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Von Äbbelwoi und Traktoren: Großes Fest der Streuobstfreunde auf dem Gailenberg

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Von: Michael Prochnow

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Alles einsteigen: Mit ihren gut erhaltenen Traktoren haben die Streuobstfreunde zu gemütlichen Rundfahrten eingeladen und Besucher dabei auch mit historischen Informationen zum Thema Apfelwein versorgt.
Alles einsteigen: Mit ihren gut erhaltenen Traktoren haben die Streuobstfreunde zu gemütlichen Rundfahrten eingeladen und Besucher dabei auch mit historischen Informationen zum Thema Apfelwein versorgt. © prochnow

Die Streuobstfreunde Mühlheim-Hanau haben ein großes Familienfest veranstaltet und die erwachsenen Besucher dabei rund um das Thema Apfelwein informiert.

Mühlheim – Na und? Gedeihen wegen Klima und Bodenbeschaffenheit keine Trauben, dann gärt eben anderes Obst zu Wein. So ist das auf dem Gailenberg, dort wachsen besonders gut alte Apfelsorten, die Lämmerspieler, Dietesheimer, Mühlheimer und Steinheimer bis heute zu Äbbelwoi verarbeiten. Das lehrten die Streuobstfreunde Mühlheim-Hanau jüngst an ihrem Streuobsttag.

Der Apfelwein ist als Cidre, Cyder und Sidra in Frankreich, England und Spanien beliebt, informierte der Verein mit Tafeln, die der Vorstand auf der Wiese aufgestellt hatte. Die Version im Nachbarland sei nicht ganz durchgegoren und schäume stark, die englische Variante weise mit acht bis neun Prozent deutlich mehr Alkohol und Aromastoffe auf. Und auch in Deutschland startete die Erfolgsgeschichte des Äpplers schon früh.

Einer der ersten Hinweise stammt aus dem Jahr 1601 aus Hochstadt, wo die Herstellung von Apfelwein beschrieben wurde. Im heutigen Maintal wurde 1779 die erste gewerbliche Kelterei gegründet. „Apfelweinaufseher“ trieben bei den „Apfelweinzäpfern“ Steuern ein. Das Weinpanschen mit Traubenmost und Äpfeln oder Birnen war unter Strafe gestellt, lernten die Gäste auf dem Gailenberg.

In Steinheim ist der Ausschank von seit 1740 dokumentiert. Im 19. Jahrhundert gab es um Groß-Steinheim rund 14 000 Obstbäume und sechs Apfelweinkeltereien. Der lutherische „Obst-Pfarrer“ Johann Ludwig Christ aus Kronberg betrieb Baumschulen und unterrichtete Kleinbauern. Er verfasste zahlreiche Schriften über die Pomologie.

Kreativ an der frischen Luft: Unter freiem Himmel ist auch das Bastelangebot nicht zu kurz gekommen.
Kreativ an der frischen Luft: Unter freiem Himmel ist auch das Bastelangebot nicht zu kurz gekommen. © Prochnow, Michael

Sein katholischer Kollege Korbinian Aigner verfasste in Oberbayern wiederum Portraits von Apfel- und Birnensorten, hielt Vorträge über den Obstbau. Heute gebe es weltweit mehr als 20 000 Apfelarten. Ein Lexikon von 1843 nennt als Kelteräpfel unter anderem den deutschen Peping, den Pfundapfel sowie den Mätapfel. Aber eigentlich seien „fast alle guten Arten sehr tauglich“, heißt es in dem Handbuch.

Ab 1899 gründeten sich im Kreis Hanau dann einige Obstbauvereine, die bei Anpflanzung und Pflege unterstützten und Wettbewerbe ausrichteten. Nach 1945 formierten sich die Vereine neu. Im Januar diesen Jahres gründeten sich die Streuobstfreunde Mühlheim-Hanau.

Bei deren Streuobsttag zeugten von den „guten alten Zeiten“ unter anderem Traktoren von Bruno Schmück und Bernd Schwerzel, die Kinder zu Rundfahrten einluden. Vereinskassiererin Andrea Plotzitzka-Geiger stattete mit dem Nachwuchs kleine Insekten-Unterkünfte aus, Vorsitzender Rainer Kraft stellte die neue Schäferin Melanie Brost mit ihrer Herde vor.

Frank Zimmermann ist Manager bei einer Fluggesellschaft, beherrschte den Sensenschwung jedoch schon als Kind. „Immer am Boden und aus der Hüfte heraus“ werde das Mäh-Werkzeug bewegt, lehrte er seinen erwachsenen Schülern.

Die Streuobstfreunde erläuterten auf zwei Führungen auch die Boden-Beschaffenheit auf dem Gailenberg: Der Sand hält kaum Wasser, dafür der Basaltgrund darunter, doch den müssen die kurzen Wurzeln der jungen Bäume erst mal erreichen. (Michael Prochnow)

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