1. Startseite
  2. Region
  3. Mühlheim

In der Innenstadt kann bald verpackungsfrei eingekauft werden

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Christian Wachter

Kommentare

Noch sind die Gläser leer: Eröffnet wird das Geschäft in der Bahnhofstraße 35 am 9. März.
Shoppen ohne Plastik: „natürlichfrei“-Chefin Nina Bornemann bietet bald Nudeln, Tee, Gewürze und mehr aus Schüttbehältern an. Der Fokus liegt auf lokalen Anbietern. Unterstützung gibt es von ihrem Mann Andres © wac

Mühlheim – Ganz gleich, wie es um die Essegewohnheiten ihrer Besitzer bestimmt sein mag, bei einer Sache dürfte ein Großteil der Kühlschränke ein ähnliches Bild abgeben: Niedrig temperiert gelagert werden nicht nur Fleisch, Milch, Butter und Co., sondern auch Unmengen an Plastik. Von Christian Wachter

 Dass das nicht sein muss, ist aufmerksamen Passanten beim Schlendern auf der Bahnhofstraße schon aufgefallen. Denn dort, wo früher Whisky-Kenner ein und aus gingen, wird am 9. März, so kündigt es ein Plakat im Schaufenster an, ein neuer Laden eröffnet. Bei „natürlichfrei“ wird es nämlich allerlei Unverpacktes geben. Der Kunde bringt sich ein geeignetes Gefäß mit, stellt es auf eine Waage, und füllt sich dann Getreide, Nudeln oder Kaffee ab.

Wer bei einer solchen Eröffnung nun ein Geschäftsmodell aus Überzeugung vermutet, ist auf der richtigen ökologischen Spur. Chefin Nina Bornemann hört nämlich nach 20 Jahren als Arzthelferin auf, um hinter der Ladentheke zu stehen und sich um den Einkauf zu kümmern. Lange, sagt sie, sei sie ja auch eine „normale“ Konsumentin gewesen. Als ihre Schwägerin in Bad Kreuznach mit solch einem Konzept startete, änderte sich das. „Es hat uns einfach massiv gestört, dass selbst Obst und Gemüse immer mehr verpackt werden“, sagt ihr Mann Andres Bornemann.

Seine Frau möchte er unterstützen, so gut er kann – und dabei auch seine berufliche Expertise als Ernährungsberater und besonders aus dem Marketing einbringen. Auch bei der Einrichtung hat er Hand angelegt, in dem Geschäft ist fast alles Marke Eigenbau. Im Einkauf setzen die beiden auf regionale Anbieter und Manufakturen. „Es geht uns um das Gesamtpaket, darum die Erzeuger vor Ort zu unterstützen“, sagt Nina Bornemann. Da könne es dann auch mal sein, dass nicht immer alles verfügbar ist, weil etwa der Gemüse- und Obstvorrat des Bauern von nebenan eben endlich ist.

Ähnlich wie im Tante-Emma-Laden

So ganz neu ist das Konzept im Grunde ja nicht. „Vieles war im Tante-Emma-Laden nicht anders, heute sind wir eben sehr verwöhnt“, findet die Chefin. Wenig überraschend also, dass gerade viele Ältere vor der Ladenzeile halten, um kurz darauf von dem Paar hereingebeten zu werden und schon einmal erzählt bekommen, was in den noch leeren Gefäßen bald zu haben sein wird. Wenn es nach Nina Bornemann geht, muss man dabei auch gar nicht unbedingt preisintensiver wegkommen, wie bei der Discounter-Massenware. Sie erzählt von jenen Menschen, die einen Pudding eben nur im Dreierpack kaufen können und am Ende dann doch zwei Stück wegschmeißen oder anderen, bei denen das Mehl schlecht wird, bevor es ganz verbraucht ist. „Und die Verpackung zahlt der Kunde ja auch immer mit.“

Man müsse eben immer gut überlegen, was man für sein Geld haben will. Die Seifen, die bald bei ihr zum Verkauf stehen, dürften zwar mehr kosten, als man es aus der Drogerie gewohnt ist, dafür sei aber auch die Zutatenliste deutlich kleiner und die Seife wegen des natürlichen Schaums ergiebiger. Menschen zu missionieren allerdings, das funktioniere nicht. „Man muss es vorleben.“ Und ihr Mann fügt an: „Es ist ja viel von Influencern die Rede, genau das wollen wir sein.“

Lassen sich beispielsweise Getreide und Reis auch aus den Schüttbehältern abfüllen, wird es auch bei „natürlichfrei“ einige Verpackungen geben, gläserne allerdings. Pesto, Milch und Kefir zum Beispiel gibt es im Glas. „Das kann man aber wieder nutzen“, sagt Andres Bornemann. Außerdem soll es Pfandgläser zum kaufen geben und die Kunden können Behältnisse, die sie nicht mehr brauchen, in ein Körbchen stellen, damit sie der nächste mitnehmen kann.

Inzwischen ist einiges an Bürokratie schon geschafft, der Austausch mit dem Gesundheitsamt zum Beispiel. Bis zur Eröffnung ist aber noch so manches zu tun. Es müssen etwa 60 Behälter in die Tische eingelassen werden, bei der Beleuchtung stehen Arbeiten an und auch Gespräche mit einem Kaffeemaschinenhersteller. „Das ist aber alles überschaubar, vor drei Wochen sah es hier noch ganz anders aus“, sagt Andres Bornemann erleichtert.

Ganz verzichten das Paar und ihr Nachwuchs in den eigenen vier Wänden nicht auf Plastik. Man müsse eben prüfen, ob es sich um ein Wegwerfprodukt handle. „Eine Plastiktüte wirft man nach 15 Minuten weg, einen Strohhalm nach fünf, Tupperware hingegen wurde entwickelt, um nachhaltig zu sein“, meint Andres Bornemann.

In Frankfurt gibt es seit kurzer Zeit einen Laden, in dem Kunden ihre Waren unverpackt kaufen können, und auch in Hanau ist ein solches Geschäft geplant.

Auch interessant

Kommentare