Fast alle halten sich an die Vorschriften

„Guten Tag, schön, dass Sie da sind!“ Klingt, als würde da jemand den Geldboten begrüßen oder dem lange erwarteten Klempner die Tür öffnen. Es ist stattdessen gleich ein ganzes Quartett, das diesen Satz innerhalb von 150 Metern mehrfach zu hören bekommt. Vor allem ältere Menschen, die während des Wochenmarkts am Donnerstagvormittag über die Bahnhofstraße bummeln, fühlen sich durch die Anwesenheit der Uniformierten sicherer.
Mühlheim – Drei Polizistinnen und ein Polizist patrouillieren auf dem abgesperrten Abschnitt der „Mühlheimer Zeil“, zwei städtische Mitarbeiterinnen und zwei Angehörige der Landesbehörde, die zum Team der Station im Rathaus zählen. Die Ordnungskräfte Biegner und Bordt, Kern und Schiller möchten nur mit ihren Nachnamen genannt werden, die auch auf ihren Anzügen haften.
Die einen sind am Hessen-Wappen auf dem Arm und dem Wort Polizei in reflektierenden Großbuchstaben auf dem Rücken zu erkennen, die Damen vom Ordnungsamt tragen das Mühlenrad auf der Jacke. Das Quartett trifft sich an der Einfahrt zum Brückenmühlparkplatz, wo eines der roten Schilder prangt, das auf die Pflicht hinweist, einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Doch gleich am ersten Stand schert sich die Inhaberin offensichtlich nicht um das Gebot.
Die Fronten sind klar abgesteckt: Auch nach einem Hinweis auf die Regel, die seit Dienstag vergangener Woche zwischen Offenbacher- und Mozartstraße gilt, macht die Frau hinter den breiten Tischen keine Anstalten, eine Maske aufzusetzen. Sie und ihre Gruppe kämpfen mit allerlei Flugzetteln, Faltblättern und Plakaten sowie Gesprächen mit Passanten gegen die Corona-Maßnahmen.
„In so einer Situation bleibt uns nichts anderes übrig“, erklärt eine der Gesetzeshüterinnen und zückt ihren Block. Bereitwillig erhält sie von der Angemahnten die angefragten Daten, eine Unterschrift möchte die Beschuldigte jedoch nicht leisten. „Muss sie auch nicht“, lehrt die schreibende Polizistin. „Der Bogen geht jetzt ans Gesundheitsamt, das dann eine Geldstrafe verhängt.“ Auch diese Aufgabe unterliegt der Dietzenbacher Behörde, die aktuell mit der Nachverfolgung von Infektionswegen kaum hinterherkommt.
Auf ihrem Weg durch die fast leere Innenstadt begegnet die Truppe noch mehreren Personen, die keine Maske tragen. Sie werden freundlich auf das Fehlen der Ausstattung hingewiesen und kramen sofort ein verkrumpeltes Exemplar hervor. Ein älterer Herr hat den Schutz griffbereit ums Handgelenk gewickelt, ein anderer habe das Aufsetzen vergessen, weil er „gerade eine Zigarette geraucht“ habe.
Alles kein Grund, schweres Geschütz aufzufahren, ist sich die Runde einig. Ein anderes Thema ist die Maskenpflicht in den Geschäften. Um sich mit neuer Unterwäsche einzudecken, braucht es den Nachweis, von Corona genesen oder dagegen doppelt geimpft zu sein, 2G also. Wer asiatisch essen gehen will, braucht obendrein noch ein aktuelles negatives Testergebnis oder die Booster-Impfung.
Eine dritte Variante gilt für den Friseurbesuch: 3G. Wer nicht genesen oder geimpft ist, darf auch allein nach einem Schnelltest die Haare kürzen und formen lassen. Und wem der Bart gestutzt wird, muss natürlich auch die FFP2-Maske von den Ohren ziehen, lehrt Ordnungspolizistin Biegner. Schwieriger ist’s im Kiosk an der Ecke.
„Kiosk ist täglicher Bedarf, also mit Mund-Nase-Schutz zugänglich“, fasst die Fachfrau zusammen. „Wer aber am Tisch sitzt und Tippscheine ausfüllt, muss die 2G-Regel erfüllen“, was der Geschäftsinhaber wiederum kontrolliert haben muss. Klingt kompliziert, ist es auch. Aber die Mühlheimer haben das im Griff. Fast alle. (Michael Prochnow)