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Fähren-Aus: Mühlheimer Umweltstammtisch fordert Steg für Fußgänger und Radfahrer

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Von: Ronny Paul

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Da hilft nur schwimmen: Rudolf Helpensteller vom Umweltstammtisch vor dem ehemaligen Fährenableger.
Da hilft nur schwimmen: Rudolf Helpensteller vom Umweltstammtisch vor dem ehemaligen Fährenableger. © -

Nach dem Fähren-Aus ist es aufwendiger geworden, von Mühlheim nach Maintal zu kommen. Der Umweltstammtisch fordert einen Steg für Fußgänger und Radfahrer. Derweil sind weitere Weichen für eine Machbarkeitsstudie in Sachen Brücke gestellt worden.

Mühlheim – Es scheint ruhig geworden zu sein um eine Mainquerung zwischen Mühlheim und Maintal. Doch was tut sich eigentlich? Und was ist überhaupt möglich? Der Umweltstammtisch bringt erneut einen Fußgänger- und Radfahrersteg ins Gespräch, das Wasser- und Schifffahrtsamt gibt eine Einschätzung dazu und der Regionalverband hat ein Update in Sachen Mainquerung zwischen der Rumpenheimer Fähre und der Steinheimer Brücke parat.

Nach dem Fähren-Aus bildet der Main zwischen den Kreisen Offenbach und Main-Kinzig aktuell eine scheinbar unüberwindbare Barriere. Wer früher mit dem Auto zwischen den Landkreisen verkehren wollte, hatte den in die Jahre gekommenen blauen Kahn als schnelle und kilometersparende Alternative. Nun müssen Autofahrer große Umwege in Kauf nehmen. Auch wer den Main mit dem Fahrrad oder per pedes überqueren will, ist zwischen dem Arthur-von-Weinberg-Steg in Bürgel beziehungsweise zu den Öffnungszeiten der Rumpenheimer Fähre im Westen und der Dietesheimer Schleuse im Osten auf verlorenem Posten. Von Mühlheim nach Dörnigheim und umgekehrt hälfe nur schwimmen.

Stillstand statt Stegbau?

Für den ehemaligen Diplom-Kaufmann Rudolf Helpensteller kein akzeptabler Zustand. „Es geschieht nichts in Bezug auf die Mainquerung“, sagt der Sprecher des Mühlheimer Umweltstammtischs. Der Istzustand sei eine „unverschämte Zumutung“: „Wir sind nicht Jesus und können nicht übers Wasser laufen.“ Man könne doch keine Mutter mit Kinderwagen über die Schleuse schicken, wenn die den Spielplatz in Dörnigheim besuchen wolle. „Oder E-Bike-Fahrer?“ Und überhaupt: Vom ehemaligen Fährenanleger bis zur Schleuse seien es gut drei Kilometer – und dann noch mal zurück. „Ein großer Umweg“, schimpft Helpensteller, der Wert darauf legt, dass es ihm bei seinen Forderungen nicht um persönliche Interessen geht. Auch der ADFC stehe hinter einem Steg für Fußgänger und Radfahrer, berichtet der Rentner von einem Gespräch mit dem ADFC-Vorsitzenden Gerald Klatt. Seitdem die MS Dörnigheim nicht mehr zwischen dem Maintaler und Mühlheimer Ufer verkehrt – mit Unterbrechung eines Sommertages 2019 und einer Havarie ist dies seit Oktober 2017 der Fall – sei viel geredet und zu wenig getan worden. „Es wurden fünf Jahre versäumt.“

Nach kostspieligen Restaurierungsarbeiten und vergeblicher Suche nach einem neuen Betreiber hatte der Kreis Offenbach als Besitzer beschlossen, die Fähre stillzulegen und über das Onlineportal eBay zu verscherbeln. Die Fähren-Posse brachte dem Kreis „wegen Verschwendung von öffentlichem Geld“ in zwei aufeinanderfolgenden Jahren Einträge ins vom Bund der Steuerzahler Hessen herausgegebene Schwarzbuch. „Wir sind ins Gerede gekommen, das ist traurig“, findet Helpensteller. „Die Menschen vermissen die Fähre und die Mainquerung.“ Eine Fähre hält Helpensteller allerdings für aus der Zeit gefallen. Ideen, wie eine Mainquerung aussehen könnte, hat er: Er nennt die Kiliansbrücke in Mainflingen, „so was könnte ich mir vorstellen“. Oder eine Variante wie des im Bau befindlichen Mainstegs im bayerischen Veitshöchheim. Er schätzt, so ein Steg würde rund zehn Millionen Euro kosten und meint: „Bei den Kosten ist es möglich, einen Stegbau in die Wege zu leiten.“ Schließlich betreffe es nicht nur Mühlheim und Maintal sondern auch die beiden Landkreise.

Doch welche Vorschriften müssten bei einem Stegbau überhaupt beachtet werden? Auskunft gibt das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Main (WSA).

Hohe Bauvorschriften

Dietmar Droste, beim WSA zuständig für die Wasserstraßenüberwachung, sagt auf Nachfrage: Wolle man einen Steg über den Main an der alten Fähreverbindung zwischen Mühlheim und Dörnigheim bauen, müsse man „ein dickes Brett bohren“. Zunächst müsse eine Brücke zwischen 6,40 und 7,88 Meter Höhe gegen Schiffsstoß gesichert sein. Das heißt, ein Schiff darf die Brücke bei einer Kollision nicht zum Einsturz bringen. „Dementsprechend stabil müssen die Pfeiler sein.“ Alternativ könne man auch Abweiser vor den Brückenpfeilern platzieren, die die Schiffe von den Pfeilern weg lenken, erläutert Droste, weist aber auch auf die Kosten hin: „Eine Brücke gegen Schiffstoß zu sichern, ist teuer.“

Der 1983 gebaute Arthur-von-Weinberg-Steg etwa, der Fußgänger und Radfahrer von Bürgel nach Fechenheim über den Main lotst, würde „heute nicht mehr so gebaut werden“, vermutet Droste. Der Steg sei nach heutigen Anforderungen nicht schiffstoßsicher.

Weiter lenkt der Fachmann den Blick auf die Kosten bei einer möglichen Mainquerung an alter Fährenstelle: Wolle man den Übergang rollstuhlgerecht gestalten, benötige es eine Rampe mit einer Steigung von maximal sechs Prozent. Bei einer Brückenhöhe von mehr als sechs Metern müsse die Rampe dann 100 Meter lang sein. Die Variante einer Spindellösung sei ebenfalls sehr teuer, sagt Droste.

Alles in allem würde er von einer Mainquerung an alter Fährenstelle abraten, dort sei der Main zu breit, der Bau würde einige Millionen kosten. „Dort eine Brücke zu bauen ist schwierig.“ Stromaufwärts Richtung Hanau gebe es weniger breite Stellen am Main, wo eine Umsetzung kostengünstiger wäre, meint Droste. „Allerdings werden die Bauvorschriften auch nicht lockerer.“

Wo überhaupt eine Brücke gebaut werden könnte, das soll bekanntlich eine Machbarkeitsstudie zutage fördern. Der Regionalverband Frankfurt Rhein-Main hat dabei die federführende Rolle zwischen den Kommunen und Landkreisen übernommen und moderiert den Abstimmungsprozess, koordiniert die gemeinsame Kommunikation, prüft die Einwerbung von Fördermitteln, übernimmt die öffentliche Ausschreibung und beauftragt das Planungsbüro.

Vom Ergebnis der Untersuchung erwarten alle Beteiligten klare Aussagen, an welchem Standort und welche Art Brücke verkehrlich sinnvoll, baulich machbar und wirtschaftlich umsetzbar ist. Dabei sollen alle Brückenarten – sowohl mit als auch ohne motorisierten Verkehr miteinbezogen werden.

Ergebnisse Ende 2023

Rouven Kötter, Erster Beigeordneter beim Regionalverband Frankfurt Rhein-Main, spricht über den aktuellen Stand: Vor Kurzem fand die vierte Sitzung des Arbeitskreises statt. Dort wurde das Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung fachlich final abgestimmt. Anschließend erfolgt nun eine Sitzung des Lenkungskreises zur politischen Freigabe des Leistungsverzeichnisses, erläutert Kötter. Danach startet der Regionalverband mit dem rechtlich vorgeschriebenen zweistufigen Ausschreibungsverfahren der Machbarkeitsstudie. Das Verfahren sei mit drei Monaten anzusetzen, sodass die Vergabe und der Beginn Ende Oktober, Anfang November stattfinden können. Mit Ergebnissen nach erfolgreicher Vergabe an ein Planungsbüro rechnet Kötter bei zehn bis zwölf Monaten Arbeitszeit Ende 2023.

Und dann ist eine Brücke noch lange nicht gebaut. Helpensteller sagt, er habe sich mit den Umwegen abgefunden und eine fertiggestellte Brücke werde er nicht mehr erleben, sagt der Rentner. Trotzdem jucke es ihm in den Fingern, dass nichts passiert. (Von Ronny Paul)

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