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Friedrich-Ebert-Schüler besuchen Auschwitz-Gedenkstätte

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Der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers in Auschwitz bewegte die Schüler. Ihre Eindrücke verarbeiteten sie mit verschiedenen Szenen und Texten. -  Foto: m
Der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers in Auschwitz bewegte die Schüler. Ihre Eindrücke verarbeiteten sie mit verschiedenen Szenen und Texten. © m

Mühlheim - 55 Schüler, sechs Begleiter, drei Lager, sechs Millionen Tote – eine Arbeitsgruppe des Friedrich-Ebert-Gymnasiums besuchte mit der städtischen Jugendpflege die Überreste der Konzentrationslager im polnischen Auschwitz. Im Pfarrheim St. Sebastian zeigten sie ihre Eindrücke in Texten und Szenen, die unter die Haut gingen. Von Michael Prochnow

„Man kann sich das Ausmaß einfach nicht vorstellen, wenn man in Birkenau steht“, beschreibt Schülerin Jackie Basseck. Auch nach der Rückkehr wirke der Besuch bedrückend. „Du denkst Stunden lang nach“, obwohl ihnen vor Ort gesagt wurde, sie sollten sich nicht schuldig fühlen, sie können ja nichts dafür. „Aber wir dürfen das nicht vergessen und müssen darauf achten, wie man miteinander umgeht, dass man sich mehr schätzt“, sagt die 17-Jährige.

Ihre Freundin Tina Zivkovic interessiert sich sehr für Geschichte und das Dritte Reich. „Sechs Millionen Tote – jetzt kann ich es mir etwas besser vorstellen, es macht noch trauriger.“ Tina erkannte den Gruppenzwang als Ursache, „fast jeder hat da mitgemacht“. Heute sei die Bevölkerung diesem Zwang noch nicht unterlegen, „aber wir müssen jetzt vorsichtiger sein“, lautet ihre Erkenntnis. „Dort war es extrem, ich bin immer noch sehr traurig.“

„Das Thema geht nicht nur Schüler was an, sondern uns alle“, begrüßte Direktor Stefan Sturm vor allem Eltern und Kommunalpolitiker im Dietesheimer Pfarrheim. Er gab zu bedenken: 2017 habe es mehr als 2000 Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte gegeben, und es gebe weitere Parallelen zu den 1930er Jahren. „Demokratische Parteien büßen an Zustimmung ein, die NSDAP wurde zunächst nicht ernstgenommen, gewann als Alternative zu den staatstragenden Parteien, schürte Vorbehalte gegen eine Religionsgemeinschaft, deren Angehörige für wirtschaftliche Probleme verantwortlich gemacht wurden.

„Historische Vergleiche sind immer etwas problematisch“, gab Sturm zu bedenken, dennoch solle man Zeichen erkennen und aus der Geschichte lernen. „Die Schüler sind bereit dazu, sie haben sich mit den Verbrechen der Nazis auseinandergesetzt, mit dem Grauen konfrontieren lassen“, lobte er.

Stadtrat Karl-Heinz Stier dankte den Beteiligten, die mit der Aufarbeitung zu einem friedlichen Europa beitragen. Und: „Das Klischee der Null-Bock-Generation trifft nicht zu.“ Er mahnte jedoch, „je weiter wir uns von den Ereignissen entfernen, desto blasser wird die Erinnerung“, es gebe immer weniger Zeitzeugen. Gleichzeitig breite sich rechtsradikales Gedankengut aus.

Eine Million Menschen starben in den Gaskammern, viele erlagen davor ihren Qualen. „Die Nazis wollten Spuren kaschieren und vernichteten Dokumente“, informierten die Schüler. Die Befreier haben 7000 halb Verhungerte angetroffen. 3700 Fußballfelder maßen die Anlagen: „Wir können annähernd begreifen, was Auschwitz bedeutet“. Als Deutsche spürten sie aber auch misstrauische, kritische Blicke. Teams gestalteten Filme mit Detailaufnahmen von Gleisen, Blumen, Kerzen, Passbildern, mit Zitaten und Zeichnungen. „Wie konnten die Ärzte die Menschen nur ausbeuten?“, war eine Frage, auf die keine eindeutige Antwort zu finden war. Die Schüler stellten ein Portrait des leitenden Arztes Josef Mengele vor, der brutale Experimente an Frauen, Roma und Jüdinnen vornahm.

Sie setzten sich aber auch mit dem Glauben auseinander, erinnerten als „menschliche Nummern“ an den katholischen Priester Maximilian Kolbe und den jüdischen Schriftsteller Elie Wiesel. „Manche fielen vom Glauben ab, manche wurden darin gestärkt“, resümierten die Jugendlichen.

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