Wege durch die schwere Zeit

Wieder einmal gelten neue Regeln für Restaurants und Kneipen, wieder einmal müssen die Wirtinnen und Wirte ihre Hinweisschilder ändern, wieder einmal die Gäste über Neuerungen aufklären. Die Gastronomie ist wohl eine der Branchen, die am stärksten durch die Erlasse zur Eindämmung der Corona-Pandemie eingeschränkt wurden. Vertreter von drei Betrieben aus drei Stadtteilen äußerten sich zu den neusten Änderungen, seit dem vergangenen Wochenende gilt in Hessen wieder die 3G-Regel.Danach dürfen auch Ungeimpfte wieder in die Lokale kommen, wenn sie ein aktuelles, negatives Testergebnis vorweisen können.
Mühlheim – Thinh Nguyen Van hat vor sechs Jahren die „kleine Kneipe“ an der Hausener Straße in Lämmerspiel übernommen. Von Anbeginn hat er viele Stammkunden an sein Haus gebunden und das ist für den Wirt mit Wurzeln in Vietnam eines seiner Erfolgsrezepte. Ihnen ist er besonders dankbar und das zeigt er den Kunden auch. Obwohl „manche Ältere haben noch Angst zu kommen“. Mit der derzeitigen Vorgabe könne er aber gut leben: „Ich finde das gut, testen ist sicherer, schließlich können sich ja auch Geimpfte anstecken.“
„Du brauchst immer wieder neue Ideen“
Nach dieser Neuerung besuchen wieder mehr junge Leute die Räume im Hof. „Sie freuen sich, dass sie wieder kommen dürfen.“ Die allermeisten Stammgäste seien vor Covid-19 geschützt und hielten Van und seiner Frau auch in den vorausgegangenen Wochen die Treue, als nur vollständig Geimpfte ein Feierabendbier oder die Spezialitäten der „Kneipe“ genießen durften. Und das sei der nächste Rettungsanker, der ihn durch die schwere Zeit gebracht habe: Sitzhähnchen, Schlachtfest, Haxe, Weißwurst oder geräucherte Forelle stehen am Wochenende im Wechsel auf der Speisekarte.
Dazu lockt der emsige und erfahrene Gastronom mit Abendprogrammen, mit Musikvideos oder Karaoke auf einer großen Leinwand, mit Nagelschlagen, Dart, Würfeln und Kartenspiel. Für Mai ist die Live-Band Jay K aus Hausen angesagt. „Du brauchst immer wieder neue Ideen“, erläutert Van sein Engagement.
Zwei weitere Standbeine während der Lockdowns waren Lieferung von Speisen nach Hause und die Abholung. Diese Möglichkeit haben die meisten Besteller gewählt, sagt der Chef, „so bin ich durch die schwere Zeit gekommen“. Jetzt hofft er auf das Angrillen im April und den Sommer, wenn Veranstaltungen im Biergarten steigen können.
Für Rudi Härtl hat sich durch die Corona-Verordnungen nicht viel geändert. „Wir haben immer genug zu tun, uns geht’s gut“, zeigt sich der Wirt der Probierstub’ im Herzen der Mühlenstadt zufrieden. Das komme jedoch nicht von ungefähr, „wir haben ab 10 Uhr vormittags den ganzen Tag offen“, und seine Gaststube an der Dietesheimer Straße ist oft bis auf den letzten Stuhl besetzt.
Auch „vor 3G“ gut besucht
„Die sind alle dreimal geimpft“, sagt er über seine Gäste, „Laufkundschaft haben wir kaum“. Weiterhin können Liebhaber seine Hausmannskost das Essen abholen oder liefern lassen. Heute steht wieder Schlachtfest auf dem Plan. „Viele jammern und kommen nicht aus den Puschen“, kritisiert der Mann hinter der Theke. „Man muss was machen, sich nicht hängen lassen“, rät Härtl. Er ist erst der sechste Wirt seit 1953, führt die Wirtschaft seit 14 Jahren.
Auch im Sportlerheim gab’s jüngst keine große Veränderung. Die Vereinsgaststätte der Sportvereinigung Dietesheim war auch „vor 3G“ gut besucht. Schwer wog, dass erneut das Weihnachtsgeschäft flöten ging, „da haben wir viele Gäste verloren“, teilt Wirtin Mirijana Jukic mit. Auch Vereinsmitglieder vermisse sie noch im Lokal. In dem Familienunternehmen packen Nichte und Neffen mit an, organisieren weiterhin auch Lieferung und Abholung. Ein neues Problem seien die Spritpreise, „wir hoffen, dass viele Gäste zu Fuß kommen“. (Von Michael Prochnow)