„Endlich wieder mal Partygefühl“

Als einer der ersten Veranstalter weit und breit hat der TSV Altheim trotz hoher Infektionszahlen eine „Wintergaudi“ organisiert. 130 Gäste feierten an der frischen Luft im Biergarten des Vereins.
Altheim – Eine winterliche Fete mit offenem Zelt, Feuerstellen, Gulaschsuppe und heißen Getränken ist gemeinhin eine schöne, aber keine außergewöhnliche Sache. In diesen Tagen schon – was auch im Vorjahr so war und den bekannten virulenten Grund hat. Der TSV Altheim wagte sich am Freitagabend als einer der ersten Veranstalter weit und breit, trotz Rekord-Infektionszahlen eine Sause auf die Beine zu stellen. Die „Wintergaudi“ im Biergarten war ausgebucht – auch dank einer App.
Das bedarf einer Erläuterung: Voriges Jahr suchte TSV-Vorstandsmitglied Birgit Gerbershagen, die im Verein für die Organisation der zuletzt häufiger und kreativer gewordenen Events verantwortlich zeichnet, Begleitung für den Besuch der After-Work-Party der Groß-Umstädter Winzergenossenschaft. „Mein Freundeskreis hat sich während Corona verändert und ich wollte nicht allein hingehen“, blickt sie zurück. Im Urlaub hatte sie von einer App gelesen, die Abhilfe versprach: Meet 5, im Kern keine Dating-App, sondern vor allem zum zwanglosen Kennenlernen neuer Leute aus der Umgebung gedacht, nach Angaben der Herausgeber für „Leute im mittleren Alter, die mit beiden Beinen im Leben stehen“.
Gerbershagen lud die App herunter, fand nette Gesellschaft für die Winzerparty und in der Folge immer mal wieder für weitere Freizeitaktivitäten. In der App kann jeder Gruppen für bis zu zwölf Personen erstellen und diese zu einem Anlass einladen. Was die findige TSV-Frau prompt für die Altheimer Wintergaudi tat. „Die erste Gruppe war in wenigen Minuten voll, da habe ich eine zweite gegründet.“ Das Spiel wiederholte sich, am Ende sagten in fünf Gruppen rund 60 Meet-5-Nutzer aus der ganzen Region zu.
Die meisten kamen am Freitag trotz Wind und Regen auch tatsächlich auf das Sportgelände. Schon die ersten Stichproben unter den Gästen erklärten die vielen auswärtigen Autokennzeichen: Heidi etwa war aus Neu-Isenburg gekommen, traf sich mit Christina aus Alsbach-Hähnlein und natürlich auch TSV-Kümmererin Birgit aus Dieburg, wenn die zwischendurch mal ein paar freie Minuten hatte. „Für mich ist das hier wie ein kleines Après-Ski“, meinte Heidi und war „froh, endlich wieder mal ein bisschen Partygefühl zu haben“. Christina bereute es nicht, 30 Kilometer einfach gefahren zu sein. „Ich bin so eine Feuerfrau“, wies sie auf die lodernden Tonnen.
Mit Blick auf die potenzielle Ansteckungsgefahr waren sich beide mit vielen anderen Gästen einig: Angesichts der bei der Altheimer Wintergaudi auch draußen geltenden 2G-plus-Regel (ohnehin spielte sich das Ereignis im Wesentlichen an der frischen Luft ab) und des damit durchweg immunisierten Publikums wog das Bedürfnis, endlich mal wieder gesellig zu sein und ein wenig zu feiern, höher. „Außerdem kannst du hier ja immer noch flexibel sein und gucken, ob es dir zu eng ist“, sprach Christina die Eigenverantwortung an.
So sahen das am Freitag 130 Menschen. Bei dieser Zahl hatte sich Birgit Gerbershagen vorab das Besucherlimit gesetzt – und nach ebenso vielen Anmeldungen auch die Reißleine gezogen. „Neben den Leuten, die über Meet 5 gekommen sind, sind die meisten über den Verein da“, sagte die Organisatorin, der 20 Helfer zur Seite standen. Aus Altheim selbst seien „gar nicht mal so viele gekommen. Da herrscht irgendwie Ladehemmung.“
Sie verhehlte auch die kritischen Stimmen nicht, die vor der Veranstaltung im Münsterer Ortsteil laut geworden seien, berichtete gar von abgerissenen Plakaten. Und betonte, dass sich alles im legalen Rahmen bewege, sie sich vorab unter anderem bei der Polizei rückversichert habe – und man letztlich auch bedenken müsse, dass ein Gebilde wie der TSV Einnahmen aus solchen Ereignissen derzeit dringender brauche denn je: „Bei uns sind zuletzt mehrere Weihnachtsfeiern, Hochzeiten und runde Geburtstage abgesagt worden.“ (Jens Dörr)
