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Klaus Puth veröffentlicht Golem-Mappe in limitierter Auflage

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Der Mühlheimer Zeichner Klaus Puth erweckt diese Erfolgsgeschichte zu neuem Leben.
Der Mühlheimer Zeichner Klaus Puth erweckt diese Erfolgsgeschichte zu neuem Leben. © -

Vor 100 Jahren war Gustav Meyrinks fantastischer Roman „Der Golem“ ein Verkaufsschlager. Davon sollten zunächst nur 2000 Exemplare gedruckt werden, durch einen Irrtum wurden 20 000 hergestellt. In den folgenden zwei Jahren wurden dann 150 000 Stück vertrieben, in den 1920er Jahren wurde das Kultbuch millionenfach gelesen. Der Mühlheimer Zeichner Klaus Puth erweckt diese Erfolgsgeschichte zu neuem Leben: Zum Ende des Gedenkjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gibt er eine Golem-Mappe heraus – in limitierter Auflage von 100 Stück.

Mühlheim - Puth sagt über sein Kunstprodukt aus acht Grafiken und einem Textblatt: „Es sind von Stefan Gey in der Offenbacher Druckerei Berthold noch Kleinigkeiten zu erledigen.“ Puth zeigte seine Golem-Serie 2015 erstmals in Ausstellungen, 2017 in der Galerie des BOK Offenbach. Eigentlich sollte sie auf Tournee durch jüdische Gemeinden gehen. Dann war die Büchergilde interessiert, der Vorstand des Bücherklubs lehnte jedoch ab. „Nun erführ ich Förderung durch die Hessische Kulturstiftung, sodass ich die Mappe für 60 Euro anbieten kann.“

Betrachtet man die schwarz-weißen Kunstblätter, die Puth mit sperriger Rohrfeder ohne Vorzeichnung aus flüssiger schwarzer Ölfarbe und Tusche gemalt hat, so war das ein anspruchsvoller Entstehungsprozess. Die expressiven Blätter erinnern an große Grafiken eines Alfred Kubin oder Frans Masereel aus den 1920er Jahren, sind jedoch im eigenen Puth-Stil gestaltet, für den es derzeit hierzulande kaum eine Parallele in der zeitgenössischen Kunst gibt.

Puth, den viele eher als einfallsreichen Cartoonisten kennen, offenbart hier seine rein künstlerische Seite: „Ich bin froh über diese Mappe, ist es mir doch hier gelungen, meinen Drang zum Perfektionismus mit intuitivem Loslassen zu versöhnen.“ Der Weg dahin war nicht kurz. Puth bekam die Lektüre-Empfehlung von seiner Frau Uschi Knobeloch-Puth, Expertin für jüdische Mystik. Beim ersten Lesen fand er nicht den rechten Zugang, dann nahm er sich diesen Klassiker der fantastischen Literatur nochmals vor. Er ist komplex und keine Adaption der jüdischen Golem-Sage im engeren Sinne, sondern eher ein impressionistisches Traumbild zur Sage, die beim Leser als bekannt vorausgesetzt wird: Der Golem taucht im Roman selbst gar nicht auf. Inwieweit der Ich-Erzähler phasenweise selbst die Gestalt des Golem annimmt, bleibt offen.

Zum literarischen Kontext von Puths Mappe: Der Golem, die Sagengestalt aus Lehm, wurde 1580 am Prager Moldauufer vom kabbalakundigen Rabbi Löw geschaffen, mit magischem Zahlwort hinter den Zähnen. Er erscheint alle 33 Jahre als Gespenst, als verdichteter Getto-Geist der Juden, zugleich aber Doppelgänger aller, die sich getroffen fühlen wie Romanheld und Gemmenschneider Athanasius Pernath um 1890 in Prag, der zuweilen sein Gedächtnis einbüßt. Im Roman bekommt das Geschehen um Trödler Aaron Wassertrum, Strichmädchen Rosina und andere oft zweifelhafte Gestalten Golem-Hintergründe, während sich das Leben im Vordergrund als Kolportage abspielt. Beim Lesen beschleichen unwillkürlich Gedanken zur aktuellen Corona-Zeit, die zeitweise auch gespenstische Züge annimmt. Da läuft es dem Leser kalt den Rücken herunter, als Pernath eine Falltür findet und in ein vergittertes Zimmer ohne Zugang gerät, das er als Behausung des Golem erkennt. Ein jüdisches Tarockspiel fesselt ihn. Er erinnert sich, diese Karte vor vielen Jahren selbst gemalt zu haben. Plötzlich glaubt er, sich selbst in der Zimmerecke gegenüberzusitzen. Abenteuerlich zu lesen ist auch, wie Pernath in Wassertrums Komplott gerät, wie er ins Gefängnis kommt, aus dem er nach sechs Monaten unerwartet entlassen wird. Sein Getto, das Pernath auch als in der Luft schwebenden Friedhof wahrgenommen hat, ist indes abgerissen worden.

Wie Puth das komplexe Geschehen in seinen Kunstblättern mit geknickten Fassaden, in die Tiefe verlängerten Schatten und verschobenen Fensterquadraten und Spitzbögen festhält, ist meisterhaft. Kulturexperte Jürgen Richter meint dazu: „Mal drängen sich flächig getuschte Gestalten mit horizontal gezogenen Augen- und Mundpartien in einem Torbogen, mal duckt sich ein schwarz auf Grau getupftes Paar unter die Säulen des Veitsdoms. Wenn die beiden in der Droschke durch die Prager Gassen sausen, lösen sich Hausraster in dynamischen Wischeffekten auf.“ Auch wie Puth den Golem in Weiß erscheinen oder Wassertrums Porträt wie eine felsige Runzellandschaft aus dem Mantelkragen wachsen lässt, macht die Mappe zum Sammlerobjekt für Kunst- und Literaturfreunde. (Reinhold Gries)

Interessierte können die Golem-Mappe per Mail an klausputh@t-online.de bestellen.

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