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Kampf gegen Immobilienkonzern: Anwohner beklagt schlechten Zustand seiner Mietwohnung

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Von: Stefan Mangold

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Ein Stoß mit dem Rollator, ein Steinchen durch die Kehrmaschine und Antonio Brunetti geht wieder über Monate durch die kaputte Einfachglashaustüre.
Ein Stoß mit dem Rollator, ein Steinchen durch die Kehrmaschine und Antonio Brunetti geht wieder über Monate durch die kaputte Einfachglashaustüre. © man

Ein Mieter aus Mühlheim kämpft für sein Recht. Seit der Großkonzern Vonovia neuer Besitzer ist, verschlechtert sich dort die Lage.

Mühlheim – Kaum jemand will in einem Haus ohne Fensterläden leben und noch weniger, wenn der Heizkörper im Bad unter der Decke hängt. Antonio Franco Brunetti erzählt von seinen Erlebnissen und juristischen Kämpfen als Wohnungsmieter des Immobilienkonzerns Vonovia.

Der 52-Jährige lebt seit seinem fünften Lebensjahr an der Friedensstraße. Früher gehörten die Häuser 83-97 sowie die Bieberer Straße 34 der Stadt Mühlheim. Als die Sozialwohnungen in das Eigentum der stadteigenen Wohnbau GmbH übergingen, habe sich noch nichts verändert.

Aber die Wohnbau verkaufte das öffentliche Eigentum 2007 an die Stuttgarter Dewag Wohnen GmbH. Mit dem neuen Besitzer veränderte sich die Lage. Brunetti erzählt von der Waschküche und dem Fahrradschuppen auf der Rückseite des Hauses. Beide ließ der Immobilieninvestor abreißen, um das Grundstück zu verkaufen, „die Leistung hatte sich zwar verschlechtert, wir zahlten die gleiche Miete aber weiter“.

Mühlheim: Vonovia unterscheidet sich von anderen Dax-Unternhemen

Der Mühlheimer weiß nicht mehr genau, wann die Stuttgarter ihre Häuser an der Friedensstraße an die „Holding Deutsche Annington Immobilien“ verkauften. Die Deutsche Annington ging 2013 an die Börse und mutierte 2015 zu Vonovia. Der Aktiengesellschaft gehören gut 419. 000 Wohnungen. Die Aktionäre erwarten steigende Kurse und hohe Dividenden. Das Unternehmen muss zusehen, wo sich Kosten drücken lassen.

Grundlegendes unterscheidet Vonovia aber von fast allen anderen Dax-Unternehmen: Beim Erwerb von Produkten etwa von Daimler, Siemens oder Adidas schließen Kunden auch de facto freiwillig einen Vertrag ab. Wenn Daimler im Mercedes die Heizung wegließe, kauft keiner mehr das Auto. Wenn Vonovia aber in den Bädern die Heizkörper unter die Decke schraubt, können die meisten Mieter nicht einfach umziehen – gerade in Zeiten rasant steigender Mietpreise vor allem in den Metropol-Regionen.

„Über eine Million Menschen haben mit Vonovia ein bezahlbares, attraktives und lebenswertes Zuhause gefunden“, heißt es in einem Stellenangebot des Unternehmens. Brunetti erzählt von den Klappläden, die ersatzlos verschwanden. Der Mann wohnt an der dicht befahrenen Friedensstraße im Erdgeschoss. Wenn es früher regnete, schloss er die Läden. Heute spritzen die LKW Dreckwasser gegen die Fenster.

Mieter aus Mühlheim beklagt Zustände in Haus: Nebenkostenabrechnung immer fehlerhaft

Der Mühlheimer zeigt auf das Abflussrohr vom Dach, „das ist seit Jahren im Boden verstopft, man müsste eine Drainage legen“ Der Mieter im obersten Stockwerk hält wegen des Geruchs sein Fenster geschlossen. Was in den Boden sickert, dringt in den Keller. Außerdem sei die Haustüre nur dünn verglast und deshalb regelmäßig mit Rissen versehen, „sei es, weil jemand mit dem Rollator dagegen stößt oder die Kehrmaschine Steine schleudert“.

Sieht aus wie ein Schildbürgerstreich: Die Heizkörper hängen in den Bädern in Häusern der Vonovia an der Friedensstraße unter der Decke.
Sieht aus wie ein Schildbürgerstreich: Die Heizkörper hängen in den Bädern in Häusern der Vonovia an der Friedensstraße unter der Decke. © man

Die Nebenkostenabrechnungen stimmten nie, so Brunetti. Jährlich lege er über den Mieterbund Widerspruch ein, stets bekomme er eine Gutschrift. Im Haus hänge nur eine Wasseruhr. Der Betrag auf der Abrechnung leite sich aus dem Quotienten von Gesamtverbrauch durch Quadratmeter pro Wohnung ab, „egal, ob einer oder fünf Leute darin leben“.

Der von den Nebenkosten bezahlte Hausmeister habe es mehrmals versäumt, die Müllcontainer herauszuschieben. Vonovia habe mit Remondis ein zusätzliches Abfallunternehmen beauftragt, „das findet sich in der Nebenkostenabrechnung wieder“. Auf Anfrage Brunettis antwortete Bürgermeister Daniel Tybussek, der Entsorger „Veolia sammelt in Mühlheim Altpapier kostenlos ein“. Es erschließt sich Tybussek nicht, „wie und an wen Sie für Altpapier bezahlen müssen“.

Mieter aus Mühlheim setzt sich für seine Rechte ein: Keine Pläne für einen Umzug

Vor fünf Jahren verklagte Vonovia sogar Antonio Brunetti. Der Mühlheimer wollte die gewünschten 20 Prozent höhere Grundmiete nicht überweisen. Das Amtsgericht Offenbach gab Brunetti recht. Vonovia habe sein Ansinnen mit einem Gutachten begründet, das der Klage nicht beilag. Brunetti sieht im solchem Gebaren Kalkül, „die meisten hatten bezahlt“. In Revision ging Vonovia nicht und auch sonst hält sich der Konzern mit Auskünften zurück.

Pläne für einen Umzug hat Brunetti nicht. Er will aber in Zukunft weiter für sein Recht als Mieter gegen den Großkonzern kämpfen. (Stefan Mangold)

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