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Stadtverordneter will mit Initiative für besseren Umgang im Netz werben

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Von: Ronny Paul

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Beleidigungen im Internet: Laut einer Studie des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ haben mehr als 60 Prozent der Befragten bereits Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht. Symbol
Beleidigungen im Internet: Laut einer Studie des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ haben mehr als 60 Prozent der Befragten bereits Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht. Symbol © dpa

Jeder, der in sozialen Netzwerken wie Facebook unterwegs ist, hat es schon erlebt. Scheinbar sachliche Diskussionen werden von einem oder mehreren Nutzern an sich gerissen und es wird persönlich. Beleidigungen bis hin zu Hass und Gewaltandrohungen sind keine Seltenheit. Auch in Mühlheim mit seinen weit mehr als zehn Facebookgruppen geht es nicht immer sachlich und fair zu.

Mühlheim –Experten sprechen in extremen Fällen von Cybermobbing oder Hassrede. So geben mehr als 60 Prozent von 4000 Befragten zwischen 18 und 65 Jahren einer Studie des „Bündnis gegen Cybermobbing“ an, in irgendeiner Weise bereits mit Mobbing oder Cybermobbing konfrontiert gewesen zu sein – ob als Betroffene, Täter, Beobachter, Unterstützer, Schlichter oder Mediatoren.

Der SPD-Stadtverordnete Candas Filiz sagt, er habe es selbst oft genug erlebt und dabei festgestellt, es gleiche einem Kampf gegen Windmühlen. Dabei, meint er, sollte man sich in sozialen Netzwerken sozial verhalten. Der 24-jährige Mühlheimer will dahingehend nicht untätig bleiben und plant eine Initiative, „die sich gegen Hass im Netz stellt und für eine progressive Diskussionskultur einsteht“.

Filiz erzählt, seitdem er sich ehrenamtlich engagiere, sehe er sich immer wieder persönlichen Anfeindungen ausgesetzt, die sich etwa auf seine vermeintlich schlechten Deutschkenntnisse oder seine Herkunft beziehen. Oft seien es auch persönliche Anfeindungen „hinter seinem Rücken“, die er nur über den Umweg Freunde und Bekannte mitbekomme, weil er von entsprechenden Nutzern blockiert worden sei. Er könne damit umgehen, bleibe cool, er merke aber, dass es seinem Umfeld schade, die ihn versuchten, im Netz gegen die Angriffe zu verteidigen. Besonders aufgeheizt sei die Stimmung gegen ihn während des Kommunalwahlkampfs 2021 gewesen sagt Filiz.

Auch der Verein „Bündnis gegen Cybermobbing“ kommt in seiner auf vier Jahre (2014 bis 2018) angelegten und auf Deutschland, Österreich und Schweiz bezogenen Studie, die er 2021 veröffentlicht hat, zu dem Schluss: „Ausmaß und Umfang von Mobbing und Cybermobbing haben sich in den letzten drei Jahren sogar weiter negativ entwickelt.“ Die regelmäßigen Anfeindungen wundern Filiz. Sie kämen oft von Menschen, „die ich noch nie gesprochen oder gesehen habe“. Einmal sei die Situation so weit eskaliert, dass er nach einer Diskussion unter einem Online-Artikel persönlich von einem Nutzer angeschrieben und bedroht worden sei. Neben rassistischen Äußerungen habe der Mann ihm physische Gewalt angedroht, berichtet Filiz. Überhaupt sei er verwundert gewesen, wie viel der Gegenüber von ihm wusste. Er habe dann versucht, den Nutzer per Videoanruf zu erreichen und ihn zur Rede zu stellen. Der habe ihn aber erst ignoriert und dann blockiert. „Meistens, wenn ich versuche, Personen mit ihren Lügen über mich zu konfrontieren, werde ich blockiert.“ Einfach so schlucken sollte man derlei Angriffe auf keinen Fall. Der Offenbacher Polizeiladen rät: Hassreden dürfen nicht hingenommen oder ignoriert werden. Betroffene sollten Screenshots oder Chatverläufe speichern, um die Hasskommentare bei der Polizei sowie beim Netzwerkbetreiber und der Internetbeschwerdestelle (internet-beschwerdestelle.de) anzeigen zu können.

Filiz möchte da präventiv gegenwirken, meint, es gibt viel Bedarf, Menschen für die „digitale Transformation zu sensibilisieren“. „Dorfpöbeleien im Internet sind nicht angebracht, sie bleiben für immer.“ Menschen, die sich über „Pöbeleien im Netz Luft machen, sind von der digitalen Transformation überfordert“, meint Filiz, der als Berater für digitale Transformation tätig ist. Allerdings schränkt er auch ein: „Bei ein paar Leuten ist der Zug abgefahren, umso wichtiger ist es, nicht noch mehr zu verlieren.“ Er wünsche sich eine „soziale und konstruktive Diskussionskultur im Internet“. Dafür will er sich mit seiner Initiative nun verstärkt einsetzen. Momentan sei er dabei, Mitmenschen für die Initiative zu gewinnen, die über die sozialen Medien laufen und zugleich auch mit politischen Gremien und ehrenamtlichen Initiativen kooperieren soll. Start soll in jedem Fall noch in diesem Jahr sein, versichert Filiz.

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