Ehemalige Biogas-Anlage in Mühlheim: Reaktivierung kein Thema
Eine Reaktivierung der ehemaligen Biogas-Anlage im Gewerbegebiet in Mühlheim ist auch in Zeiten der Energiekrise ausgeschlossen - die alten Leitungen werden jedoch durchaus genutzt.
Mühlheim – Die ehemalige Biogas-Anlage im Donsenhard gilt als bislang größte Fehlinvestition der Mühlheimer Stadtgeschichte. Über sechs Millionen Euro hat das Rathaus unter dem damaligen Bürgermeister Bernd Müller (CDU) 2011 für den Bau ausgegeben, nur um dann festzustellen, dass sich das Projekt aufgrund der damals deutlich niedrigeren Gas-Marktpreise nicht rentiert – die Anlage wurde nie in Betrieb genommen.
Nachdem die Stadt zuvor jahrelang nach einem Abnehmer für das ungenutzte Gebäude gesucht hatte, ist es ihr 2015 schließlich gelungen, die Halle an das Autohaus Best zu verkaufen und dieses dunkle Kapitel doch noch zu einem halbwegs versöhnlichen Ende zu bringen.
Heute – rund sechs Jahre danach – ist der Schrei nach erneuerbaren, natürlichen Energiequellen aufgrund zahlreicher Krisen wieder größer denn je. Viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich daher, was mit den Gas- und Fernwärmeleitungen geschehen ist, die damals im Zuge des Projekts quer durch Mühlheim verlegt wurden und ob es angesichts der derzeitigen Umstände nicht sinnvoll wäre, diese zu reaktivieren.
Biogas-Anlage in Mühlheim: Projekt wird sich „niemals rentieren“
„Ich habe damals, unter Berücksichtigung der Energiepreise, gesagt, dass sich dieses Projekt niemals rentieren wird“, sagt Günter Franzesko, ehemaliger Abteilungsleiter bei der Energieversorgung Offenbach (EVO). Heute sehe die Situation aufgrund aktueller Krisen und einem stärkeren Umweltbewusstsein jedoch gänzlich anders aus, meint der Mühlheimer. „Die Leitungen liegen ja schon im Boden und die Leute würden sich bestimmt über eine Alternative zu ihren Öl- und Erdgasheizungen freuen.“
Franzesko fordert daher, erneut Berechnungen zur Rentabilität einer solchen Anlage durchzuführen und bei entsprechendem Ergebnis über eine Reaktivierung der bestehenden Leitungen samt Anlage nachzudenken. „Das wäre zwar durchaus mit Kosten verbunden, da auch ein neues Heizkraftwerk benötigt würde, aber auf lange Sicht winken dadurch natürlich auch Einnahmen“, so der Mühlheimer.
Biogas-Anlage im Donsenhard
2008 hat die Mühlheimer Stadtverordnetenversammlung den Bau einer Biorohgas-Anlage beschlossen. Das dort produzierte Gas sollte zum Blockheizkraftwerk am Hallenbad geleitet und in Strom und Wärme umgewandelt werden.
2011 wurde die Anlage im Donsehard für knapp 6,5 Millionen Euro gebaut. Aufgrund der deutlich günstigeren Marktpreise für Bio- und Erdgas hätte die Halle jedoch nur mit einem jährlichen Zuschuss von rund 215 000 Euro betrieben werden können. Die Fehlinvestition erlangte 2012 sogar bundesweite Bekanntheit, als der Bund der Steuerzahler den Fall in seinem Schwarzbuch veröffentlichte. Bis zum Verkauf im Jahr 2015 verursachte das ungenutzte Gebäude zudem Stillstandskosten von einigen hunderttausend Euro im Jahr.
Darüber hinaus bestehe mittlerweile die Möglichkeit, einen Großteil der Kosten, die zur Umsetzung eines solchen Projekts notwendig sind, durch Fördermittel des Staates abzudecken. „Die sind derzeit sehr daran interessiert, dass Kommunen auf solche Modelle umsteigen“, meint Franzesko. „Mich würde einfach interessieren, wie realistisch dieses Szenario ist und ob die Stadt das Thema auf dem Schirm hat.“
Mühlheim: Chancen auf eine gänzlich neue Biogasanlage stehen schlecht
Dort weist man auf Nachfrage darauf hin, dass die damals verlegten Wärmeleitungen (1 700 Meter) schon länger für ihren ursprünglichen Zweck genutzt würden. Seit 2014 versorgen sie laut Angaben der Stadt wie geplant rund 170 Wohneinheiten, darunter das Rathaus sowie einige Kindertagesstätten, mit Fernwärme. Diese stammt aus dem Blockheizkraftwerk am Hallenbad, das ironischerweise mit eingekauftem Biogas betrieben wird – hierfür zahlen die Stadtwerke eigenen Angaben zufolge rund 67 Euro pro Megawattstunde (MWh). Die Leitungen für das Rohgas (2 100 Meter) seien indessen unter anderem stellenweise in das Erdgasnetz eingebunden.
Eine verspätete Inbetriebnahme der Anlage im Donsenhard sei derweil nicht geplant – und auch gar nicht möglich. „Die Anlage existiert nicht mehr, es besteht nur noch der Baukörper“, stellt das Rathaus klar. „Das Grundstück befindet sich auch nicht mehr in städtischem Eigentum – es wurde verkauft.“ Die Chancen auf eine gänzlich neue Biogasanlage in Mühlheim stehen ähnlich schlecht. Denn Berechnungen der Stadtwerke zufolge würde sich das Modell auch heute nicht rentieren – und das trotz zuletzt gestiegener Energiekosten.
„Setzt man die aktuellen Preise für landwirtschaftliche Produkte an, würde sich das Ganze auf Erzeugungskosten von fast 200 Euro pro Megawattstunde belaufen“, geben die Experten zu bedenken. Damit wäre das Unterfangen nicht nur deutlich teurer, als der aktuelle Einkaufspreis am Markt, es würde auch mehr kosten, als noch im Jahr 2011. Damals lag der Planpreis laut Stadtwerken bei 120 Euro pro MWh, bei Marktpreisen von 20 Euro für Erdgas und 70 Euro für Biogas war das Anfahren der Anlage jedoch nie eine Option.

Biogas-Anlage in Mühlheim: „Der damalige Bau war eine groteske Fehlplanung“
Und auch heute lägen die Produktionskosten noch deutlich über dem Terminmarkt für Erdgas, bei Abschluss eines Neuvertrags für Biogas rechneten die Experten zudem ebenfalls mit Kosten von weit über 100 Euro. Neben dem rein wirtschaftlichen Aspekt steht einer Biogas-Anlage in Mühlheim allerdings noch ein weiteres Problem im Weg: die Lagerung der Gärreste.
„Wir befinden uns im städtischen Bereich, wo die Geruchsbelästigung durch Betrieb und Transport nicht hinnehmbar ist“, erläutert das Rathaus und ergänzt: „Der damalige Bau war eine groteske Fehlplanung, eine Biogasanlage gehört dorthin, wo die Substrate erzeugt und die Gärreste entsorgt werden können und keine unmittelbare Nachbarschaft durch Geruch belästigt wird.“ (Jan Lucas Frenger)