Das Protokoll beschreibt einen weiteren Schildbürgerstreich. Die Fenster im Dachgeschoss müssten mindestens 90 Zentimeter breit sein. Die Bauherr-GmbH habe sich aber für die Breite von 70 Zentimetern entschieden. „Weiterhin können die Dachfenster nicht ausreichend geöffnet werden“, heißt es außerdem.
Der 59-Jährige zog mit seiner mittlerweile nach schwerer Krankheit verstorbenen Lebensgefährtin im Oktober 2020 in die Dachgeschosswohnung, anderthalb Jahre nach dem vereinbarten Termin. Der Zustand des Hauses in Mühlheim lässt sich schon nach dem Klingeln erahnen. Graf muss den Türöffner dreimal drücken. An der Treppe klafft eine große Lücke zwischen Platten und Geländer. „Ein Kind landete bis zur Hüfte im Loch“, beschreibt Graf mögliche Folgen. Den Fahrstuhl habe der TÜV noch nicht abgenommen.
In Grafs Wohnung wurde über eine Steckdosenöffnung einfach Tapete geklebt. Die Türe zur Dachterrasse klemmt, „in der Mittagshitze geht gar nichts“. Auf der Terrasse endet ein Abflussrohr über den unbeholfen verlegten Platten, um nur einige offensichtliche Mängel zu nennen.
Auf Anschreiben bezüglich der Mängel, die unter die Gewährleistung fallen, reagiere der Geschäftsführer der GmbH nicht, „der ist abgetaucht“. Eine Anzeige wegen Betrugs habe die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, „ich fühle mich von den Behörden im Stich gelassen“.
Rechtsanwalt Frank Cieslik erklärt, die Bauaufsicht verhalte sich stets unbarmherzig, wenn es darum gehe, Bürger zu Handlungen zu zwingen. Die Behörde erklärte im Oktober 2021 auf Anfrage unserer Zeitung zum Brandschutz im Objekt, weil „der Bauherr und Grundstückseigentümer seinen Verpflichtungen weiterhin nicht nachgekommen ist, hat die Bauaufsichtsbehörde zum 2. März 2021 ein Zwangsgeld festgesetzt. Darüber hinaus wurde gegen den Bauleiter ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, das aktuell noch läuft“.
Im Januar 2021 hatte die Behörde geschrieben, der Bauherr habe „die Wohnungen an die potenziellen Käufer übergeben, obwohl ihm die Brandschutzmängel bekannt waren. Die Übergabe erfolgte ohne Kenntnisnahme der Bauaufsichtsbehörde“. Rechtsanwalt Frank Cieslik sagt, die Bauaufsicht begründe ihre Passivität mit personellen Ausfällen. Die Behörde drohe indirekt, am Ende seien die Wohnungseigentümer die Gelackmeierten, die für den Brandschutz sorgen müssten. Man habe geschrieben, „mit dem Verkauf gingen Rechte und Pflichten auf den Käufer über“. Anwalt Cieslik fürchtet, um Dienstaufsichtsbeschwerden und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht herum zu kommen.
Das Bauamt erklärt auf schriftliche Anfrage telefonisch, man habe im Mai bei einem Bevollmächtigen der Hausverwaltung ein neues Brandschutzkonzept angemahnt. Auf die Frage, ob der Bauträger jetzt fein raus sei, heißt es, „nach unserer Kenntnis ist gegen den Geschäftsführer ein Gerichtsverfahren anhängig“. Vor welchem Gericht lasse sich gerade nicht eruieren, „die Leute sind im Urlaub“. (Stefan Mangold)