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Das Funkeln im Alltag

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Ihr E-Scooter hilft Regina Stadtler im Alltag.
Ihr E-Scooter hilft Regina Stadtler im Alltag. © pje

Mühlheim -  Die Vorstellung der Projekte, mit denen sich Mühlheimer Vereine um Geld aus den vom Holzland Becker und unserer Zeitung mit 7500 Euro gefüllten „Klingelnden Vereinskassen“ bewerben, geht mit den „MainSternen“ weiter. Von Jessica Liederbach

Die Gruppe vereint Multiple-Sklerose-Kranke, will mit einem Gewinn die Selbsthilfe vorwärts bringen. Der Name der „MainSterne“ ist nicht zufällig gewählt. Großes M und großes S, das steht für die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose, unter der die Akteure leiden. Der Main ist die lokale Verortung, die Sterne weisen auf eine elementar wichtige Eigenschaft der Mühlheimer Selbsthilfegruppe hin: Wie die Himmelskörper will die Gemeinschaft ein Funkeln in das Leben der Betroffenen bringen, Menschen zusammenrücken, verbinden und den Weg zu einem souveränen Umgang mit der Krankheit erhellen. Das klappt seit vielen Jahren.

Als Finalisten der Förderaktion „Klingelnde Vereinskassen“ erhoffen sich die MainSterne Unterstützung, um über die eigenen Möglichkeiten hinaus mit der spezialisierten Manfred-Sauer-Stiftung zusammenarbeiten. In Mühlheim organisiert der Verein Gesprächsrunden mit Fachleuten, sorgt für Verständnis und, ganz wichtig, den Austausch zwischen den Erkrankten. Für viele, die Kontakt mit der Gruppe aufnehmen, wird sie bald eine zweite Heimat, ein Silberstreif am Horizont, der nicht nur dabei hilft, die Krankheit fachlich besser zu verstehen, sondern auch aktiv mit ihr zu arbeiten. Mit diesem Gedanken starteten die Main-Sterne vor knapp 15 Jahren.

Regina Stadtler gehört zur Gruppenleitung, organisiert die Treffen mit. Sie erkrankte 1990 an Multipler Sklerose, bekam die genaue Diagnose aber erst drei Jahre später. Damals war es selbst für Ärzte schwer, ein klares Krankheitsbild zu erkennen, „wurden die Nervenkrankheiten doch oft in einen Topf geworfen“, sagt Stadtler, ohne sie näher zu beleuchten. Und auch heute noch gilt MS als „Krankheit der tausend Gesichter“. Sie stürzt einem Asteroiden gleich auf viele Leben ein, verändert sie schleichend, schubhaft oder vom einen auf den anderen Tag. Die Folgen sind bei jedem unterschiedlich, weil die Multiple Sklerose das Nervensystem angreift und Beeinträchtigungen in der Motorik oder anderen nervengesteuerten Apparaten des Körpers hervorruft. Letztlich kann sie sogar von Tagesform und Stimmung der Patienten beeinflusst werden.

Auch Regina Stadtler erlebte, wie ein massiver Einschnitt in ihr Leben die Krankheit vorübergehend verschlimmerte. Sie brauchte viel Halt damals und fand ihn. Über einen guten Freund hörte sie von den MainSternen. Zu deren Qualitäten gehört, dass die Gruppe „jeden von Anfang an toll aufnimmt“, keine Gebühren verlangt und jedem in seinem individuellen Tempo ermöglicht, mit der Krankheit „leben zu lernen“.

Stadtler brauchte lange, um mit der Diagnose zu leben. Aber ihr Elektro-Mobil, das ihr das Gehen erleichtert, ihr Lebensgefährte Jürgen und ihr Hund Rocky unterstützen sie tatkräftig. Und die Main-Sterne mit ihrem Repertoire vom offenen Ohr bis zum bunten Treiben sind ein wichtiger Halt, ein Fixstern im Alltag. Ausgefallene Klettertouren mit dem Alpenverein gehören dazu, Schifffahrten auf dem Rhein, aber eben auch die monatlichen Gruppentreffen, die einen Raum mit ungezwungener Atmosphäre schaffen, um Erfahrungen zu tauschen oder „einfach nur zu quatschen“, In der Selbsthilfegruppe, sagt Stadtler, finden sich viele Freunde, die sich einander ein großes Stück begleiten und gegenseitig helfen. Die MainSterne werden aber auch sportlich aktiv. Bei der wöchentlich Gymnastik ist jeder willkommen, um seine Grenzen auszutesten oder einfach nur Spaß an der gemeinsamen Bewegung zu haben.

Zu den Highlights der Gruppe gehören Ausflüge in die Manfred-Sauer-Stiftung. Die setzte sich ursprünglich für Querschnittsgelähmte ein, aber es gab viele Gemeinsamkeiten der Symptome mit denen der Multiple Sklerose. Heute bietet die Stiftung viele verschiedene Aktivitäten und ist so ausgerichtet, dass MS-Betroffene in jedem Stadium der Krankheit das Passende finden und so besagten „tausend Gesichtern“ trotzen können. Vor allem das Bogenschießen biete dafür eine wunderbare Möglichkeit, wie Stadtler feststellt. Man könne zum Beispiel im Stehen ebenso wie im Sitzen schießen. Das führe ohne große Worte alle zusammen. Problem: Die MainSterne können sich die Stiftungsaktivitäten nicht oft leisten. Denn sie sind auf Spendengelder angewiesen und auf Einnahmen wie aus dem jährlichen „Run for help“-Lauf. Deshalb haben sie das Stiftungsplus als Vereinskassen-Projekt eingereicht und hoffen auf Stimmen.

Die „MainSterne“ zählen zu den zehn Finalisten der „Klingelnden Vereinkasse“, die eine Jury aus den Bewerbungen bestimmt hat. Wer am Ende wie viel von den 7500 Euro der Förderaktion bekommt, entscheiden die Leser per Abstimmung auf der Holzland-Becker-Internetseite holzlandbecker.de – der Verein mit den meisten Stimmen gewinnt das meiste Geld. Ausgelobt sind je ein mal 2000 und 1000, zwei mal 750 und sechs mal 500 Euro. Abgestimmt werden kann bis 15. Oktober. Es lohnt also, die Werbetrommel zu rühren. Zusätzlich zu Kurzbeschreibungen auf der Abstimmungsseite stellt unsere Zeitung die Projekte in diesen Wochen ausführlich vor.

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