Prozess um mutmaßlichen Werkzeugdieb wird neu gestartet
Mühlheim - Vor dem Schöffengericht in Offenbach kam es zur Wiederholung eines Prozesses. Richter Manfred Beck musste sich jedoch wie Lehrer Bömmel aus der Feuerzangenbowle beim Thema Dampfmaschine geben: „Da stelle mer uns janz dumm.“ Von Stefan Mangold
Offiziell sollten Beck und Staatsanwalt Christian Dilg vergessen, was während der Verhandlungstage 2017 passierte. Die Schöffen waren andere. Ein Urteil fiel noch nicht. Eine Hauptverhandlung darf nicht länger als drei Wochen unterbrochen werden. Im vergangenen Jahr hatte Verteidiger Ioannis Minas für den nächsten Prozesstag Zeugen angekündigt, die mit dem Angeklagten B. an einem Tattag Karten gespielt haben sollen. Den Termin versäumte sein Mandant jedoch. Dem 31-Jährigen war am Tag vorher eingefallen, in seiner griechischen Heimat eine Prüfung ablegen zu müssen. Beck erließ Haftbefehl, der später jedoch aufgehoben wurde.
Zur Erinnerung: Am 13. November 2016 stoppte die Polizei auf der Mühlheimer Straße in Offenbach einen Kleinlastwagen. Am Steuer saß B. Außerdem begrüßte die Polizei zwei Stammkunden in Sachen Diebstahl. Im Inneren lag das Werkzeug aus dem eben aufgebrochen Wagen eines Dietesheimer Gärtners. Auch der Geschädigte muss wieder aussagen. Er kann froh sein, dass eine Nachbarin den nächtlichen Krach gehört hatte, die Ziffern auf dem Nummernschild der Täter notierte und danach 110 wählte.
B. behauptet über seinen Anwalt, solange von einem normalen Transport ausgegangen zu sein, bis er das Klirren einer Scheibe hörte und die beiden Männer Werkzeuge in seinen Wagen trugen.
Ein Polizist sagt aus, er habe bei der Verhaftung den Eindruck gewonnen, B. habe gewusst, dass eine krumme Sache geplant sei, „dass man nicht nur fröhlich spazieren fahren will“. Anwalt Ioannis Minas hatte vergeblich versucht, die Aussage des Polizisten zu verhindern. Sein Mandant hätte wegen mangelnder Deutschkenntnisse die Belehrung und die erste Befragung nicht verstanden. Außerdem müssten Ausländer darauf hingewiesen werden, dass sie mit ihrem Konsulat Kontakt aufnehmen können.
Staatsanwalt Christian Dilg klagt B. für weitere Diebstähle ähnlicher Machart an, in Kooperation mit dem mittlerweile zu 33 Monaten Haft verurteilten P., mit dem ihn die Ermittler gestellt hatten. P. sagt aus, B. habe nicht nur an weiteren Brüchen teilgenommen, sondern sei stets auch beim Verkauf zugegen gewesen. Der im November 2016 ebenfalls verhaftete I., der seine Strafe mittlerweile absaß, betont, niemals beim Verkauf durch P. dabei gewesen zu sein. Dort setzt Anwalt Minas an, dem es mit viel Mühe gelingt, dem Zeugen auf die Frage nach der prinzipiellen Glaubwürdigkeit des zwölffach vorbestraften P. ein „50 zu 50“ zu entlocken.
Im Raum stehen zwei Daten, zu denen P. erklärt, der Angeklagte sei mit ihm in Sachen Werkzeugdiebstahl unterwegs gewesen. Zu dem einen Zeitpunkt will der Angeklagte mit dem Vater im Auto von Griechenland nach Offenbach gefahren sein. Normalerweise können sich Zeugen nach zwei Jahren maximal bruchstückhaft erinnern. „Ich werde die Wahrheit sagen“, kündigt der Vater an, was Richter Beck erfreut: „Das ist immer gut.“ In der Folge wundert sich der Vorsitzende ob der außergewöhnlichen Gedächtnisleistung, die auch Mutter und Schwester beweisen: Alle erinnern präzise, dass B. am 13. Oktober 2016 gegen Mittag in der elterlichen Wohnung eintraf, auch in diesen Tagen soll er einen Bruch begangen haben.
Archivbilder
Den Aussagen des belastungseifrigen P. hört der Angeklagte ruhig zu. Die Ladung der früheren Arbeitskollegen, die für den 21. Oktober 2016 ein Kartenspiel bezeugen sollen – auch für diesen Tag wird ihm ein Einbruch zur Last gelegt – stellt sich als Schuss in den Ofen heraus. Beide erklären, ja, man habe sich einmal mit weiteren Leuten zum Grillen getroffen, aber keiner will sich auf ein Datum festlegen. Die Erinnerung reicht lediglich an ein „es war schönes Wetter, sonst hätten wir nicht auf dem Balkon gesessen“. Das Urteil soll bald fallen.
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