Multitalent Klaus Puth feiert heute seinen 70. Geburtstag

Klaus Puth ist ein Multitalent. Der Mühlheimer Zeichner, Illustrator, Cartoonist und Autor sieht das indes nicht so und paart Selbstzweifel und Bescheidenheit mit Fleiß, Gestaltungstalent und schier unerschöpflichem Ideenreichtum. Keiner glaubt, dass dieser quirlige Mann am heutigen Samstag 70 Jahre alt wird, er selbst wohl auch nicht.
Mühlheim – Wenn man mitbekommt, was Puth alles gleichzeitig macht und vorhat, verbietet sich eine „Rückschau“ auf sein Lebenswerk. Mit einer Zwischenbilanz ist er einverstanden. Wer also ist dieser Klaus Puth, der wie zuletzt beim Sammelsurium in der Offenbacher Stadthalle so wundervoll mit Fans und Besuchern kommunizierte? Mit Überzeugung ist er aktives Mitglied der Frankfurter Künstlergesellschaft von 1852 und des Offenbacher Künstlerbundes von 1927, zwei traditionsreichen Vereinigungen. Von seinem Refugium in Dietesheim ist er oft zu Verlagen und Druckereien in ganz Deutschland unterwegs und hat für diese über 150 Bücher veröffentlicht und illustriert, dazu schon in den 1990er Jahren 1,5 Millionen Postkarten und Plakate zu seinen Gänsen („Gans Hessen“), später zu seinen Yoga-Kühen, hustenden Hunden oder anderem witzigen Getier. Gerne wäre er Zoologe geworden, doch die Lateinnoten des gebürtigen Frankfurters reichten nicht.
Klaus Puth ist einer der aktuell besten deutschen Zeichner und Illustratoren, auch wenn er das nicht gerne hört. Seine Originalentwürfe interpretieren große Literatur wie Grimmelshausens Barockroman „Simplicius“, den „Golem“ von Gustav Meyrink, den spanischen Schelmenroman „Lazarillo von Tormer“ oder Märchenausgaben der Brüder Grimm. Im Grimm-Museum Steinau, in Gelnhausens Museum und im Grimmelshausen-Museum Renchen sind seine Werke dauerhaft zu sehen. Die Barbarossa-Stadt Gelnhausen, in der Puth einige Jahre lebte, wirbt als Grimmelshausen-Geburtsort mit großen Puth-Bildfahnen für ihre Geschichte und Kultur. Im Cartoonforum des Museums Basel, in Badenweilers Kunstpalais und bei der Heussenstamm-Stiftung in Frankfurt schätzt man Puth ebenso wie in Hanaus Schloss Philipsruhe oder in Offenbachs Haus der Stadtgeschichte. Das freut den unermüdlich Schaffenden. Am meisten würde sich der Schüler Hans Traxlers wohl über eine Retrospektive im Caricatura-Museum am Frankfurter Dom freuen. Die hätte der Mühlheimer Kulturpreisträger von 1999 längst verdient. Auch der Buchmarkt ist schwieriger geworden, seinen Eichborn-Verlag gibt es nicht mehr. Da ist es nicht mehr so leicht, solche Treffer zu landen wie Puths kuhle „Meatles“-Persiflage zu den Beatles oder die Comic-Buchreihe „Kultur grüßt Business“. Populär geworden ist Puth auch durch sein 40 Meter breites Wandbild am Fechenheimer Mainufer oder sein 60 Quadratmeter großen Fries von Wand- und Märchenbildern in Mühlheims Stadtbücherei.

Neben dem „Künstler für alle“ gibt es den Introvertierten, der sich auch als Vater und Großvater ins private Umfeld zurückzieht. Das braucht er, um Ruhe und Überblick zu gewinnen. Seine Ehefrau Uschi Knobeloch-Puth hat er dabei als Ratgeberin an seiner Seite. Untätigkeit kennt Puth nicht. Selbst im Halbdunkel vor dem TV-Schirm liegt ein Skizzenbuch bereit, in das er unentwegt hinein zeichnet, was ihm in den Sinn kommt. Man sieht dabei immer wieder, wie ihm das Absurde, Abseitige und Komische von irren Typen liegt. Ob mit Tusche, auch aus Walnüssen, ob mit Aquarell- oder anderen Farben oder mit sperrigen Rohr- oder anderen Zeichenfedern geschaffen: Puths Arsenal an Charakteren und schrägen Figuren ist unbegrenzt. Was dabei verblüfft, ist, wie schnell er den Stil wechseln kann von dicht gedrängten Strichlagen hin zu wenigen, beseelten Konturen, zu Flächigem oder virtuos gestreuten Wimmelbildern.
Puth lässt in seine Ideenküche blicken: „Was mir vermeintlich leicht von der Hand geht, ist oft nicht so leicht. Gezeichnet habe ich von Kind an, so wie andere schreiben. Dann kamen Vorbilder dazu: Satiriker Tomi Ungerer, Walt Disney, große Karikaturisten wie Sempé, Steinberg, Chaval, Bosc. Mich hat immer die Möglichkeit fasziniert, mit Linien, Strichen und Schraffuren eine eigene Welt zu schaffen. Beim Zeichnen schaue ich mir gerne zu – auch wenn ich mich selbst überrasche. Ich erfinde viel und übertreibe gerne. Dazu habe ich beim Studium an Offenbachs HfG eine Menge Anregungen bekommen und gelernt, dass Karikatur eine eigene Kultursprache ist, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat und immer neu erfunden wird.“ Während er zur neu erworbenen Radierpresse schaut, sagt er: „Da wartet die nächste Herausforderung. Ich bin Haupt- und Nebenwege gegangen, habe mich dabei selbst immer wieder neu entdeckt.“ Als freier Künstler hatte er immer mal Angst, ob er seine Familie genügend absichern könne. Dann äußert er einen überraschenden Geburtstagswunsch: „Ich nehme mir vor, niemandem mehr etwas beweisen zu müssen.“. (Reinhold Gries=