Kunst greift aktuelle Themen und Stimmung auf

Altheim – Überraschende und tragische Ereignisse, wie die Pandemie oder der Ukraine-Krieg, haben Auswirkungen auf das Lebensgefühl der Menschen. „Unser Befinden unterliegt deshalb einem Zeitaspekt“, sagt Kristin Wicher vom ARThaus in Altheim. Am Samstagabend eröffnete sie die aktuelle Schau „Befindlichkeiten“ der Künstlergruppe Art.2(1). Sie geht in ihren Werken den aktuellen Spuren unserer Gedanken und der seelischen Verfassung nach. Um einen besonderen Anreiz zu schaffen, bekamen die Künstler Begriffe zugelost, die sie in ihre Arbeiten einbringen konnten.
„Bei mir waren es Widerstandsfähigkeit, Wege und Finden“, berichtet Dorothee Eitel. Daraus entstand eine Wanderkarte, die als Collage mit verschiedenen Materialien daherkommt. Immer wieder sind darauf stilisierte Wegweiser und Schutzhütten zu sehen. „Widerstandsfähigkeit und Stabilität ist auch eine Befindlichkeit. Sie brauchen allerdings Schutz und Orientierung, das geht nicht im luftleeren Raum“, erklärt Eitel und ergänzt, dass sie ihr Gleichgewicht beim Wandern im Odenwald erhält.
Den von Wicher angesprochenen Zeitaspekt bringt ganz besonders Susanne Rieger im Gemälde „Rosen - oder die gewandelte Wut“ zum Ausdruck. Während des Arbeitsprozesses verwandelten sich ihre Gefühle: Aus der Darstellung einer abstrakten Schlacht wurden plötzlich rote Rosen.
Der Name „Art.2(1)“, den sich die Künstlergruppe gab, erinnert an das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die Gruppe gründete sich vor rund sieben Jahren und umfasst über ein Dutzend Köpfe aus Altheim, Münster und Umgebung. Im Betreiberverein des ARThauses ist ein Großteil aktiv, etwa im Vorstand. Am Jahresprogramm beteiligt man sich meist mit einer großen Schau. 2021 flankierte diese den Weltfrauentag und war mit „Frauenbilder - Stereotyp?“ überschrieben.
Für „Befindlichkeiten“ betätigten sich neun Mitglieder kreativ, einige mit mehreren Arbeiten, darunter Hans-Peter Schmücker, Susanne Rieger und Anne Zimmer. Schmücker fertigte gleich drei Werke zu aktuellen Themen an. Im Bild „War Pigs“ („Kriegsschweine“) und der Frage „Wo ist James Bond, wenn man ihn braucht?“ bezieht er sich auf den Song von „Black Sabbath“ und das Manko, dass Diktatoren oft nicht gestoppt werden können. Mit Blut an den Händen und selbst eingekerkert sieht der Betrachter eine Person, die, wenn auch verfremdet, Putin darstellt.
Auch die Genderdiskussion beschäftigt Schmücker, was sich im Gemälde „Gendergeänder“ offenbart. „Es geht mir nicht um die Sprache, sondern um politische Ziele. Sie könnten dazu führen, dass junge Menschen falsche Entscheidungen treffen, die später nicht revidierbar sind“, sagt der Künstler. Im dritten Werk „Wir ignoranten Pappenheimer, bienenfleißig“ drückt er mit zum Teil upgecycelten Materialien, wie zum Beispiel Pappe, aus, dass die Menschheit zwar emsig ist, sich darunter aber viele negative Aktivitäten befinden. Der Klimawandel sei eine Folge davon. So bergen Befindlichkeiten letztlich auch immer Herausforderungen, die Kristin Wicher am Ende ihrer Eröffnungsrede in ein Handlungskonzept packte: „Befindlichkeiten sollten nicht problematisiert, sondern individuell und lösungsorientiert zum Denken und Handeln anregen. Sie sind veränderbar, nicht zuletzt durch uns selbst.“ Die Schau ist am nächsten Sonntag (25.) von 15 bis 18 Uhr zum letzten Mal zu sehen. (Michael Just)
