Ärger um Brücken-Neubau bei Obertshausen - Tankstelle bangt um Existenz

Die Rodaubrücke zwischen Obertshausen und Mühlheim wird erneuert, die Arbeiten sollen sich nun sogar bis März 2023 hinziehen. Gewerbetreibende beklagen heftige Umsatzeinbußen.
Obertshausen/Mühlheim – Eine kleine Brücke sorgt derzeit für großes Aufsehen in Obertshausen und Lämmerspiel – ein Tankstellenbetreiber bangt sogar um seine Existenz. Was ist passiert?
Auf der Landstraße 3064 gelegen überspannt die Rodaubrücke den namensgebenden Fluss und dient als Verbindung zwischen Hausen und Lämmerspiel. Nachdem das Bauwerk bereits 2019 aufgrund des maroden Zustands für den Busverkehr gesperrt werden musste, laufen seit März Neubauarbeiten. Die Strecke ist gesperrt, eine Umleitung eingerichtet.
Ärger um Brücken-Neubau bei Obertshausen: Tankstelle fürchtet um Existenz
Inzwischen klagen lokale Gewerbetreibende über teils heftige Umsatzeinbrüche, da ihnen aufgrund der Sperrung wichtige Kundenströme durch die Lappen gingen. Allen voran Volker Jäger, der gemeinsam mit seinem Bruder die Aral-Tankstelle samt angeschlossener Waschanlage und Kfz-Werkstatt in der Lämmerspieler Straße in Hausen betreibt. „Die Situation ist wirklich akut, seit Beginn der Baumaßnahmen machen wir ein Drittel weniger Umsatz“, sagt Jäger.
Denn normalerweise herrsche zwischen den beiden Orten reger Durchgangsverkehr, Leute hielten spontan, um sich mit Waren aus dem Shop zu versorgen, zu tanken oder ihr Auto durch die Waschstraße zu schicken. Mit der Sperrung der Strecke und dem daraus resultierenden Umweg für potenzielle Kunden aus Lämmerspiel fällt ein Großteil dieser Einnahmen weg – und das seit über sechs Monaten. „Die Leute steuern dann eben andere Tankstellen an, die auf ihrem Weg liegen und fahren nicht extra einen Umweg, nur um zu uns zu kommen“, sagt Jäger. „Es ist mir unbegreiflich, weshalb die Erneuerung einer kleinen Brücke so viel Zeit in Anspruch nimmt.“
Ärger um Brücken-Neubau bei Obertshausen: Auch andere Gewerbetreibende haben Angst vor Einbußen
Auch Andreas Picard, Inhaber der gleichnamigen Metzgerei in Obertshausen, klagt über Umsatzeinbuße, wenn auch in geringerem Ausmaß: „Wir haben zum Glück einen breiten Kundenstamm, von dem ein Großteil gewillt ist, auch Umwege auf sich zu nehmen.“ Auch der Metzgermeister kann sich keinen Reim auf die lange Bauzeit machen: „Für einen Laien ist es natürlich schwer nachzuvollziehen, weshalb das so lange dauert.“ Bei der zuständigen Behörde Hessen Mobil heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung: „Da eine Verstärkung des Bestandsbauwerks konstruktionsbedingt nicht möglich war, wurde festgelegt, das mindertragfähige Bauwerk abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen.“
Picard wünscht sich derweil, ähnlich wie Jäger, eine bessere Kommunikation mit Hessen Mobil. „Wir bekommen überhaupt keine Informationen über den Baustatus“, moniert er. Sollten die Bauarbeiten an der Brücke ursprünglich bis Dezember abgeschlossen sein, folgte nun die Hiobsbotschaft: Die Fertigstellung verschiebt sich auf März 2023 (wir berichteten). Schuld daran sind laut Hessen Mobil Engpässe beim Material. „Aufgrund von Lieferschwierigkeiten, insbesondere bei Betonstahl, ist es zu Verzögerungen gekommen, wodurch die Ausführung von Arbeiten weiter in den Winter rückt“, teilt ein Sprecher mit. „Da einige Arbeiten gute Witterungsbedingen benötigen, wird das Bauende voraussichtlich für Ende März erwartet“, heißt es weiter.
Für Jäger und seine Tankstelle gleicht das einem Todesurteil – er fürchtet um seine Existenz: „Das ist einfach nur zum Kotzen und unverschämt, die interessiert es überhaupt nicht, ob ein kleines Unternehmen daran kaputt geht.“ Kurzarbeit oder Entlassungen von Mitarbeitern seien nun wahrscheinlich. Jäger: „Ich weiß nicht, ob wir den März 2023 noch erleben.“
Ärger um Brücken-Neubau bei Obertshausen: Vorschlag einer Behelfsbrücke abgelehnt
Die Situation ist mehr als ernst, bereits im Vorfeld hatten Vertreter der Stadt Obertshausen, darunter auch Bürgermeister Manuel Friedrich und Erster Stadtrat Michael Möser, daher für eine Alternative zur Vollsperrung der Strecke, etwa in Form einer Behelfsbrücke, plädiert – ohne Erfolg. „Für eine Behelfsbrücke im Landschaftsschutzgebiet mit Grunderwerb, Einschränkungen und Auflagen wäre ein zeitintensives Baurechtsverfahren erforderlich gewesen und wurde daher nicht verfolgt“, so Hessen Mobil.
Damit gibt sich Volker Jäger nicht zufrieden, er will die Sache notfalls in die eigene Hand nehmen. „Wenn ich wüsste, welche Art von Betonstahl benötigt wird, könnte ich mich darum kümmern, das fehlende Material hier in der Region zusammenzutragen“, sagt der Unternehmer. Er ist sicher, die ganze Situation hätte mit vorausschauender Planung verhindert werden können. „Es ist schon seit Jahren klar, dass an der Brücke etwas passieren muss – Hessen Mobil hatte also genügend Zeit, sich entsprechend auf die Arbeiten vorzubereiten und sicherzustellen, dass ausreichend Material vorhanden ist.“
In der Zwischenzeit hat sich auch der aus Obertshausen stammende Bundestagsabgeordnete Björn Simon eingeschaltet. Er will Kontakt zu Hessen Mobil aufnehmen, um Klarheit für die Unternehmen zu schaffen. „Es geht jetzt darum, verbindliche Aussagen zu erhalten und Transparenz zu schaffen“, sagt der Politiker und ergänzt: „Ich werde an der Sache dranbleiben.“ (Jan Lucas Frenger)