Sportbad-Errichter über Hallenbad-Neubau in Münster

Münster – Am 1. Februar wird es spannend: Dann gehen Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) und die Gemeindevertreter mit den Ergebnissen der Hallenbad-Kommission an die Öffentlichkeit.
Auch wenn hinter vorgehaltener Hand größte Zweifel an der Finanzierbarkeit bestehen, könnte aber zumindest die Neubau-Option fürs Erste am Leben gehalten werden. Doch was käme mit einem solchen Großprojekt auf die Gemeinde zu? Einer, der diesbezüglich für eine Einschätzung prädestiniert ist, ist Christian Früchtenicht: Der Dieburger führt mit seinem Bruder Timm Früchtenicht sowie Janek Riedl die F&R Projektbau (Roßdorf), die von Januar 2020 bis August 2021 binnen 20 Monaten im Auftrag des Wassersportvereins Dieburg als Generalübernehmer das neue Dieburger Sportbad gebaut hat.
Samt Vorplanung und Ausstattung gab der WSV Dieburg 8,5 Millionen Euro brutto für ein Bad aus, das mit einem Schwimmerbecken und einem Lehrbecken zweckmäßig auf den Wassersport ausgerichtet ist. F&R Projektbau zeichnete dabei für alle Leistungsphasen verantwortlich und errichtete erstmals in seiner jungen Firmengeschichte ein Hallenbad. Für Baukosten, deren Höhe nach neusten Schätzungen schon eine Sanierung des Münsterer Bads übersteigen würde. Weshalb die zentralen politischen Akteure derlei auch als Fass ohne Boden einstufen.
Doch wer Hoffnungen hegt, ein neues Bad in Münster lasse sich womöglich für einen einstelligen Millionenbetrag bauen, den holt Früchtenicht schnell auf den Boden zurück. „Seit wir das Bad in Dieburg kalkuliert haben, ist der Baukosten-Index massiv gestiegen“, sagt der Betriebswirt. Dies sei nun drei Jahre her, „und bei einer zehnprozentigen Preissteigerung pro Jahr reden wir dabei schon heute von einer Gesamtsteigerung von 30 Prozent“. Unter anderem die Kosten für Dämmung, Holz und Beton hätten sich seither „verdoppelt, auch wenn das teils jeder marktwirtschaftlichen Logik entbehrt“.
Zudem gebe es markante Unterschiede zwischen der privatwirtschaftlichen Zusammenarbeit eines Unternehmens mit einem Verein und der mit einer Kommune, wie es in Münster der Fall wäre. „Mit dem Verein konnten wir Fragen zu Risikoallokationen, Bürgschaften und Gewährleistung schlank und unbürokratisch halten und damit Kosten senken. Mit einer Kommune könnte man das so gar nicht machen, die müsste da preislich einen Malus hinnehmen.“ Weiteres Beispiel: Für den WSV Dieburg übernahm F&R Projektbau diverse Aufgaben in mehreren Leistungsphasen mit eigenem Personal, zum Beispiel bei der Bauüberwachung. „Eine Kommune würde hingegen wohl kein Testat von uns allein akzeptieren, sondern einen Architekten und vielleicht noch einen Gutachter hinzuziehen. All das kostet zusätzlich Geld.“
Im Gegensatz zum Dieburger Verein müsste Münster den Neubau seines Hallenbads ob der finanziellen Größenordnung auch europaweit ausschreiben, was ebenfalls Geld und Zeit kostet. Je mehr von Letzterer ins Land geht, desto teurer wird das Vorhaben: „Wegen den extrem steigenden Baukosten als maßgeblichem Faktor kommt es derzeit auf jeden Tag an“, sagt Früchtenicht.
Doch böte ein Abriss des alten Münsterer Bads nicht auch Chancen der Gegenfinanzierung, gerade wenn man es andernorts neu baut? Da stimmt Christian Früchtenicht zu: „Aus Sicht eines Wohnbauträgers ist das Grundstück zu schade für ein Schwimmbad. Das Grundstück könnte man auch mehrgeschossig bebauen und so Geld einnehmen, das man für ein neues Bad an anderer Stelle verwenden könnte.“
Gedankenspiele um ein Bad, auf das man (ähnlich wie im „Seerich“ mit dem baldigen Netto-Markt geplant) Wohnungen setzt und das weit in den zweistelligen Millionenbereich driftende Projekt damit gegenfinanziert, hält er für graue Theorie: „Ein Bad mit seinem Verschleiß an Bausubstanz unter Wohnungen zu errichten, ist keine coole Idee. Eine Wohnung ist nach 50 Jahren noch gut – ein Bad ist dann durch.“ (Jens Dörr)
Generell wird der Hallenbadabriss heiß diskutiert. Private Gespräche, mehrere hundert Kommentare auf Facebook, Stellungnahmen der Parteien und zwei Petitionen zeigen, wie wichtig das Thema für die Bevölkerung ist.