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Zwischen Porzellan und Ohrensessel

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Zu schade zum Entsorgen: Alles, was sich aus geräumten Wohnungen noch nutzen lässt, verkauft Uwe Hainz in seiner Antiquitäten-Scheune in Dietesheim.
Zu schade zum Entsorgen: Alles, was sich aus geräumten Wohnungen noch nutzen lässt, verkauft Uwe Hainz in seiner Antiquitäten-Scheune in Dietesheim. © m

Alles was doppelt vorhanden oder in die Jahre gekommen ist, was keiner mehr braucht, aber zu schade zum Wegwerfen ist, das wird oft Beute von Sammlern oder Schnäppchenjägern. Die streifen am kommenden Wochenende über die Hofflohmärkte in Dietesheim.

Mühlheim – Uwe Hainz bietet dabei nicht Artikel aus dem eigenen Keller oder vom Dachboden an, der Festzelt-Verleiher entrümpelt ganze Wohnungen und löst Haushalte auf. Was noch Liebhaber ansprechen könnte, steht in seiner Scheune an der Obermainstraße.

Auflösen von Hausständen: Diese Branche hat auch in der Pandemie Auftrieb erfahren

In Zeiten von 40, 50 oder 70 Prozent Rabatt in den Möbelhäusern fragt wohl keiner mehr nach noch so gut erhaltenen Wohnzimmerschränken oder Schlafzimmerbetten. Räumt Hainz Häuser von älteren oder auch jüngeren Menschen, muss er 95 Prozent des Interieurs kostspielig und getrennt entsorgen. Nur für ausgewählte Artikel gibt es Interessenten. Geschnitzte Kruzifixe gehören dazu, eine romantische Darstellung der Weihnachtsszene und auch schwere Wanduhren.

Gleich vorne am Tor drängen sich Bronze- und Porzellanfiguren auf dem Regalbrett, ein küssendes Pärchen in flämischer Folklore, fromme, singende und Kerze tragende Engel, ein grinsender Nikolaus und pummelige Schneemänner weisen neben dem Wetter auf das nächste große Fest in den eigenen vier Wänden hin.

Feiern der Vereine gibt es aktuell nicht, spürt der Zeltverleiher. Allein für Grundsteinlegung oder Richtfest, das Stadtfest in Offenbach oder Corona-Testzentren sind die mobilen Behausungen gefragt. Seine treue Aushilfe musste der 57-Jährige entlassen, Hainz konzentriert sich jetzt ganz auf das Auflösen von Hausständen. Diese Branche hat auch in der Pandemie Auftrieb erfahren. Unterstützt wird der gelernte Kfz-Mechaniker bei Bedarf von seiner Ehefrau, von drei erwachsenen Söhnen und der Tochter.

„Die 1970er Jahre sind jetzt angesagt“, weiß der Wahl-Hanauer, „knallbunte Tische, Stühle und Accessoires“. Studierende stöbern für gute Stücke durch eigens ausgestattete Läden. Hainz hat einen Ohrensessel zu bieten. Der stammt aber schon aus den 1950ern, wie auch der kastenförmige Kinderwagen in einem freundlichen Grün mit breiten Schutzblechen über den Rädern und Teddybären im Bettchen.

Im Regal prangen farbige Möbel einer Puppenküche von üppigem Maßstab. Auch die Tischlampen mit den Stoffschirmen und dem warmen Licht könnten als Hingucker in eine gemütliche Ecke passen. Das Meißen-Porzellan dürfte Kenner anziehen, die Zeichnungen und Aquarelle in den schweren Rahmen könnten Käufer finden, die sich mit Stadt-Motiven identifizieren. Auch für die glänzenden Zinnbecher, die Wein-Römer mit dem grünen Fuß und kostbare Kristallgläser, -schüsseln und -karaffen gäbe es einen Markt, bewertet der Experte.

Hofflohmarkt am kommenden Samstag

Uwe Hainz unterhält noch ein Lager im Industriegebiet, in dem er Kleinmöbel unterstellt. Manche Artikel ließen sich ganz gut im Internet verhökern, verrät er. Doch von Elektroartikeln lässt er die Finger, denn als Händler müsste er eine Gewährleistung geben. „Das Verkaufstalent hab’ ich von meinem Vater“, versichert der „Basaltkopp“. „Er gehörte der Kriegsgeneration an und hat alles gesammelt, mit allem gehandelt und nichts weggeschmissen.“ Der Metzger ist mit seinen Kindern vor der Sperrmüllabfuhr durch die Straßen gezogen, hat Brauchbares herausgezogen und samstags auf einem Flohmarkt zu Geld gemacht. Sein Sohn versucht es nun umgekehrt und lädt am kommenden Samstag mit zwei Dutzend weiteren Dietesheimern zum Hofflohmarkt in die Gassen ein. (Michael Prochnow)

Infos: Die Antiquitäten-Scheune von Uwe Hainz an der Obermainstraße 23 öffnet ab 4. September an jedem ersten Samstag im Monat von 10 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung, 06108 69803.

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