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Münster feiert die Kerb

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Mit Pizza, Bier und Schlumpfmütze auf die Runde: der Kerbjahrgang 1978 hatte Spaß.
Mit Pizza, Bier und Schlumpfmütze auf die Runde: der Kerbjahrgang 1978Münster hatte Spaß. © Just

Auch wenn sie kleiner und kürzer war wie gewohnt: Die Kerb in Münster hat für Stimmung gesorgt.

Münster - Die Kerb hat ihre eigenen Gesetze. Dazu gehört etwa, dass die Kerbburschen während der Festtage geschlossen an einem geheimen Ort übernachten. Von Freitagabend bis zur Kerbverbrennung am Dienstagabend bei der Feuerwehr sind das mindestens vier Nächte. „Ich habe wirklich keine Ahnung, wo mein Junior in dieser Zeit steckt. Ich weiß weder, wo er schläft, was er isst und ob sich die Gruppe waschen kann“, sagt Florian Kisling am Sonntagnachmittag lachend. Der Sohn des Gemeindebrandinspektors, Marlon Kisling, übernahm im Kreis der Kerbburschen 2022 die Aufgabe des Kerbvadders. Henrik Heusinger fungierte als Watz, Fabian Peter als Fahnen- und Niklas Schledt als Puppenträger.

Am Wochenende hat Münster über drei Tage seine Kerb gefeiert. Den Montag hatte man aus Kostengründen aus dem Programm genommen und auch das Zelt eine Nummer kleiner gewählt (wir berichteten). „Das ist ja wirklich mini“, sagte eine Frau etwas überrascht aufgrund der sehr überschaubaren Zahl an Quadratmetern. Durch den guten Zuspruch wurde es am Samstagabend zur Kerbübergabe darin recht eng, aber auch gemütlich. Julian Gabel überreichte die Insignien, den Schlüssel und die Sirene, an Marlon Kisling. Da die Kerb die letzten zwei Jahre ausfiel, setzen sich die Kerbburschen 2022 aus drei Jahrgängen zusammen. Trotzdem blieb die Zahl mit unter zehn Köpfen überschaubar. „Einige potenzielle Burschen zogen bereits weg. Da wir schon vorher ein fester Freundeskreis waren, stand es außer Frage, dass wir mitmachen“, erklärt Kisling. Sein Amt als Kerbvadder, der den Schlüssel trägt und das Oberhaupt der Truppe darstellt, bekam er am Stammtisch in geheimer Wahl übertragen.

Der Höhepunkt der Festtage stellte wie gewohnt der Umzug am Sonntag und der sich anschließende Kerbspruch dar. Rund 15 Nummern bildeten den Zug. Er setzte sich aus einem bunten Mix ehemaliger Kerbburschen und einer Gruppe von Doaschde-Mädels, die noch aus der kurzen Zeit der Doaschde-Feste herrühren, zusammensetzte. Mit den Kerbburschen 2017 beging eine Gruppe ein Jubiläum, wenn auch nur ihr Fünfjähriges. Die Mitglieder des Kerbjahrgangs 1978 waren als Schlümpfe verkleidet. Mit ihrer Geburt um das Jahr 1960 stellten sie die älteste Zuggruppe dar und fuhren mit ihrem Wagen vorneweg. Während einige Jahrgänge nur drei oder vier Ehemalige auf die Beine brachten, trat der Jahrgang 1991 mit rund zehn Personen besonders stark auf.

Den Kerbspruch hielt Altmeister Edgar „Hadschi“ Kreher. Verfasste hatte sie Maximilian Hotz.
Den Kerbspruch hielt Altmeister Edgar „Hadschi“ Kreher. Verfasste hatte sie Maximilian Hotz. © -

„Wir waren damals mit 24 Burschen schon viele. Zuerst lag die Zahl sogar bei 30, dann sprangen aber einige wieder ab“, weiß Jürgen Roßkopf. Der Mönch auf der Fahne der Truppe hängt damit zusammen, dass ältere Kerbjahrgänge sich noch wie an Fastnacht verkleideten. Der Jahrgang 1991 trat damals als Ordensmänner auf. „Nach der Kerb verloren wir uns erst mal aus dem Auge, auch weil einige eine Familie gründeten.

Nach 15 Jahren fanden wir wieder zusammen“, ergänzt Roßkopf. Je älter die Truppe wurde, desto öfter lief sie beim Umzug mit. Mittlerweile ist man jedes Jahr dabei. Einige Bewohner an der Zugstrecke bauten Tische in der Hofeinfahrt auf, wo sie Sekt und Bier mit Freunden und Verwandten tranken, darunter Iris und Harald Gotta. Sie empfingen die Schwester von Iris Gotta, die in Eppertshausen wohnt. „Wenn dort in zwei Wochen Umzug ist, gehen wir ebenfalls rüber“, hießt es.

„Mir soin mim Radel do“ – die Kerbburschen 2014 entpuppten sich mit ihrem Gefährt Marke Eigenbau als echter Hingucker.
„Mir soin mim Radel do“ – die Kerbburschen 2014 entpuppten sich mit ihrem Gefährt Marke Eigenbau als echter Hingucker. © Just

Der Kerbspruch, der aus Platzgründen vor dem Zelt stattfand, bot eine gute Mischung aus lokalen und bundespolitischen Themen. Verfasst hatte ihn Maximilian Hotz, vorgetragen wurde er von Altmeister Edgar „Hadschi“ Kreher. Die Eppertshäuser bekamen diesmal etwas weniger als gewohnt ihr Fett weg. Vor allem das Loch in ihrer Hauptstraße durch eine Fahrbahnabsenkung holte sie im Münsterer Kerbspruch wieder ein. „Eigentlich könnten sie damit auch gleich mal ihre marode Hauptstraße sanieren“, unkte Kreher. Den Gedanken, was passiert wäre, wenn das Loch ganz Eppertshausen verschluckt hätte, führte er kurz an, verkniff sich aber mit bisher unbekannter Höflichkeit gegenüber den Nachbarn eine abschließende Bemerkung zu diesem Szenario.

Auch die Münsterer selbst nahm der Kerbspruch auf die Schippe, darunter einen sehr erfahrenen Feuerwehrmann, der die offene Flasche eines Gasgrills erst mal als brandgefährliches Gasleck im Boden einstufte. Den Verantwortlichen in der Lokalpolitik bescheinigte Kreher mit dem Hin und Her beim Tropical und dem Frankenbachgelände eine Posse. Zudem habe man mit dem Hallenbad ein Millionengrab abgeliefert. „Wenn wir nicht bald aufwachen und was für unsere Zukunft tun, dann kann Münster in Hessen bald in Frieden ruhen“, sagte Kreher.

Ein dickes Lob gab es für die Jubiläumsfeste der Feuerwehr, der Radfahrer und der DJK. Sie hätte man komplett mit Hilfe aus den eigenen Reihen gestemmt, was Mut für die Zukunft macht. Mit einem solchen Engagement von Vereinen, Gruppen und Stammtischen könne Münster weiter gut gedeihen. Die größte Kritik im Kerbspruch wurde an die Ampel in Berlin geschickt: „Ohne Gas zum Heizen bleibt nur das Entzünden eines Elektrowagens. Dann wird‘s einem auch bei Frost nicht bang, denn das Ding brennt einen Winter lang.“

Mit einem „Schei woars“ und dem Dank an alle Beteiligten forderte Kreher dazu auf, die letzten Stunden der Kerb 2022 noch ausgiebig zu genießen. (Michael Just)

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