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Wahrzeichen wird zu Museum

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Von: Stefan Mangold

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Vor Kammrädern mit 500 eingesetzten Zähnen (v.l.): Daniel Tybussek, Klaus Schäfer, Sabine Neumann, Till Böttcher und Nina Massie-Meyer.
Vor Kammrädern mit 500 eingesetzten Zähnen (v.l.): Daniel Tybussek, Klaus Schäfer, Sabine Neumann, Till Böttcher und Nina Massie-Meyer. © Mangold

Die Seele einer Gemeinde liegt in ihren historischen Gebäuden. Verschwinden die alten Häuser, verliert sich die Identität. Mit großem Aufwand und viel Sinn fürs Detail ließ die Stadt Mühlheim über Jahre die Brückenmühle sanieren. Mühlheims Wahrzeichen, das der Volksmund „Krebs’sche Mühle“ nennt, wird von nun an als Treffpunkt und lebendiges Museum dienen.

Mühlheim – Bürgermeister Daniel Tybussek (SPD) betonte bei einer Vorabbesichtigung des sanierten Gebäudes, die Brückenmühle sei im Kreis Offenbach die einzige, deren Rad sich noch drehe. Im Moment jedoch nicht, auch wenn sich die Mühle in dem technisch wohl besten Zustand ihrer Geschichte befindet. Der Grund: „Seit elf Wochen fließt das Wasser in der Rodau viel zu niedrig.“ Die Grafikdesignerin Sabine Neumann dürfte über die Brückenmühle so viel wissen, wie nur wenig andere. Die Ginsheimerin konzipierte die ständige Ausstellung, erstellte die Tafeln und stimmte die Texte mit dem in Sachen „Krebs’sche Mühle“ voll engagierten Mühlheimer Geschichtsverein ab. Neumann erzählt auch von dem Kammrad der Mühle, das die Firma Schumann vor drei Jahren erneuerte: „In jede der 500 Aussparungen passte man mit der Hand die hölzernen Zähne an“.

Mit der Industrialisierung zum Ausgang des 19. Jahrhunderts verschwanden die Mühlen in Deutschland nach und nach, mit ihnen die Mühlenbauern. Gottfried Schumann aus dem sächsischen Dorf Mulda beherrscht als einer der weltweit wenigen noch das Handwerk.

Das Risiko, sich in der Brückenmühle mit irgendeinem Pfusch herumschlagen zu müssen, wollte bei der Stadt niemand eingehen, „deshalb warteten wir, bis Schumann nach gesundheitlichen Problemen wieder auf dem Damm war“, nannte Klaus Schäfer, Fachbereichsleiter für Kultur, den Grund, warum sich die Sanierung länger hinzog, als ursprünglich geplant.

Projektleiterin Nina Massie-Meyer konstatiert, für den Sachsen sei ein Auftrag wie die Krebs’sche Mühle nicht einfach Arbeit, die erledigt werden muss: „Meister Schuhmann hängt mit sehr viel Herzblut dran“.

Till Böttcher, im Fachbereich VII für städtische Liegenschaften zuständig, hebt auch die Architektin Thekla Sturm hervor, spricht von den Sanierungen des hölzernen Tragwerks, des mit Biberschwanzziegeln belegten Daches oder des Dielenbodens. Der Teil war bereits vor drei Jahren abgeschlossen.

Von den zwölf Mühlen an der Rodau überlebte die Brückenmühle als einzige. Klaus Schäfer erzählt von der Nebenerwerbslandwirtschaft seiner Eltern, die ihr Korn noch bis in die 1980er Jahre in die Brückenmühle zum mahlen brachten. Antonie Krebs, Mühlheims letzter Müllerin, ist 2013 verstorben. Die Mühle überlebte so lange als einzige in der Stadt, weil man technisch aufgerüstet hatte, etwa in ein Becherwerk investiert hatte, womit sich Weizen oder Roggen wesentlich feiner in Mehl verwandeln ließ als mit den alten Mahlsteinen. Sabine Neumann erzählt, dass sie erst durch ihre Arbeit an dem Thema erfahren habe, „dass grobkörniges Mehl in früheren Zeiten die Backenzähne in Mitleidenschaft zog“. Trotz der Sanierung des Gebäudes und der Instandsetzung der Technik, die Atmosphäre in der Mühle veränderte sich nicht, auch dieser ganz besondere Geruch alter Gebäude und Maschinen blieb erhalten.

Bürgermeister Tybussek hofft, die Mühle werde sich zu einem Treffpunkt für alle Generationen entwickeln. Gewerbetreibende, Vereine und sonstige Gruppen seien eingeladen, sich einzubringen. Die Stadt habe es geschafft, vom Land Hessen die maximale Gesamtförderung von 550 000 Euro überwiesen zu bekommen. Skeptiker, die fürchten, von der Innenstadt auch weiterhin einen Umweg laufen zu müssen, um an die Brückenmühle zu gelangen, kann der Bürgermeister beruhigen: „Natürlich wird über die Rodau ein optisch passender Steg führen.“

Von Stefan Mangold

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