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Alles ist möglich im ARThaus

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Susanne Rieger folgt in ihrer Kunst den Impulsen ihrer Emotionen.
Susanne Rieger folgt in ihrer Kunst den Impulsen ihrer Emotionen. © Hiss

Altheim - Dass in regelmäßigen Abständen Trubel im so lange Zeit leerstehenden alten Rathaus herrscht, ist seit Mai nichts Ungewöhnliches mehr. Von Corinna Hiss

Dabei lassen sich die Mitglieder des ARThaus-Vereins immer wieder neue Ideen einfallen, um mit ihrer Kunstinitiative für Aufsehen zu sorgen. Noch vor einem Jahr herrschte Totenstille im ehemaligen Altheimer Rathaus. Dann tat sich ein Grüppchen kreativer Bürger zusammen, die dem alten Mollerbau wieder Leben einhauchen wollten. Mittlerweile geht die Idee weit darüber hinaus, die Räumlichkeiten als Atelier zu nutzen. „Alles ist möglich“, freute sich Bürgermeister Gerald Frank am Sonntag über die Entwicklungen im Altheimer Rathaus, das seit Monaten als ARThaus von sich Reden macht.

Diesmal hatte der jüngst gegründete Verein rund um Kristin Wicher, Max Petermann und Ellen Jöckel zum Brunch mit einer einmaligen Ausstellung eingeladen. „Bei der Eröffnung im Mai haben sich so viele für den Newsletter eingetragen, die wir überhaupt nicht kennen“, erzählte Jöckel. „Das wollen wir ändern.“ So kam der Gedanke auf, alle interessierten Künstler aus Münster und der Region aufzufordern, eins ihrer Werke für einen Tag im ARThaus auszustellen. Damit verbunden sollte es ein reichhaltiges Frühstücksbuffet geben, bei dem ein ungezwungenes Kennenlernen möglich ist.

Dass auch diese Aktion wieder auf großes Interesse – sowohl von Seiten der Kreativen als auch der Bürger – stieß, bewies einmal mehr, wie erfolgreich sich die ursprüngliche Kunstinitiative einer handvoll Leute mittlerweile entwickelt hat. Nicht nur aus der Gemeinde, auch aus dem übrigen Landkreis strömten am Sonntag viele nach Altheim, um einige gesellige Stunden zu verbringen. Der ARThaus-Verein sorgte für Kaffee und Brötchen, ansonsten leistete jeder anwesende Künstler seinen Beitrag zum Brunch.

Mit 30 Anmeldungen war Jöckel mehr als zufrieden. Dabei zeigte sich auch, dass eine größere Anzahl an Personen logistisch gesehen kaum möglich war: Schließlich durfte jeder Künstler eines seiner Werke präsentieren und sollte dafür auch ein geeignetes Plätzchen an den Wänden finden. Hier und da wurden sogar noch schnell Nägel in die Tapete im Treppenhaus geschlagen, damit kein Gemälde umsonst mitgebracht wurde.

So unterschiedlich die Künstler am Sonntag zusammengewürfelt waren, so interessant gestaltete sich die einmalige Ausstellung. Ölgemälde standen neben Skulpturen, Zeichnungen neben Fotografien und jeder konnte etwas zu seinem persönlichen Werk erzählen. Auch die Münsterer Künstlerin Susanne Rieger war der Einladung ins ARThaus gerne gefolgt. Sie hatte ein zerissenes Bild mitgebracht, in das sie Zimmermannsnägel geschlagen hatte. „Kunst ist für mich ein Weg, mit Verletzungen umzugehen“, erzählte sie. Dazu gehöre auch impulsives Handeln, dass dann in kreative Energie umgewandelt werde. Bei besagtem Bild war Rieger dem Drang gefolgt, selbiges in Stücke zu reißen. „Es hat mir nicht gefallen“, war ihre Erklärung. Später haute sie die Nägel hinein, um aus ihrer Wut ein völlig neues Kunstwerk zu schaffen.

Nach dem Motto „Aus alt macht neu“ war auch Hans-Peter Schmücker aus Münster vorgegangen. Sein Ölgemälde mit dem Titel „The washing of the water“ war über ein bereits vorhandenes, altes Bild gepinselt worden. „Ich finde, das passt gut hier her“, sagte Schmücker. „Hier wurde ja auch aus dem alten Rathaus ein neues ARThaus geschaffen.“

Während die Künstler im Obergeschoss und im Treppenhaus die Werke ihrer Kollegen bestaunen konnten, wurde im Erdgeschoss gesellig geschlemmt. Dabei zeigte auch das Buffet, dass sich dort viele kreative Köpfe versammelt hatten. Neben klassischen Frühstückselementen wie Croissants oder selbstgemachter Marmelade fanden sich auf dem großen Tisch Salate, Törtchen, Brotaufstriche oder Apfel-Ziegenkäse-Kreationen.

Überstrahlt wurde der Brunch auch von der guten Nachricht, dass der Ausschuss des Regionalmanagements Darmstadt-Dieburg das ARThaus-Konzept einstimmig aus förderwürdig erachtet hatte. Das LEADER-Programm der Europäischen Union zur Entwicklung ländlicher Regionen war für den Verein eine wichtige Option, ihre fruchtbare Arbeit weiter fortführen zu können – schließlich ist das alte Rathaus nach wie vor sanierungsbedürftig.

Zwar steht die Bewilligung der Gelder noch aus, aber dies sei nur noch eine Formalität, so Frank. Gerade die Summe von 200.000 Euro zeige den enormen Stellenwert für die Gemeinde. „Alle im Ausschuss waren sich einig, dass das Konzept toll ist“, sagte Frank. „Nur über die Höhe der Förderung wurde heftig diskutiert.“ Schließlich nehme sie bereits ein Zehntel aller Fördermittel ein, die für 2016 zur Verfügung stehen.

Für den Bürgermeister ist das aber völlig angebracht. „Andere Vereine tun etwas für ihre Mitglieder. Dieser tut etwas für die Gesellschaft“, sagte er. Dabei ist es mittlerweile mit Ausstellungen allein längst nicht mehr getan: Ob Lesung, Musik, Theaterstück oder eben Brunch – es gibt immer etwas Neues im ARThaus. Damit das auch in Zukunft so bleiben kann, sucht der Verein jedoch weitere Mitglieder, die dem harten Kern aus zehn Personen fördernd zur Seite stehen. „Es ist schon viel zu stemmen an Organisation“, gab Jöckel zu, „aber es lohnt sich.“

Für sie stand am Sonntag aber nicht die gute Nachricht der LEADER-Bezuschussung im Vordergrund, sondern allein das, wofür das Altheimer ARThaus mittlerweile steht: als ein Ort der Begegnung, des kreativen Austauschs und des Miteinanders – im Gegensatz zur langjährigen Leere davor.

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