Maßloser Umgang mit Sitzungsgeld im Kreis Offenbach: „Die AfD zockt die Stadt ab“
Politische Arbeit oder maßloser Umgang mit Sitzungsgeld? In Mühlheim liegt wohl zweiteres vor. Dem wollen die sechs anderen Fraktionen nun Einhalt gebieten.
Mühlheim – Seit Beginn der Legislatur, also seit April 2021, hat die AfD-Fraktion vier Anträge zu insgesamt 14 Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung eingereicht. Zum Vergleich: Die Allianz für Mühlheim (CDU, Grüne, Bürger für Mühlheim, FDP) kommt auf 32 (dazu 16 Änderungsanträge), die SPD auf 23, die Fraktion auf zwölf.
Im Kontrast dazu steht das, was die AfD als Aufwandsentschädigung, die jedem ehrenamtlichen Politiker zusteht, abrechnet. Im genannten Zeitraum kommen Fraktionschef Hans-Joachim Förster und der Stadtverordnete Michael Fraundorf auf 9 240 Euro an Aufwandsentschädigung für Fraktionssitzungen. Auch da lohnt sich ein Blick auf die anderen: Die FDP, ebenfalls zu zweit, hat 2 415 Euro abgerufen, die CDU mit neun Mann kommt auf 18 139,07 Euro. Insgesamt haben alle sieben Fraktionen zusammen in dieser Legislatur bislang 68 079,91 Euro für Fraktionssitzungen berechnet.
AfD-Umgang mit Geldern in Mühlheim: „Eine schamlose Ausnutzung des Systems“
Durch eine Anfrage der FDP liegen die Zahlen jetzt auf dem Tisch. „Eine schamlose Ausnutzung des Systems“ nennt das Dr. Jürgen Ries, Fraktionschef der Bürger für Mühlheim (BfM). Illegal ist das nicht, was die AfD gemacht hat. Moralisch könnte man es als verwerflich betrachten. Heruntergebrochen hat die AfD nämlich pro eingereichtem Antrag 2 310 Euro abgerechnet. Eine exorbitante Summe, auch vor dem Hintergrund des arg gebeutelten Stadtsäckels.

Dem haben die sechs anderen Fraktionen nun einen Riegel vorgeschoben. „Wir müssen sie ertragen, aber wir werden ihnen das nicht durchgehen lassen“, begründet Ries bei der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten den Beschluss, die ersatzpflichtigen Fraktionssitzungen auf 60 pro Kalenderjahr zu deckeln (wir berichteten). Also etwa eine Sitzung pro Woche, was durchaus üblich ist. Das haben CDU, SPD, Grüne, BfM, FDP und Die Fraktion gemeinsam entschieden.
Mühlheim: Andere Parteien wollen Verhalten der AfD bloßstellen
„Es hat sich die breite Mehrheit gebildet, um ihr Verhalten bloßzustellen“, sagt Marius Schwabe in Richtung der AfD. Für den CDU-Frontmann ist ganz klar: „Die AfD zockt die Stadt ab.“ SPD-Fraktionschef Harald Winter betont, Kommunalpolitik bedeute viel ehrenamtliche Arbeit, „deshalb darf es auch Geld kosten“. Aber wenn dies ausgenutzt werde, müsse man dem auch Einhalt gebieten. „Schön, dass alle demokratischen Parteien dabei zusammenstehen“, findet der SPD-Bürgermeisterkandidat.
Der Gegenschlag ließ nicht lange auf sich warten: Förster, entgegen mancher seiner Auftritte im Kreistag, in Mühlheim bislang eher zurückhaltend bis unsichtbar, poltert drauflos, beleidigt die anderen Fraktionen als „Mühlheimer Einheitsfront“ und lässt sich auch durch mehrmalige Ermahnungen von Stadtverordnetenvorsteherin Gudrun Monat (Grüne) nicht bremsen. „Wir haben uns nicht ins Parlament geputscht, die Bürger haben uns gewählt, weil sie mit ihrer Politik unzufrieden sind“, behauptet Förster und fordert die anderen dazu auf, mit „gutem Beispiel voranzugehen und keine Sitzungen abzurechnen“. Dann werde man selbst auch auf Sitzungsgeld verzichten, beteuert der AfD-Fraktionschef.
Diese Aussage kontert Schwabe: „Sie haben so viele Fraktionssitzungen, nehmen sie da doch mal die HGO (Hessische Gemeindeordnung, Anm. d. Red.) in die Hand. Aufwandsentschädigung ist Gesetz.“ Bemerkenswert: Den Antrag der anderen Fraktionen lehnen Förster und Fraundorf nicht ab – sie enthalten sich. (Ronny Paul)
Nicht nur auf finanzieller Ebene erhält die AfD Gegenwind, bereits 2021 äußerte sich die Organisation Bunt gegen Braun zur Kandidatur der AfD in Mühlheim.