Altheimer Lädchen schließt

Es reicht nicht mehr: Schweren Herzens hat sich Felicitas Lauszat dazu entschlossen, ihr „Altheimer Lädchen“ in der Kirchstraße zum 1. Juli dieses Jahres nach dann mehr als 14 Jahren zu schließen.
Altheim – „Es ist finanziell nicht mehr machbar“, sagt Felicitas Lauszat nach Jahren des Kampfes ernüchtert. Corona, Krieg, Energiekrise, Inflation: Die Nackenschläge kommen zu oft und zu schnell, die Kosten drücken, der Umsatz nicht. Die im Ort äußerst beliebte Kauffrau gibt ihren Laden und ein Stück ihres Lebens auf. Die Altheimer verlieren ihre Nahversorgung – und einen sozialen Treffpunkt.
3 500 Euro Nebenkosten habe sie pro Monat, sagt die Unternehmerin. „Und da habe ich noch keine Waren eingekauft.“ Und die werden immer teurer. Die Preise sind „böse“ gestiegen“, klagt Lauszat. Dafür lassen die Kunden einfach zu wenig Geld in ihren Laden. Ältere Menschen und Kinder machen den Großteil der Kundschaft aus. Und die kaufen halt nur kleine Mengen. Die meisten Altheimer dagegen dürften sich in Dieburger Supermärkten versorgen. „Und die, die immer am lautesten über alles schimpfen, kommen am seltensten vorbei“, hat die Ladenbesitzerin beobachtet. Nach einer Versammlung im Gustav-Schoeltzke-Haus 2018 war’s mal einen Monat besser, dann war alles wieder wie vorher“, sagt Lauszat. Dabei seien ihre Preise auch nicht anders als bei Rewe.
Der „nahkauf“ in Altheim gehört zur Rewe-Group. Und die hat seit 2022 neue Lieferanten für ihre bundesweit etwa 400 nahkauf-Märkte, kleine Vollsortimenter auf dem Land mit 400 bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der neue Lieferant, eine Firma, die auf Dorfläden in Franken spezialisiert ist, braucht bisweilen 14 Tage, um Artikel auf Bestellung zu liefern. So funktioniert Einkaufen 2023 nicht mehr. Schon gar nicht im Altheimer Lädchen mit seinen gerade mal 120 Quadratmetern Verkaufsfläche. Da halfen auch eine Mietminderung und modernere Kühlgeräte in den vergangenen Jahren nichts mehr.
„Ohne meinen Mann könnte ich wirtschaftlich kaum existieren“, sagt Lauszat, die in Altheim lebt. Trotz 70-Stunden-Woche, und kaum Urlaub. Drei Kredite für ihr Lädchen habe sie noch zu bedienen.
„Das ist ein sozialer Treffpunkt“
Nun also das Aus. Vor allem für die älteren Altheimer tut es Lauszat in der Seele weh. „Das ist ein sozialer Treffpunkt“, sagt sie. Morgens etwa kämen einige Damen zur Kaffeerunde. Die Inhaberin verschickt für ältere Kunden auch schon mal ein Fax – „man hilft sich halt“. Die Kinder versorgen sich im Sommer mit Eis. Überhaupt die Kleinen: „Dieser Tage hat ein kleiner Junge gehört, dass ich zumachen muss. ,Ich sag’ meiner Mama, dass sie bei dir einkaufen soll’, hat er gesagt“, erzählt Feli, wie sie hier alle nennen, fast zu Tränen gerührt.
Neben Eis für die Kinder und Lebensmittel für die Älteren wird ab Juli noch mehr fehlen in dem etwa 2 600 Einwohner großen Münsterer Ortsteil. Backwaren der Bäckerei Lautenschläger aus Babenhausen gibt es im Lädchen ebenso wie einen Post- und Paket-Shop sowie eine Lotto-Annahmestelle. Und ihre schmutzige Wäsche können die Altheimer auch vorbeibringen: Zum Service gehört eine Reinigungsannahme. Zudem verkauft Felicitas Lauszat Tickets, etwa für die Theaterstücke des Eintracht-Fanclubs wie nun wieder Ende März in der Münsterer Kulturhalle.
Mit Post und Lotto sei übrigens kaum Gewinn zu machen. Im Gegenteil: „Der Post-Computer muss laut Vorschrift Tag und Nacht laufen, und ich bleibe auf den Stromkosten sitzen.“ Ebenso schreibe die Post vor, dass die Annahme ohne Unterbrechung sechs Tage geöffnet sein muss. „Wenn ich also mal eine Woche Urlaub mache, muss meine Aushilfe zumindest für eine Stunde kommen und die Poststelle offen halten.“
Das alles und die erdrückenden Kosten haben Lauszat nun zu der Entscheidung gebracht, zum 1. Juli zu schließen. 2009 hatte sie das Lädchen übernommen. „Den 14. Geburtstag am 18. März ,feiern’ wir noch, den 15. nicht mehr. Einen Nachfolger gibt es nicht.
Eine sogenannte 24/7-Hybridfiliale „wäre eine Lösung gewesen“, sagt Lauszat, hat den Gedanken aber wieder verworfen. Die Mischung aus regulären Öffnungszeiten und autonomem Einkauf per App erfordere nämlich einen Umbau. „Und da liegt das Problem: Woher das Geld nehmen? Ich kann und will keinen Kredit mehr aufnehmen. Und etwaige Fördermittel sind mir in Hessen nicht bekannt. Da hatte ich eigentlich mit der Unterstützung der Gemeinde gerechnet.“
Und was macht die 62-Jährige selbst? „Meine Zukunft ist noch offen, das hängt auch davon ab, wie der Ausstieg klappt und ich meine Kredite bedienen kann.“ In Altheim will „Feli“ auf jeden Fall wohnen bleiben.
Suche nach Alternativen
„Ich bedaure es sehr, dass das Angebot des Altheimer Lädchens von den Kundinnen und Kunden nicht so stark angenommen wurde, wie es für eine langfristig positive Entwicklung im Lebensmittelhandel notwendig ist“, sagte Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) zu der bevorstehenden Schließung. „Wir schauen gerade nach möglichen alternativen Einkaufs-Konzepten, für die der Standort Altheim von Interesse sein kann.“

