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Mühlheimer sammeln Spenden für Ukrainer: Ein 40-Tonner reicht nicht aus

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Enorme Hilfebereitsschaft: In der Willy-Brandt-Halle sammeln Freiwillige Spenden, die per LKW ins ukrainische Kriegsgebiet gebracht werden.
Enorme Hilfebereitsschaft: In der Willy-Brandt-Halle sammeln Freiwillige Spenden, die per LKW ins ukrainische Kriegsgebiet gebracht werden. © m

„Wir planen langfristig“: In Mühlheim (Kreis Offenbach) organisieren Freiwillige Spenden für die Ukraine.

Mühlheim – Ana hat in einer E-Mail um Hilfe gebeten. Die Nachricht der jungen Ukrainerin hat die richtige Adresse erreicht, nämlich die von Alexandra Weißbarth. Die Mühlheimer Studentin hat bereits in einer Koordinationsgruppe für das von der Flut zerstörte Ahrtal mitgewirkt und organisiert nun einen Hilfstransport. Vor 14 Tagen lotste sie die junge Frau aus dem Kriegsgebiet in die Mühlenstadt.

Heute lebt Ana in einer Wohngemeinschaft mit der Cousine der Helferin und beschriftet in der Willy-Brandt-Halle Pakete mit Spenden für ihre Landsleute auf Kyrillisch.

„Sie will etwas tun“, beschreibt die Mitorganisatorin des jüngsten Hilfstransports aus Mühlheim die neue Bewohnerin. Ana lernt intensiv über Online-Kurse Deutsch und komme gut mit ihrer Gastgeberin aus, „sie sind schon enge Freundinnen“. Für die Sammelaktion hat sie Jennifer Gehrke gewonnen, die bei den Wirtschaftsjunioren der IHK Offenbach engagiert ist.

Bürgerhaus in Mühlheim steht für Ukraine-Hilfe zur Verfügung

Geschäftsführer Martin Deiß hat das Bürgerhaus zur Verfügung gestellt, der Fliesenfachbetrieb Chmiel hat selbst Güter gesammelt, vorsortiert, und mit zwei Sprintern zur Halle gebracht. Dort arbeiten am Samstag insgesamt 15 Ehrenamtliche, beladen am Mittag einen 40-Tonner-Auflieger. Doch selbst dieses Fahrzeug kann nicht alle Spenden fassen. Die beiden Frauen telefonieren, fragen in die Runde.

Einer, der eben noch kartonweise Hilfe herbeigeschleppt hat, ruft zurück, bestätigt, Lagerraum geht klar. Ein weiterer LKW wird vom Malteser-Hilfsdienst aus Nürnberg geschickt, Spenden für Diesel-Kraftstoff und Maut gehen fast im Minutentakt auf dem Online-Konto ein, zeigt Jennifer Gehrke den aktuellen Stand: rund 1800 Euro, und diese Summe brauchen sie für Hin- und Rückfahrt, lautet die Erfahrung von einer ersten Fahrt.

„An ungarischen Tankstellen war die Abgabe zeitweise auf zehn Liter pro Wagen begrenzt, Spediteure hingen fest und hatten dann erhebliche Probleme am Zoll“. In Neunsitzern werden Geflüchtete mitgenommen. Zuerst war es eine ältere Dame, die keine Herztabletten mehr hatte. Die Enkeltochter musste die Oma überzeugen, ihre Heimat zu verlassen.

„Ukrainische Armee hatte bereits die Straßen vermint“

Dann kämpften die Mühlheimerinnen um Nina aus dem ländlichen Nordosten von Kiew. „Ihr Mann ist zu 95 Prozent erblindet, sie haben drei Söhne, eine Katze, Auto und 500 Euro. Doch die ukrainische Armee hatte bereits die Straßen vermint.“ Begleitet von einem internationalen Team war die Familie acht Tage unterwegs, die Route musste wegen Beschuss immer wieder übers Handy geändert werden, an der Strecke wurden private Gastgeber ausgemacht.

Sechs Stunden mussten sie bei Minusgraden an der Grenze zu Moldawien warten, zogen sich Frostbeulen zu. „Die Leute wollten so weit weg wie möglich, haben jetzt Aufnahme in Nizza gefunden“, berichtet Alexandra Weißbarth. Sie arbeitet mit mehreren Hilfsorganisationen zusammen, die in ein weltumspannendes Netzwerk eingebunden sind. Dazu zählen auch die Firma Tillmann Verpackungen, die Kartons und Folie bereitgestellt hat, sowie Cardo mit einem Zweieinhalb-Tonnen-Stapler.

Rathaus unterstützt Ukraine-Hilfe in Mühlheim

Die Kita „Wilde Zwerge“ hat sechs Transporter Material sortiert und beschriftet und 530 Euro gebracht, der Lions-Club Mühlheim ist im Boot und die Main-Apotheke. „Die Unterstützung aus dem Rathaus ist fantastisch“, betont die Initiatorin, „sämtliche Stellen helfen uns“. Dringend benötigt werden fiebersenkend Medikamente, Wundversorgung, Lebensmittel-Konserven, Thermowäsche, Matratzen, Bettzeug, Isomatten, Hilfsmittel wie Kinderwagen, Krücken, Rollatoren und Rollstühle.

„Wir planen langfristig und bauen eine humanitäre Südroute auf, arbeiten mit Organisationen am Stützpunkt im rumänischen Suceava“, heißt es. Der Ort liegt zentral zu vier Grenzübergängen in die Ukraine. (Michael Prochnow)

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