Mit der Titanic durch die Stadt

Besser geht‘s nicht: Strahlend blauer Himmel, prächtige Wagen und ein Narrenvolk, das nach Fastnacht und Umzug lechzt! So war das gestern beim Mühlheimer Rosenmontagszug, der sich vom Herzen Dietesheims in die Mitte der Mühlenstadt schlängelte. Mehrere hundert Mitwirkende und Tausende an den Straßenrändern bildeten eine der schönsten Fastnachtsfeiern der vergangenen Jahre.
Mühlheim – Klar, der Rekord ist fragwürdig, über zwei Kampagnen lief überhaupt kein Zug, und davor attackierten Regen und Sturm die Laune. Doch der närrische Lindwurm knüpfte da an, wo er vor drei Jahren ausklang, mit vergnügten Fußgruppen und spektakulären Wagennummern. Die aufwendigsten rollenden Kunstwerke entstanden allerdings nicht in der Mühlenstadt, sondern in der Wetterau, jenseits der Mainlinie. Die „Issgemer Buben“ aus Issigheim, einem Stadtteil von Bruchköbel, bugsierten die Titanic durch die Mühlheimer Gassen, ein Modell des legendären, gesunkenen Kreuzfahrtschiffs von stolzen Ausmaßen. Das rund sechs Meter hohe und 15 Meter lange Gerät verblüffte die Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Bürgersteigen mit sechs Stockwerken und den vier schrägen, gelb-schwarzen Schornsteinen.

Die Nummer Eins des Lindwurms bildete aber der ähnlich hohe Dampfer des Mühlheimer Karnevalvereins mit Zugmarschallin „Pebbles“ und dem Vizekanzler Dr. Bernd Kugler an Bord und Tanzgruppen in blau-weiß im Schlepptau. Die Firedrum gehörten zu fast einem Dutzend Kapellen, die viel Stimmung mit Live-Gebläse verbreiteten. Mit Windrädern auf dem Rücken folgten Naturschützer in weißen Anzügen, die „Lusdische Klikke“ bildete mit bunten Fracks einen weiteren Hingucker. Zu den festen Bestandteilen des Mühlheimer Rosenmontagszugs zählt die Feuerwehr, die gleichsam kunterbunt in Kartons und mit Flammen-Frisuren auf ihr 150-jähriges Bestehen hinwies. Damen in Tutenchamun-Gewändern und mit schwarzen Perücken formierten sich fürs Gruppenbild, wobei zu vermerken ist, dass sich auch das Publikum am Bordstein farbenprächtig maskiert hatte.
Die Dalles-Cowboys spannten ihren hölzernen Saloon mit Veranda vor einen Traktor, dahinter lächelten die Garde-Mädchen der Kappenträger-Garden. Die Honorationen ließen sich von Küster Thomas Bihn ziehen, der ebenfalls eine landwirtschaftliche Zugmaschine steuerte. Und kaum ein Tollitätenpaar lächelte fröhlicher und breiter als das Kinderprinzenpaar! Max und Stella hatten sichtlich Spaß bei der Fahrt im Cabrio.

Ihre DJK-Garden glänzten in knallroten Umhängen, das Stadtprinzenpaar und auch die 55. Sonnau-Ritterin thronten ein Stockwerk höher. Die Gelb-Grünen feierten mit ihrem Wagen das 111-jährige Bestehen der Traditionskarnevalsgesellschaft.
Unverzichtbar sind die Gruppen mit dem Offenbacher Prinzenpaar und den Regenten aus Hanauer Stadtteilen. Die Obertshausener Babbscher bildeten mit Comtesse und Lederbaron, Fahnengarde und Nodebabbscher eine der größten Einheiten.
Weitergefeiert haben die Mühlheimer in Sälen und Zelten wie dem des Ski- und Freizeitvereins. Heute, am Fastnachtsdienstag, sind viele Karnevalisten noch einmal auf dem Lämmerspieler Umzug zu bewundern. Und der Wetterbericht verspricht ein ähnliches Fest wie am Rosenmontag. (von Michael Prochnow)