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„Sie können nicht mehr jedermanns Liebling sein“

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Von: Barbara Scholze

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Wie geht’s weiter? Die Stadt Mühlheim steht weiter ohne Haushalt für 2022 da. Eine Einigung zwischen der Allianz für Mühlheim, der SPD und dem Bürgermeister ist nicht absehbar.
Wie geht’s weiter? Die Stadt Mühlheim steht weiter ohne Haushalt für 2022 da. Nun hat Walter Bauer einen Bürgerhaushalt zusammengestellt. © häsler

Was der Politik bisher nicht gelungen ist, hat Walter Bauer offenbar geschafft: In akribischer Kleinarbeit hat der Mühlheimer sich dem Etat der Stadt gewidmet und daraus eine Art Bürgerhaushalt erstellt. Dabei sei sein Zahlenwerk nicht in Stein gemeißelt, betont der Beiratsvorsitzende der Kickers Viktoria. „Ich will aufzeigen, dass ein Haushalt machbar ist, die Schwerpunkte können auch anders gesetzt werden“, sagt er.

Mühlheim – Wie berichtet, mangelt es der Mühlenstadt aufgrund von Deckungslücken noch immer an einem genehmigten Haushalt fürs laufende Jahr. Die Allianz für Mühlheim (CDU, Grüne, FDP und Bürger für Mühlheim) wirft dem Bürgermeister Untätigkeit vor, der wiederum stellt fest, er habe seine Arbeit getan. Indes zieht die fehlende Genehmigung eine vorläufige Haushaltsführung nach sich, in der freiwillige Leistungen nicht möglich sind.

Nach Bauers Ansicht ist es an der Zeit, über die derzeitigen Diskussionen hinaus zu denken. Die Verwaltung stehe auch wegen der weltpolitischen Situation vor Herausforderungen, die Verantwortlichen müssten „raus aus ihrer Hängematte“. Bauer sagt: „Sie können nicht mehr jedermanns Liebling sein.“ Man brauche keine Bedenkenträger, sondern Stadtverordnete, die Chancen sehen und Möglichkeiten umsetzen.

Für seine konkreten Vorschläge hat Bauer den Haushalt unter die Lupe genommen. „Niemand kann sagen, die Zahlen wären nicht einsehbar, es ist alles auf der Webseite der Stadt zu finden.“ Um positive Ergebnisse zu erreichen, nimmt er auch die Gesellschaft in die Plicht. „Die überzogene Alimentierung muss ein Ende haben.“ Entsprechend fallen seine Vorschläge aus, sodass unterm Strich ein Konsolidierungsbetrag von 4,8 Millionen Euro steht. So könnte eine Erhöhung der Grundsteuer B um 50 Prozent zusätzliche 500 000 Euro in die Stadtkasse spülen, gefordert sind unter anderem auch die Nutzer der VHS, die künftig kostendeckend arbeiten soll. Ebenso könnten Eltern mit höheren Beiträgen in der Schulbetreuung zu ausgeglicheneren Stadtfinanzen beitragen. Sparen will Bauer zudem bei der Jugendpflege und der Vereinsbezuschussung. Auch die Sach- und Dienstleistungen und die Stellen der Stadt stehen auf seinem Prüfstand.

Trotz der Einsparungen setzt der Verfasser des Bürgerhaushaltes darauf, dass es gelingt, die Stadt mitsamt den Sportstätten attraktiv zu entwickeln und Feste zu feiern. Aber: „Es genügt nicht, den Haushalt nur auf die Erfüllung der Aufgaben des laufenden Haushaltsjahres auszurichten“, sagt er. Es müssten die Bedürfnisse der kommenden Jahre berücksichtigt werden. Richten soll es ein „Neues Kommunales Finanzmanagement“, das Darstellung, Transparenz und intergenerative Gerechtigkeit beinhaltet.

Interesse an dem Bürgerhaushalt zeigen inzwischen unterschiedliche Parteien, auch aus der Allianz, die Bauer zu einem Gespräch eingeladen haben. Lob kommt von Bürgermeister Daniel Tybussek: „Das Werk ist eine tolle ehrenamtliche Arbeit und eine gute Grundlage bürgerseits.“ Auch wenn er selbst, etwa bei VHS, Musikschule und Stadtbücherei, etwas anders entscheiden würde. Bauer habe sich intensiv mit dem Etat auseinandergesetzt und seine Sichtweise eingearbeitet. „Dabei hat er weniger Instrumente an die Hand bekommen als die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung, denen unter anderem regelmäßig die Quartalsberichte zugehen, zuletzt Ende September“, sagt Tybussek. Der Bürgermeister kündigt an, der kommende Haushalt werde sämtliche Positionen so darstellen, dass eventuelle Sparpotenziale ersichtlich sind. (Barbara Scholze)

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