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Keine Steuererhöhungen in Münster

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Von: Ralf Enders

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Für den Glasfaser-Ausbau, hier eine aktuelle Baustelle in der Walterstraße, will Münster nächstes Jahr 1,6 Millionen Euro ausgeben.
Für den Glasfaser-Ausbau, hier eine aktuelle Baustelle in der Walterstraße, will Münster nächstes Jahr 1,6 Millionen Euro ausgeben. © Dörr, Jens

Die gute Nachricht: Die kommunalen Steuern in Münster bleiben unverändert. Die schlechte Nachricht: Die Gemeinde macht im nächsten Jahr fast 2 Millionen Euro Miese und muss zum Ausgleich dieses Defizits in die Rücklagen greifen. Das sind zwei Kernpunkte des Haushaltsentwurfs für 2023, den Bürgermeister Joachim Schledt (unabhängig) am Montagabend in der Kulturhalle den Gemeindevertretern vorgestellt hat.

Münster – Schledt präsentierte dabei kein dröges Zahlenwerk, sondern schilderte anschaulich die finanzielle Lage, gegliedert in Punkte von „Rückblick 2022“ bis „Anstehende Herausforderungen“. Der Zeitplan sieht vor, dass der Haupt- und Finanzausschuss im Januar berät, bevor am 6. Februar die Gemeindevertretung den Haushalt beschließt – eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren der Kommune, auch wenn die mehr als 200 Seiten wahrlich nicht vergnügungssteuerpflichtig sind.

Rückblick

Einen „Doppel-Wumms“ machte Schledt in Anlehnung an ein Modewort aus der Bundespolitik aus: Einem Gewerbesteuerzahler musste Münster 1 Million Euro nach einer entsprechenden Klage zurückzahlen, und die Kreis- und Schulumlage erhöhte sich um satte 1,4 Millionen.

Investitionen ins marode und seit mehr als drei Jahren geschlossene Hallenbad gab es 2022 nicht. Auch 2023 sind keine Gelder für den vor fast einem Jahr beschlossenen Abriss vorgesehen, der geschätzt bis zu 700 000 Euro kosten dürfte. Vor allem, weil sich noch die Kita „Sonnenblume“ in dem Gebäude befindet, für die es noch keinen neuen Standort gibt.

Weitere Themen des noch einen Monat laufenden Jahres mit finanziellen Auswirkungen waren laut Schledt der Ausbau digitaler Infrastruktur, die Auflösung des Senio-Verbandes, Straßensanierungen, das „anspruchsvolle“ Kulturprogramm und der Start des Kläranlagenumbaus.

Leitlinien der Planung

Hier betonte der Bürgermeister die Nichterhöhung steuerlicher Hebesätze „zur Vermeidung von Mehrbelastungen der Privathaushalte und des Gewerbes“.

Auch Kassenkredite und ein Haushaltssicherungskonzept seien nicht nötig, „wir sind nach wie vor flüssig“.

Freiwillige Leistungen der Kommune für Vereine, Jugendförderung, Soziales und Kultur sollen erhalten bleiben. Schledt sprach von einem „Kontrapunkt gegen die schlechte Stimmung“ in schwierigen Zeiten.

2023

Das Defizit von exakt 1 987 864 Euro werde durch Rücklagen ausgeglichen.

Münster investiert 6,4 Millionen Euro, davon 1,5 Millionen durch Kredite.

Der Beitritt zum Zweckverband Gemeinschaftskasse des Landkreises sorge für mehr Effizienz in der Finanzverwaltung.

Neue Stellen bei der Verwaltung soll es geben: in der neuen Ü3-Gruppe der Natur-Kita, eine im Bauhof und ein Streetworker.

Stattliche Ausgaben habe Münster vor der Brust: Planung katholisches Familienzentrum, neue Gruppe Natur-Kita, Ertüchtigung Kanalisation, Sanierung Friedrich-Lehr-Straße, Ausstattung Bauhof, Feuerwehr, Glasfaserausbau und Ausbau Kläranlage. Letzteres ist eine der größten Investitionen im nächsten Jahr.

Soweit möglich sollen Förderungen des Landes in Anspruch genommen werden.

Ausblick

Der finanzielle Handlungsspielraum werde noch kleiner. „Als Unternehmer kann man frei wirtschaften, aber eine Kommune hat zahlreiche Pflichtaufgaben, das ist schon manchmal frustrierend“, sagte Schledt.

Flüchtlinge würden ein „ganz großes Thema“ werden. Auch Münster müsse mit mehr Obdachlosen und Flüchtlingen rechnen. Letztere kämen „nicht aus der Ukraine“. Der Landkreis habe bereits deutlich gesagt: „Entweder ihr nehmt die Menschen auf, oder wir weisen sie euch zu!“

Erzieherinnen und Erzieher sind dagegen Mangelware, ihre Gewinnung für Münster sei eine große Aufgabe. Die kostet Geld: Schledt berichtete von einem Gentlemen’s Agreement im Landkreis, das eine einheitliche Vergütung nach der Entgeltgruppe S8a (2931 bis 3979 Euro) vorsehe. Die Stadt Darmstadt zahle jedoch mehr, deshalb „bröckele“ die Vereinbarung im Westkreis schon.

Veritable Investitionen sind auch ins katholische Familienzentrum, ins Frankenbach-Gelände und in die Digitalisierung von Dienstleistungen fällig.

Zudem stünden Entscheidungen zu gemeindeeigenen Liegenschaften an, und das „Erscheinungsbild der Gemeinde“ sei hier und da verbesserungsbedürftig, meinte Schledt abschließend. (Ralf Enders)

Zahlen, Zahlen, Zahlen

Im Ergebnishaushalt einer Kommune sind die geplanten Ausgaben und Einnahmen aufgelistet, ähnlich der bekannten kaufmännischen Gewinn- und Verlustrechnung. Der Finanzhaushalt dagegen beinhaltet die Geldflüsse, also die Ein- und Auszahlungen im Haushaltsjahr. Er dient der Liquiditäts- und Investitionsplanung.

Im Entwurf des Münsterer Ergebnishaushalts für 2023 stehen Erträge von 33,3 Millionen Euro Aufwendungen von 35,3 Millionen Euro gegenüber. Macht ein Defizit von knapp 2 Millionen.

Im Finanzhaushalt steht unter anderem, dass die Gemeinde 6,4 Millionen Euro investiert und 950 000 Euro zur Kredit-Tilgung aufwenden muss. 13 Millionen Euro betragen die Verbindlichkeiten derzeit, 13,6 dürften es am Ende des Haushaltsjahres 2023 sein.

Einkommens- und Gewerbesteuern zählen zu den wichtigsten Einnahmequellen von Kommunen. 2023 erwartet Münster 10,2 Millionen Euro an Einkommenssteuer (2022: 9,1). Die Gewerbesteuereinnahmen sollen von 3,1 auf 3,4 Millionen Euro steigen.

Die sogenannten Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs 2023 betragen 7,4 Millionen Euro, an Zuweisungen im Bereich Kinderbetreuung sind 1,8 Millionen zu erwarten.

Einer der größten Ausgabenposten sind die Personalkosten. 8,4 Millionen Euro plant Münster 2023 dafür ein, ein Plus von gut 7 Prozent gegenüber 2022. Alleine die Bezahlung des Personals in der Kinderbetreuung schlägt mit fast 3 Millionen Euro zu Buche. In der Verwaltung sind 3,7 Millionen Euro geplant, für Bauhof und Grünpflege 1,2 Millionen. (Ralf Enders)

In der Kläranlage wird das Betriebsgebäude (Backsteinbau) erneuert – eine der größten Investitionen.
In der Kläranlage wird das Betriebsgebäude (Backsteinbau) erneuert – eine der größten Investitionen. © dörr

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