Was diese Arielle kann

Mühlheim - Das können Erwachsene ohne Töchter im passenden Alter nicht wissen: Die Meerjungfrau steht bei vielen Mädchen hoch im Kurs. Nicht, weil die Eltern ihnen das Märchen von Hans Christian Andersen vorlesen. Aber eine Fernsehserie hat für einen Hype ums Thema gesorgt. Von Stefan Mangold
Daran knüpft Mühlheims erstes Meerjungfrauenschwimmen im Hallenbad an. „Abtauchen in die magische Unterwasserwelt“ – der Untertitel des ersten Meerjungfrauenschwimmens der Stadtwerke im Hallenbad passt, irgendwie. Magisch geht es zwischen den Fliesen zwar weder über noch unter Wasser zu. Aber dass man sich mit einer sogenannten Monoflosse wie von Zauberhand bewegen kann, das ahnten die 13 Mädchen, die sich von ihren Müttern bei Betriebsleiter Roland Peterson anmelden ließen, ganz bestimmt schon vorher.
Die zwei Kurse leiten die Trainerinnen Steffi Konrad und Annika Lotz von der Aschaffenburger „Schwimmschule Natare“. Bevor es platschen kann, hilft Konrad den Mädchen, die Utensilien anzulegen. Die Flosse liegt schwer in der Hand. Über das Teil ziehen die Kinder das Kostüm. Das wirkt, als müssten sie in einer Strumpfhose beide Beine durch eine Röhre zwängen. An Land bedingt die Aufmachung arge Immobilität. Im Wasser ist’s später leichter.
Die Eltern mussten unterschreiben, dass ihre Töchter schwimmen können. Jungs dürften beim Lockruf der Stadtwerke natürlich auch gerne mitmachen. Aber Roland Peterson weiß von Kollegen aus anderen Schwimmbädern natürlich schon: „Zu 99 Prozent sind die Teilnehmer weiblich“. Zur Unterschrift gehört noch der Beleg vom Bronze-Abzeichen, der einstige Freischwimmer. Denn manche Eltern schätzen die Fertigkeiten ihres Nachwuchses gerne mal höher ein, als sie tatsächlich sind.
Einige der Kinder mit den zusammengebundenen Füßen lässt Steffi Konrad an den Händen langsam zu Wasser. Andere plumpsen gleich ganz ohne fremde Hilfe vom Rand aus rein, mit einer Schwimmnudel in den Händen voran. Denn am Anfang soll sich jede junge Dame erst mal an der Hilfe orientieren. Die neue Bewegungsform will geübt sein. Das Meerjungfrauenschwimmen ist mehr als reine Gaudi. Es ist ganz schön anstrengend. Die Geschichte geht in die Bauch- und die untere Rückenmuskulatur. Die Schwimmart wirkt wie eine Lightversion des Delphin-Stils. Im Wasser passt Annika Lotz auf und gibt Tipps, während die Mütter am Rand sitzen und den Töchtern durchs Smartphone zuschauen.
Das Schwimmen mit der Monoflosse entwickelt sich so langsam zur richtigen Sportart. Ob es auf Dauer für Olympische Spiele reicht, das darf bezweifelt werden. Die ersten Deutschen Meisterschaften in dieser Disziplin gingen im vergangenen Jahr in Suhl aber schon über die Bühne. Der Großteil der Rennstrecke wird getaucht, über Wasser im Brust-Stil geschwommen. Steffi Konrad hat da großen Respekt: Wenn es nur darum ginge, einigermaßen voranzukommen und vor allem nicht abzusaufen, dann könnten geübte Vereinsschwimmer bis zu anderthalb Stunden durchhalten, „dann wäre ich aber total fertig“.
Peterson erzählt am Rande von den Kindergeburtstagen, die Eltern im Hallenbad feiern lassen. Weil die Premiere des Meerjungfrauenschwimmens nicht übel anläuft, überlegt sich der Leiter, die Variante eventuell auch für Geburtstage anzubieten, „mit Topfschlagen und Blinde Kuh ist es heute sowieso nicht mehr getan“. Auf dem Wasser liegen Matten aus, auf denen sich die Mädchen zwischendurch ausruhen können. Anders als zu Beginn schafft es am Ende keine, ohne fremde Hilfe aus dem Becken zu kommen. Mit viel Kraft in den Armen hebt Steffi Konrad die Kinder zum Finale ans Land.