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Wohnungskäufer fürchten, auf Kosten für Brandschutz sitzen zu bleiben

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Von: Stefan Mangold

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In Mühlheim sollen in 22 Neubauwohnungen die Brandschutzbestimmungen nicht durchgesetzt werden. Die Bauaufsicht des Kreises Offenbach bleibe laut einem Anwalt verwunderlich passiv.

Mühlheim - Der Wohnungseigentümer Arne Graf (Name geändert) führt seit Langem einen Kampf mit der Bauaufsicht des Kreises Offenbach. Der mittlerweile eingeschaltete Rechtsanwalt Frank Cieslik wundert sich über die Passivität der Behörde, was die Durchsetzung der Brandschutzbestimmung für die 22 Neubauwohnungen in der Dietesheimer Straße 125 und 125a in Mühlheim betrifft.

Während einer Ortsbegehung am 16. Juli 2020 stellte der Gefahrenverhütungsbeauftrage des Kreises fest, im Falle eines Brandes habe die Feuerwehr keine Chance, die Flammen angemessen zu bekämpfen. „Der wirksame und schnelle Einsatz der Feuerwehr ist aufgrund der baulichen Begebenheiten bedenklich und massiv eingeschränkt“, steht in dem Bericht. Die Zufahrt sei zu eng, als dass ein Löschfahrzeug schnell rein fahren könnte. Was seit dem Tag an Korrekturen passierte, lässt sich präzise benennen: nichts.

Das Protokoll beschreibt einen weiteren Schildbürgerstreich. Die Fenster im Dachgeschoss müssten mindestens 90 Zentimeter breit sein. Die Bauherr-GmbH habe sich aber für die Breite von 70 Zentimetern entschieden. „Weiterhin können die Dachfenster nicht ausreichend geöffnet werden“, heißt es außerdem.

Brandschutz in Mühlheim: Nicht der einzige Mangel in Wohnungen in der Dietesheimer Straße

Der 59-Jährige zog mit seiner mittlerweile nach schwerer Krankheit verstorbenen Lebensgefährtin im Oktober 2020 in die Dachgeschosswohnung, anderthalb Jahre nach dem vereinbarten Termin. Der Zustand des Hauses in Mühlheim lässt sich schon nach dem Klingeln erahnen. Graf muss den Türöffner dreimal drücken. An der Treppe klafft eine große Lücke zwischen Platten und Geländer. „Ein Kind landete bis zur Hüfte im Loch“, beschreibt Graf mögliche Folgen. Den Fahrstuhl habe der TÜV noch nicht abgenommen.

In Grafs Wohnung wurde über eine Steckdosenöffnung einfach Tapete geklebt. Die Türe zur Dachterrasse klemmt, „in der Mittagshitze geht gar nichts“. Auf der Terrasse endet ein Abflussrohr über den unbeholfen verlegten Platten, um nur einige offensichtliche Mängel zu nennen.

Nur wer fit ist, kommt bei Feuer raus.
Nur wer fit ist, kommt bei Feuer raus. Die Dachfenster sind für eine Flucht viel zu schmal und lassen sich auch nicht weit genug öffnen. © Mangold

Auf Anschreiben bezüglich der Mängel, die unter die Gewährleistung fallen, reagiere der Geschäftsführer der GmbH nicht, „der ist abgetaucht“. Eine Anzeige wegen Betrugs habe die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, „ich fühle mich von den Behörden im Stich gelassen“.

Brandschutzbehörde habe zu Fall in Mühlheim ein Zwangsgeld festgesetzt

Rechtsanwalt Frank Cieslik erklärt, die Bauaufsicht verhalte sich stets unbarmherzig, wenn es darum gehe, Bürger zu Handlungen zu zwingen. Die Behörde erklärte im Oktober 2021 auf Anfrage unserer Zeitung zum Brandschutz im Objekt, weil „der Bauherr und Grundstückseigentümer seinen Verpflichtungen weiterhin nicht nachgekommen ist, hat die Bauaufsichtsbehörde zum 2. März 2021 ein Zwangsgeld festgesetzt. Darüber hinaus wurde gegen den Bauleiter ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, das aktuell noch läuft“.

Im Januar 2021 hatte die Behörde geschrieben, der Bauherr habe „die Wohnungen an die potenziellen Käufer übergeben, obwohl ihm die Brandschutzmängel bekannt waren. Die Übergabe erfolgte ohne Kenntnisnahme der Bauaufsichtsbehörde“. Rechtsanwalt Frank Cieslik sagt, die Bauaufsicht begründe ihre Passivität mit personellen Ausfällen. Die Behörde drohe indirekt, am Ende seien die Wohnungseigentümer die Gelackmeierten, die für den Brandschutz sorgen müssten. Man habe geschrieben, „mit dem Verkauf gingen Rechte und Pflichten auf den Käufer über“. Anwalt Cieslik fürchtet, um Dienstaufsichtsbeschwerden und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht herum zu kommen.

Das Bauamt erklärt auf schriftliche Anfrage telefonisch, man habe im Mai bei einem Bevollmächtigen der Hausverwaltung ein neues Brandschutzkonzept angemahnt. Auf die Frage, ob der Bauträger jetzt fein raus sei, heißt es, „nach unserer Kenntnis ist gegen den Geschäftsführer ein Gerichtsverfahren anhängig“. Vor welchem Gericht lasse sich gerade nicht eruieren, „die Leute sind im Urlaub“. (Stefan Mangold)

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