Mühlheim: Ilse Picard mit Landesehrenbrief ausgezeichnet

Diese Auszeichnung bekommt niemand ohne guten Grund: Für jahrelanges Engagement in der Bürger- und Seniorenhilfe Mühlheim wird Ilse Picard geehrt.
Mühlheim – Im Auftrag des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein hat die Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger nun im Seligenstädter Regio-Museum die Mitgründerin und spätere Vorsitzende der Bürger- und Seniorenhilfe Mühlheim (BSHM), Ilse Picard, mit dem Landesehrenbrief ausgezeichnet.
Von ihrem Naturell gehört Ilse Picard nicht zur Fraktion der Leisetreter. Die Frau ist kein Charakter, der sich verschämt an der Wand entlang schleicht. Picard gilt als eine, die anpackt, als Macherin.
Die Verleihung der hohen Auszeichnung feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Per Erlass stiftete der damalige hessische Ministerpräsident Albert Osswald den Landesehrenbrief. Mir nichts, dir nichts bekommt den niemand überreicht. Mindestens ein Dutzend Jahre muss jemand in der Kommunalpolitik oder für einen Verein mit kulturellen oder sozialen Belangen aktiv gewesen sein. Von sich aus bewerben, kann man sich nicht. Jemand muss einen vorschlagen.
„Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht“, warb einmal eine Partei mit dem Sinnspruch bleierner Egomanie für sich. Die Basis der BSHM beruht auf dem Prinzip der Solidarität, nicht der Einsamkeit. Man denkt nicht nur aneinander, man handelt auch füreinander. Wer für den Nachbarn mit dem gebrochenen Bein einkauft, kann sich darauf verlassen, irgendwann selbst in misslicher Lage nicht vergessen zu werden.
Gemäß des Vereinsslogans „Miteinander – Füreinander“ sei es Ilse Picard wichtig, dass Menschen spürten, gebraucht zu werden, sich einbringen können, betont Claudia Jäger in ihrer Laudatio auf die Mühlheimerin, „mit Blick auf ihr Engagement sowie ihre soziale Kompetenz, gilt Ilse Picard als Motor und guter Geist der Bürger- und Seniorenhilfe“.
Jäger erwähnt auch Picards Engagement als zweite Vorsitzende für „Thiogo – Freundeskreis Mühlheim am Main - Nouna/Burkina Faso“. Picard gehört zu den Gründern des seit 2012 bestehenden Vereins, der in dem westafrikanischen Land Hilfsprojekte unterstützt.
Die 71-Jährige kann organisieren und bekommt bei der Aussicht auf administrative Aufgaben keine Schwindelgefühle. Bis zur Geburt von Tochter Kathrin im Jahr 1990 hatte Picard 23 Jahre für die Dresdner Bank gearbeitet. „Mit der Organisation von Veranstaltungen sowie mit etlichen Projekten ebnete Picard älteren Menschen den Weg, ihr Leben aktiver zu gestalten“, fährt Jäger fort. Damit habe die Mühlheimerin einen wertvollen Beitrag gegen Vereinsamung geleistet.
Seit der Gründung des Vereins hatte Picard im Vorstand gesessen, bis November 2021, als sie nach sieben Jahren an der Spitze nicht mehr zur Wahl antrat. Eigentlich hatte sich Picard vorgenommen, für die BSHM schon früher nicht mehr zu kandidieren, um Luft zu haben, sich um ihre mittlerweile zweieinhalbjährige Enkelin Cosima zu kümmern. Doch dann kam Corona und die Jahreshauptversammlung schob sich nach hinten.
Ilse Picard erzählt in der ehemaligen Benediktinerabtei die Geschichte vom 8. August 1995, als sie ihrem Mann Walter mitteilte, sie werde abends ins Rathaus gehen, weil sich dort ein Verein für Seniorenhilfe konstituiere. Der Gatte reagierte minder begeistert, „was willst Du denn bei den Alten?“
Nun, 28 Jahre später, könne auch er sich wahrlich nicht mehr zu den Jungen zählen. (Stefan Mangold)