekleidete Puppe samt ihrem hölzernen Brauereistuhl vom weißen Tischtuch in der „Rue Schaa de Benner“, wie sie einst den Hof der Heimat des Herrschers über die Kerb getauft haben. Die Musiker, die nach dem Tod von Friedrich Sehrbrock von Kolpingchef Winfried Winter am Akkordeon angeführt werden, bilden ein Spalier.
Helferinnen schleppen auf voll beladenen Tabletts Becher mit Limo, Bier und Äppler auch auf die Straße. Dort stehen fast 150 Basaltköpp’ – so viel wie nie den Zug durch die Straßen Dietesheims begleitet haben. Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite, und zwei Jahre Corona-Einschränkungen fördern die Lust am Feiern. Viele Anwohner haben ihre Häuser mit der weißen Dietesheim-Fahne geschmückt. Glöckner Thomas Bihn schwenkt eine solche und führt so den Zug an.

Es geht gerade 20 Meter weiter in die Neustraße, wo die Wilks hinter gedeckten Tischen warten. Auch sie halten das gewohnte Gedeck bereit, dazu Salzstangen und Fruchtgummis. An der nächsten Station, bei der Familie von Hannes Pforr vom Männerballett der Fastnacht im Pfarrheim St. Sebastian, freuen sich die Kinder über Schokolade und Gummibärchen. Udo Parakenings, sonst als Vorsitzender des Pfarrgemeinderats ganz seriös unterwegs, plärrt immer wieder die Parole ins Mikrofon: „Wem is’ die Kerb?“ – „Unser!“, schallt es dann stets vielstimmig zurück.
Zwischendurch begrüßt er über den Lautsprecher Ehrengäste. Erster Stadtrat Alexander Krey vertritt den Bürgermeister, Müllerborsch Volker Hatzebruch und Michael Rupp den Kerbverein in Mühlheim. Inzwischen ist die Schar vorm Haus von Pia Becker angekommen, um die Ecke wartet bereits Metzger Müller mit seiner Mannschaft, die neben Erfrischendem auch Hartwurst und Weißbrot bereitgelegt haben. Da bilden sich schon mal Schlangen vorm Schaufenster.
Aber die Musiker drängen mit den Klängen von der „Diddesemer Kerb“, die Prozession fortzusetzen. Diesmal sind die Bieberer Kameradinnen und Kameraden nicht dabei, sie spielen auf ihrer eigenen Kirchweih. Den letzten Haltepunkt bewirtschaften Tim Seitel und Alex Soppa an der Geschwister-Scholl-Schule. Auch der Zimmermann und seine Familie haben Häppchen vorbereitet. So kurz vor dem Ziel fehlen noch drei Akte, bis die Tradition so richtig Fahrt aufnehmen kann.

Erstmal klettern die Träger mit ihren schwarzen Hosen und Zylindern und den weißen Hemden in das kleine Karussell, das sich diesmal auf dem Lenne-Parkplatz dreht. Dort stand früher der Schießwagen, aber der ließe sich nicht mehr in Schuss bringen, weiß Parakenings. Nach ein paar Runden ist die Pflicht erfüllt, jetzt wird der Borsch samt seinem Stuhl ins erste Fenster des Schwesternhauses aufgezogen, um von dort bis Dienstagabend über die Kirchweih zu wachen.
Selbst den Bieranstich am Eingang muss der Pfarrgemeinderatsvorsitzende selbst ausführen. Klappt versiert, die jungen Kerb-Organisatoren Benjamin Lex, Stefan Friedrich, Thomas und Uli Ricker sorgen dafür, dass nun das Freibier in Strömen fließt. Im Garten des Schwesternhauses ist schon zu diesem Zeitpunkt kein freier Platz mehr zu ergattern. Die 44. Dietesheimer Kerb am Schwesternhaus ist die 38. mit den evangelischen Christen und schickt sich an, alle Rekorde zu brechen. (Michael Prochnow)