„Alles drin – nur keine Liebesgeschichte“

Der elfjährige Jannik Fuhlbrügge aus Altheim hat einen „Kurzkrimi aus Spitzaltheim“ geschrieben. Die Idee dafür kam ihm bei einem Spaziergang.
Altheim – Nur wenige Schüler, die in die sechste Klasse kommen, dürfen sich schon Buchautor nennen. Jannik Fuhlbrügge darf’s: Der elfjährige Altheimer hat sein erstes Werk verfasst. In „Teufelsdreck“ jagt er den Leser durch einen rasanten „Kurzkrimi aus Spitzaltheim“, wie ihn der Untertitel des im Coortext-Verlag erschienenen 85-Seiten-Buchs (6,99 Euro, ISBN 978-3-7541-2968-5) verspricht.
Unterstützung erhielt Jannik von seinem Vater Thomas Fuhlbrügge, der in diesem Fall Co-Autor ist und sich in jüngerer Vergangenheit mit mehreren, stets in zeitgeschichtliche Rahmen eingebettete Lokalkrimis (bisheriger Bestseller: „Muna“) einen Namen gemacht hat. „Mal habe ich geschrieben, mal mein Vater“, schildert Jannik die Arbeitsteilung. Thomas Fuhlbrügge half etwa hinsichtlich der sprachlichen Reife von „Teufelsdreck“ weiter, regte Synonyme an, gab aber auch Recherchetipps oder wies auf logische Brüche hin.
Urheber der Idee für den Kurzkrimi war aber eindeutig Jannik. „Wenn wir in Altheim spazieren gehen, machen wir dabei immer kleine Rollenspiele“, erzählt er. Bei einem Ortsbummel im Januar kam ihm der Einfall zu einer Räubergeschichte. „Ich habe dann überlegt, in welcher Zeit die spielen könnte“, sagt er. Und kam zu dem Schluss, „dass sie früher interessanter wäre als heute“.
Damit aus derlei Gedanken binnen eines halben Jahres ein fertiges Buch wird, muss indes einiges mehr zusammenpassen. „Ich habe schon früher kleine Geschichten geschrieben“, sagt Jannik – Check! Dazu kommt sein großes Interesse für Historisches: „Ich bin ein Geschichts-Fan“, beschreibt der junge Altheimer eine Leidenschaft. „Ich lese viel Geschichtliches, zum Beispiel über Griechenland und die alten Römer.“ Dazu kam, dass er im Frühjahrs-Lockdown mehr Zeit als sonst hatte – sein Handball-Training bei der HSG Eppertshausen/Münster fiel da noch aus. In Kombination mit seinem Vater als Ratgeber – und Gründer des Coortext-Verlags, in dem „Teufelsdreck“ erschienen ist – war der Boden bereitet.
Stück für Stück ging Jannik ans Eingemachte. Aus der anfänglichen Idee, dass unter einer Altheimer Brücke, die seine Familie beim Spaziergang überquert hatte, im Jahr 1843 doch gut und gern auch eine Leiche hätte liegen können, erarbeitete er eine Liste mit Kapiteln und Personen, Schauplätzen und schließlich Handlungssträngen. Im Zuge der Recherche sammelte er immer mehr Wissen: „Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass die Räuberbanden damals so groß waren. Ich war zudem überrascht, was die alles geklaut haben. Da denkt man an Geld, Gold und Rubine. Oft ging es aber um Kleidung, Geschirr, Getreide und sogar Feuerholz.“ Auch mit dem in der Region „erwerbstätigen“ Johannes Bückler, als „Schinderhannes“ gefürchtet und 1803 in Mainz vor zehntausenden Zuschauern hingerichtet, setzte er sich auseinander. Und natürlich mit Altheim (und Dieburg als zweitem wichtigen Schauplatz) vor 180 Jahren.
In dieser Gemengelage platziert Jannik Fuhlbrügge im Sommer 1843 den jungen Polizisten Sebastian Resch, der den Fall eines in Spitzaltheim erschlagenen Wanderers aufklären soll. Dass der von spielenden Kindern unter einer Brücke gefunden wird, ahnen Leser dieses Artikels bereits. Dem Polizisten wird alsbald klar, dass es sich bei dem Toten um ein Mitglied einer Räuberbande handelt, die 20 Jahre zuvor ihn Unwesen trieb.
Dann ziehen Mord und Totschlag durchs Dorf – „es wird schon ein bisschen brutal“, sagt der elfjährige Jannik, der das Buch „keinem unter zehn“ empfiehlt, lächelnd. Eine Person wird beispielsweise im Weinfass ertränkt, eine andere erstochen. Doch auch Humor, ein bisschen Dialekt und vor allem reichlich örtliche und zeitliche Bezüge zum Altheim und Dieburg des 19. Jahrhunderts kommen nicht zu knapp.
„Es ist alles drin – nur keine Liebesgeschichte!“, sagt der junge Autor grinsend. Der auch verspricht, „dass man den Kurzkrimi an einem Abend durchlesen kann“. Und wenn erklärt wird, wofür der Begriff „Teufelsdreck“ einst benutzt wurde, sollte man seine Zeilen besonders aufmerksam verschlingen. (Von Jens Dörr)