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Der Wolf im Schafsblech beim Käfertreffen

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Oben: Helm auf, Blick starr auf den Arm des Starters. Sobald er den rührt, geben die Teilnehmer des Beschleunigungsrennens Gummi. Unten: Schmerzt Herzen, heilt aber die eigene Kugel – beim Teilemarkt tauchen lange gesuchte Dinge auf.
Oben: Helm auf, Blick starr auf den Arm des Starters. Sobald er den rührt, geben die Teilnehmer des Beschleunigungsrennens Gummi. Unten: Schmerzt Herzen, heilt aber die eigene Kugel – beim Teilemarkt tauchen lange gesuchte Dinge auf. © Liederbach

Mühlheim - Dass Mühlheims Käfertreffen rund läuft, liegt schon in der Natur der Sache. Aber auch abseits des großen Kugel-Kults gilt das Gelände als gute Adresse für alles, was Räder hat. Von Jessica Liederbach

Einmal im Jahr sind die Käfer auf der Wiese am Mühl-heimer Sportzentrum aus Metall. Heiß geliebt werden sie nicht trotzdem, sondern gerade deshalb – das Käfer- und Oldtimertreffen lockt Hunderte aufs Grün neben und das Grau der Anton-Dey-Straße. Wenn das Wetter passt. Und es passt: Die Sonne scheint, als Leben in die Sache kommt. Eine Absperrung verriegelt die Zufahrt. Der Kontrollwahn großer Festivals ist den Mühlheimer Käferfreunden als Gastgebern zwar fremd. Aber der Durchgangsverkehr muss draußen bleiben, und den Teilnehmerkarossen wollen Plätze zugewiesen werden.

Alle Modelle, ob Käfer oder nicht, die sich auf dem Wiesenplatz einquartieren, müssen mindestens 30 Jahre auf dem – in diesem Fall ein Qualitätsmerkmal – Buckel haben, um reservieren zu können. Das Repertoire reicht vom Chevrolet zum Porsche, vom Golf zum Dodge. Das ist ein großer Gewinn, wie die Knigges, langjährige Begleiter des Käfertreffens, sagen. Sie betreiben einen T-Shirt-Handel und organisieren Bus-Treffen. Seit elf Jahren sind sie Teil des Mühlheimer Käfertreffens und haben seine Besonderheiten gleich zu schätzen gelernt. Diese Markenoffenheit, diese Vielfalt so vieler verschiedener Modelle, das ermögliche den Austausch, das gemeinsame Entdecken und auch das Fachsimpeln auf dem Platz erst. Es gebe auch andere Treffen, wie Michaela Knigge verrät, die nur Käfer oder bestimmte Oldtimer zuließen und so das Angebot beschränken.

Vielfalt der Modelle

Als einer der Veranstalter hat Andreas Becker da einiges zu ergänzen. Die Vielfalt beruhe einerseits auf der Tatsache, dass immer weniger Leute Käfer fahren. Aber auch darauf, dass schlichtweg ein Interesse „an anderen Herstellern besteht“. Das Feld werde so offener und die Atmosphäre lockerer. Becker gehört zu den „Käferfreunden Mühlheim“. Sie existieren seit Mitte der achtziger Jahre, haben ihre Liebe zu den Kult-Kugeln also nicht erst entdeckt, als deren Produktion eingestellt wurde. Als amtlich eingetragenen Verein gibt es die Gleichgesinnten seit 1988. Rund 30 Mitglieder tragen ihren Teil dazu bei, die Wertschätzung fürs einstige Massenprodukt des deutschen Wirtschaftswunders und seine Artverwandten am Leben zu erhalten.

Das Sehen und Gesehenwerden stellt einen der Hauptreize des Treffens dar. Begeisterte wandeln über die Wiese, geraten ob der Vielfalt der Modelle immer wieder ins Staunen, stöbern schon lange gesuchte Teile auf und sprechen mit einem Vokabular, das in den Ohren Ahnungsloser eigentlich nur einer Fremdsprache entstammen kann. Einige der ausgestellten Modelle sind beschildert – Preis, Motorleistung, Unterschiede zum Originalzustand. Wissende nicken anerkennend, nostalgiebeseelten Zaungästen bleiben die Münder offen stehen.

Von Beginn an herrscht beste Stimmung, und auch die Rennstrecke am Ende des Wiesenplatzes ist ein heißbegehrter Aufenthaltsort. Der Austragungsort für das vom Mühlheimer Motor-Sport-Club (MSC) auf die Reifen gestellte Achtel-Meilen-Rennen am Samstagvormittag ist ideal gewählt. Gemeldete Karossen, die gerade dran sind, sammeln sich an der Startlinie. Hier geht es um Zehntel- und Hundertstelsekunden. Und manches Mal hat ein Wolf im Schafsblech den Kotflügel vorn. Wann immer zwei Modelle losgebraust sind, rücken die nächsten behelmten Teilnehmer auf. Sie gieren regelrecht auf das Startsignal, das nach kurzer Instruktion durch den Starter erteilt wird. Hebt er den Arm, heulen die Motoren auf und es entfaltet sich ein aromatisches Gemisch aus Gummi und Benzin. Der Geruch ist schon wohlbekannt, viele Besucher sind bereits seit Freitag da, saugen den Motorsport zum zweiten Tag in Folge in sich auf.

Fernab des spannenden Rennens sorgt der Verein auch für das leibliche Wohl. Die Clubgaststätte Hexestubb bietet am großen Bierzelt neben Pommes und Würstchen alles an, was glücklich macht. Wer will, bekommt an anderen Ständen auch Champagner, Wein und American Icecream. Viel Angebot für viel Nachfrage. Die 500er-Marke bei den Autos, diesmal wird sie wohl geknackt.

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