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Mann wird trotz Attest mit Astrazeneca geimpft: „Fühle mich wie eine Zeitbombe“

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Von: Lukas Reus

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Britisches Vakzin trotz Attest? Ein 77-Jähriger fühlte sich zum Impfen überredet, der Kreis verteidigt die Einschätzung des Impfarztes. Symbolfoto: Hendrik Schmidt/dpa.
Britisches Vakzin trotz Attest? Ein 77-Jähriger fühlte sich zum Impfen überredet, der Kreis verteidigt die Einschätzung des Impfarztes. © Hendrik Schmidt/dpa

Nach dem Trubel um den Impfstoff von Astrazeneca hat sich ein 77-Jähriger wegen akuter Thrombose-Gefahr ein Attest geholt. Geimpft wurde er trotzdem mit dem britischen Vakzin.

Mühlheim – Erst der Impfstoff von Astrazeneca, dann auch der von Johnson & Johnson: Die sogenannten Vektorimpfstoffe haben wegen einigen Fällen von Thrombosen bei jüngeren Menschen mit einem schlechten Image zu kämpfen; viele haben Bedenken, sich diese Vakzine spritzen zu lassen.

So auch ein 77-jähriger Mühlheimer. Denn er hat eine Vorerkrankung, die ihn sehr anfällig für Thrombosen macht. Doch im Impfzentrum Heusenstamm wurde er, wie er berichtet, überredet, sich das britische Mittel spritzen zu lassen, trotz eines Attestes vom Hausarzt.

Aus Angst vor Thrombosen: 77-jähriger Mühlheimer hatte ernsthafte Bedenken bei Astrazeneca

„Ende Februar meldete ich mich telefonisch für die Impfung an, vier Wochen später hatte ich bereits meinen Termin im Impfzentrum“, sagt der Mann, der nicht namentlich genannt werden möchte. Der Mühleimer hat eine sogenannte Thrombophilie und hat deshalb Bedenken sich das Vakzin von Astrazeneca spritzen zu lassen, das für ihn vom Land Hessen vorgesehen ist. Unter Thrombophilie versteht man die erhöhte Neigung des Körpers zu Thrombosen unter anderem wegen veränderten Blutzellen, Gefäßwänden und Blutplasma.

„Meine Tochter schickte deshalb Anfragen an das hessische Innenministerium und das Service-Team Corona-Impfung“, sagt der Mühlheimer, „mir wurde dann mitgeteilt, dass ich mich deswegen direkt an den Impfarzt vor Ort wenden soll.“

Mühlheimer fürchtet sich nach Astrazeneca-Impfung: „Fühle mich wie eine Zeitbombe“

Danach ging der Mühlheimer zu seinem Hausarzt. Dieser habe ihm ein Attest geschrieben, auf dem ihm die Krankheit bestätigt wurde. Damit erhoffte sich der Mühlheimer einen anderen Impfstoff wie etwa den von Biontech zu bekommen. Am Tage der ersten Impfung habe er schon beim Empfang im Impfzentrum einen gewissen Druck verspürt: „Das Aufklärungsformular ließ mich die Frau dort gleich unterschreiben, ohne mir die Gelegenheit zu geben, es richtig zu lesen“, berichtet der Mann, „dann kam ich zum Impfarzt, dem legte ich mein Attest vor, er ignorierte es aber.“

Stattdessen habe der Arzt ihm eine halbe Stunde davon berichtet, wie gut der Impfstoff doch sei und er denen von Biontech und Moderna in nichts nachstehe. „Ich habe mich dadurch unter Druck gesetzt gefühlt und habe dann einfach zugestimmt. Nun fühle ich mich wie eine Zeitbombe.“

Er habe nun Bedenken, dass es doch noch zu einer Thrombose bei ihm komme. „Ich habe nun gehäuft Kopfschmerzen und Herzrasen, weiß aber natürlich nicht, ob das jetzt mit dem Impfstoff zu tun hat.“ Deshalb sei er bereits bei seinem Hausarzt gewesen, der ihm aber auch nicht weiter helfen konnte. „Ich weiß noch nicht, ob ich die zweite Impfung im Mai wahrnehme.“

Nach Astrazeneca-Spritze: Impfung beim Hausarzt war zum Zeitpunkt des Termins nicht möglich

Der Kreis Offenbach, der das Unternehmen Ecolog GmbH mit dem Betrieb des Impfzentrums in Heusenstamm beauftragt hat, verkündet auf Nachfrage, dass es generell nicht möglich sei, zwischen verschiedenen Impfstoffen zu wählen. „Es gibt nur sehr wenige medizinische Gründe, die gegen eine Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca sprechen.

Ein sehr hohes Thromboserisiko gehört nicht dazu“, sagt eine Sprecherin des Kreises, „die medizinische Verantwortung trägt der Impfarzt. Wenn ein Hausarzt zu einer anderen Einschätzung kommt, wie die Ärztinnen und Ärzte im Impfzentrum, kann dieser seinen Patienten auch impfen.“ Außerdem sei es letztlich die freie Entscheidung jeder Person sich impfen zu lassen.

Doch zum Zeitpunkt der Impfung war es für den 77-Jährigen noch nicht möglich, sich bei seinem Hausarzt zu impfen: „Erst zwei Wochen später war das möglich“, erzählt er, „nun ist es passiert, viele berichten von äußerst positiven Erfahrungen im Impfzentrum, für mich war das leider nicht der Fall.“ (Lukas Reus)

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