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Große Storchenkolonie bei Münster

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In den Hergershäuser Wiesen sind die Störche auf Futtersuche zu beobachten.
In den Hergershäuser Wiesen sind die Störche auf Futtersuche zu beobachten. © Prasch, Michael

Wo vor fünf Jahren der Orkan „Fabienne“ bei Münster (Hessen) eine biologische Trümmerwüste zurückließ, hat sich in den letzten beiden Jahren eine Storchenkolonie entwickelt.

Münster - Ein Hotspot am Rande der rund 400 Hektar großen Schutzzone der Hergershäuser Wiesen, wie es die Naturschützerin Inge Teichmann nennt, die seit etwa einem Jahrzehnt für den Münsterer Naturschutzbund über die Storchenpopulation in der Gemarkung Buch führt. „Im Pappelwäldchen haben inzwischen 15 Storchenpaare ihre Nester gebaut“, bestätigt die Frau, die sich besonders für den Vogelschutz engagiert. Vor wenigen Jahren waren es zunächst zwei, drei Nester gewesen.

„Vor allem im letzten Jahr kam es zu einer Massenbesiedlung im Pappelwäldchen“, so die Beobachterin, die über die Entwicklung der Störche alles dokumentiert und dabei von einem Mitarbeiter unterstützt wird, der die Störche an ihrer Beringung identifizieren kann.

Folgen des Orkans „Fabienne“ sind in Münster immer noch sichtbar

Als am 23. September 2018 als erster Herbststurm des Jahres der Orkan „Fabienne“ übers Land raste und vor allem in der Mitte und im Süden Deutschlands große Schäden anrichtete, war besonders auch Münster betroffen. Im Wald und in der Gemarkung wurden Bäume geknickt und zerfleddert und Dächer abgedeckt. Und die Schadensschneise war bis hin in den Bachgau um Schaafheim erkennbar, während etwa die wenige Kilometer entfernt gelegenen Ortschaften kaum Schäden zu verzeichnen hatten.

„Fabienne“ war quer über die Hergershäuser Wiesen gezogen und hatte mit elementarer Wucht viele Bäume im sogenannten Pappelwäldchen regelrecht zerrupft oder gar zertrümmert. Pappeln wachsen schnell und haben ziemlich weiches Holz, gehören nicht zu den besonders robusten Laubbäumen, wie es etwa Eichen sind. Nicht mal als Brennholz sind Pappeln gefragt. Die Schäden in der Natur waren im Bereich von Münster so groß gewesen, dass nicht überall sofort aufgeräumt werden konnte. Im Pappelwäldchen jedenfalls blieb alles weitgehend so, wie es der Orkan zurückgelassen hatte. Dort ragen noch heute kronenlose Stammstümpfe in den Himmel, sind abgeknickte Bäume zu sehen, bedeckt moderndes Geäst das von einem Wasserlauf durchzogene Gelände.

Und genau dieses zerfledderte Wäldchen in der Randzone der unter Schutz stehenden Hergershäuser Wiesen haben sich die Störche ausgesucht, um dort in recht enger Nachbarschaft ihre Nester zu bauen, wobei man da eigentlich von Horsten sprechen müsste. Baumaterial in Form von Zweigen finden die schon immer geschätzten Zugvögel direkt vor Ort. So können die Paare ihre Nester selbst bauen.

Münster: Störche bauen ihre Nester jetzt ohne menschliche Hilfe

Vor fast drei Jahrzehnten war das noch anders. Da wurde etwa Mitte der neunziger Jahre von der örtlichen Naturschutzbund-Ortsgruppe ein Storchennest auf einem Mast bei der Kläranlage gebaut, die in der Nähe der Gersprenz liegt.

Die ersten Störche konnten sich dann um die Jahrtausendwende sozusagen ins „gemachte Nest“ setzen. Es war die Wiederkehr der Störche nach Jahrzehnten. Und das war mehr als nur Ortsgespräch, sondern ein Freudensignal für die gesamte Region entlang der Gersprenz. Ein zweites Nest für die Adebare bauten die Münsterer Vogelschützer auf einen Mast im Schutzgebiet „Auf dem Sand“, das auch zum Auengebiet Hergershäuser Wiesen gehört. „Seitdem musste die Naturschutzbund-Ortsgruppe nichts mehr konstruieren. Das übernehmen die Störche inzwischen selbst“, bemerkte Inge Teichmann, die einiges von ihren jahrelangen Beobachtungen erzählen kann.

Tragisch: Junge Störche in Münster haben Kälte nicht überlebt

Auch Tragisches. Wie etwa aus dem Jahre 2020, als die Eisheiligen im Mai, jene auch bei Gärtnern gefürchtete Kälteperiode kurz vor der Monatsmitte, der Storchenbrut auf dem Mast „Auf dem Sand“ so stark zusetzten, dass die Jungtiere nicht überlebten. Die Eltern waren regelrecht geschockt und kehrten nicht mehr zum gewohnten Nest zurück, sondern bauten sich ein neues im Pappelwäldchen, einige Hundert Meter entfernt.

Da ist derzeit überall das storchentypische Klappern zu hören, wird offensichtlich in manchen Nestern bereits gebrütet oder zumindest vorbereitet. Es ist zu beobachten, wie Störche im eleganten Gleitflug zwischen dem angrenzenden Grünland und den Behausungen hoch in den Bäumen pendeln. Die Hergershäuser Wiesen sind ein abwechslungsreiches Biotop mit reichlich eingebetteten Wasserflächen, die wiederum Lebensraum für Amphibien sind. Und diese wiederum gehören auch zum Beuteschema von Störchen. Die greifen sich ebenso auch Mäuse, Würmer und Insekten. Sicherlich auch manches Vogelgelege. So ist es eben in der Natur.

Storchenpaare bleiben – so ist es nachgewiesen – einander oft jahrelang treu. „Die Störchin auf dem Nest in der Kläranlage ist bereits seit 2000 in Münster während der Frühjahrs- und Sommermonate da. Sie hat seitdem erst den zweiten Partner“, schildert Teichmann. Die Entwicklung einer regelrechten Storchenkolonie im Pappelwald führt sie darauf zurück, dass die Jungstörche sich gerne in der Nähe ihrer Eltern ansiedeln. So ist etwa nachgewiesen, dass ein Storch, der vor einigen Jahren auf der Kirche im Babenhäuser Stadtteil Harpertshausen geboren wurde, jetzt auf den Hergershäuser Wiesen in der Elternrolle ist.  (zww)

Eine regelrechte Storchenkolonie hat sich in einem Pappelwäldchen am Rande des Schutzgebietes Hergershäuser Wiesen entwickelt. 15 Nester haben in den letzten Jahren die beliebten Zugvögel auf Baumstümpfe und in Kronen von Pappeln gebaut.
Eine regelrechte Storchenkolonie hat sich in einem Pappelwäldchen am Rande des Schutzgebietes Hergershäuser Wiesen entwickelt. 15 Nester haben in den letzten Jahren die beliebten Zugvögel auf Baumstümpfe und in Kronen von Pappeln gebaut. © zww

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