1. Startseite
  2. Region
  3. Mühlheim

„Wir wollen BC 007“: Initiative fordert Zulassung des Medikaments gegen Long Covid

Erstellt:

Von: Theresa Ricke

Kommentare

Long Covid bezeichnet die Langzeitfolgen einer Corona-Infektion – Auswirkungen noch unklar. Eine Initiative fordert nun die Zulassung eines bestimmten Medikaments.

Mühlheim – Wer zum Arzt geht, verlässt sich meist auf dessen Rat. Ulrike Hof aus Mühlheim leidet an Long Covid und hat die Erfahrung gemacht, dass sie sich bei ihrer Erkrankung besser auskennt als mancher Mediziner. Daran will sie mit der Initiative #nichtgenesen unter anderem aufmerksam machen.

Sie liegen fast den ganzen Tag im Bett. Das Zimmer ist abgedunkelt, weil Licht zusätzliche Schmerzen verursacht. Ein Rundgang durch die Wohnung am Tag ist möglich. Mehr nicht. So geht es manchen Long-Covid-Patienten nach ihrer Corona-Erkrankung, die Ulrike Huf kennengelernt hat. Es handelt sich um Menschen – manchmal noch Schüler –, die nach einer Infektion an Spätfolgen leiden. Niemand weiß, weshalb es genau diese Menschen trifft.

„Wir sind nicht schuld, dass wir krank geworden sind. Wir sind alle vernünftig und haben uns geschützt“, sagt Huf, die sich wie viele andere Menschen aus Offenbach und der Umgebung mit dem Corona-Virus infiziert hatte. Auch die Awo-Geschäftsführerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Mühlheim leidet an Long Covid. Ist seit Juli 2021 arbeitsunfähig. Sie ist der Meinung, dass Long-Covid-Patienten vergessen werden. Sie hat sich deshalb der Initiative #nichtgenesen angeschlossen, um das zu ändern. Und um die Zulassung eines Medikaments voranzutreiben, das vielen Menschen helfen könnte, die unter Covid-Spätfolgen leiden.

Offiziell genesen - und doch noch nicht wieder fit. Ein Teil der Long-Covid-Betroffenen erlebt große Erschöpfung und fordert nun die Zulassung eines Medikaments (Symbolbild).
Offiziell genesen - und doch noch nicht wieder fit. Ein Teil der Long-Covid-Betroffenen erlebt große Erschöpfung und fordert nun die Zulassung eines Medikaments (Symbolbild). © Zacharie Scheurer/dpa

Zulassung von Medikament gegen Long Covid könnte Menschen auf der ganzen Welt helfen

Es heißt BC 007. Die Arznei des Berliner Start-ups „Berlin Cures“ wurde nicht gegen Long Covid entwickelt. Doch in einer Augenklinik in Erlangen konnte 2021 erstmals ein Mann mithilfe von BC 007 von seinen Beschwerden befreit werden.

Ein Lichtblick für Menschen wie Ulrike Huf. Doch das Medikament ist noch nicht zugelassen. „Wir wollen BC 007“, sagt Huf und spricht über die Gemeinschaft an Long-Covid-Patienten, mit denen sie über die Sozialen Medien verknüpft ist. Sie kommen nicht nur aus Deutschland, sondern zum Beispiel auch aus den Niederlanden und den USA. Das Problem: „In unserer Blase kennt jeder BC 007. Aber nicht in der Politik.“

„Oft wurde ich nicht ernst genommen.“

Ulrike Huf, Long Covid Betroffene

30 Millionen Euro soll eine Zulassungsstudie kosten. Diese Mittel könne das Berliner Unternehmen allein nicht aufbringen. Deshalb hat sich Huf dazu entschlossen, ihre Situation gemeinsam mit vier anderen Betroffenen in die Öffentlichkeit zu tragen und die politischen Entscheidungsträger zum Handeln zu bewegen.

Fordern die Zulassung für ein Medikament gegen Long Covid: das Team von #nichtgenesen.
Fordern die Zulassung für ein Medikament gegen Long Covid: das Team von #nichtgenesen. © Privat

Erfahrungen mit Long Covid: „Am schlimmsten war die unglaubliche Erschöpfung.“

Seit zwei Wochen gibt es das Projekt, und auf ihrem Instagram-Profil finden sich bereits die Porträts von 300 Menschen, die wegen Long Covid arbeitsunfähig sind. „Es gibt keine offizielle Zahl der Betroffenen. Wenn man von einer Million ausgeht, kostet das den Staat jährlich acht Milliarden Euro. Das hat Timo aus unserem Team ausgerechnet. Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm“, sagt Huf. Reaktionen auf Kommentare von Gruppenmitgliedern bei Twitter oder auf diverse E-Mails an verschiedene Politiker in Berlin, darunter auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach, habe es bisher nicht gegeben.

Kennengelernt hat sich das Team in einer Selbsthilfegruppe bei Facebook. Dort hat Huf Unterstützung gesucht, da es keine Therapie für Long Covid gibt und sie die Erfahrung gemacht hat, dass viele Ärzte sich weniger mit dem Thema auskennen als sie selbst. „Oft wurde ich nicht ernst genommen. Dann hieß es, das sei alles psychosomatisch und ich solle mich einfach mehr bewegen“, erzählt Huf.

Sorge vor weiteren Long Covid Symptomen

Long Covid werde oft nicht als Krankheit anerkannt. Dabei sei der vergangene Sommer, als sie deswegen arbeitsunfähig wurde, sehr schwer gewesen: „Ich konnte nicht mehr rechnen, Texte nicht mehr verstehen. Dazu kamen unter anderem massive Kopfschmerzen und Herzrhythmusstörungen. Aber am schlimmsten war die unglaubliche Erschöpfung.“

Mittlerweile geht es ihr besser. Huf vermutet, dass es an den Nährstoffen liegt, die sie nimmt. Und sie hat gelernt, mit ihrer Energie sparsam umzugehen. „Die guten Tage werden mehr, aber sind immer noch nicht wie früher.“ Außerdem treibt sie die Sorge um, dass sich noch neue Symptome einstellen. Eine Therapie würde da helfen. (Theresa Ricke)

Auch interessant

Kommentare