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Heimat- und Geschichtsverein zeigt Münsterer Porzellan von einst

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Vorratsdosen erleben in Zeiten des Unverpackt-Booms eine Renaissance.
Vorratsdosen erleben in Zeiten des Unverpackt-Booms eine Renaissance. © Just, Michael

Ein gedeckter Tisch ist eine feine Sache. Wie das früher in Münster aussah, zeigt der Heimat- und Geschichtsverein.

Münster – „Viele haben‘s zum Glück net fortgeschafft“, sagt Inge Eckmann lobend und meint damit altes Porzellan, das bei manchem Besitzer immer wieder Gefahr läuft, als unbenutzter Plunder entsorgt zu werden. Anders in Münster und Altheim, wo man in zahlreichen Familien Erbstücke aufhob, die nun dem Heimat- und Geschichtsverein (HGV) als Leihgabe für seine neue Ausstellung „Nicht alle Tassen im Schrank – Der gedeckte Tisch“ dienen. Anfang April wurde die Schau in der Langsmühle von Eckmann, der 2. Vorsitzenden, Margarete Elster, Leiterin des Arbeitskreises Zeitgeschichte sowie Bürgermeister Joachim Schledt, eröffnet. An diesem Sonntag, 7. Mai, ist sie seitdem erstmals wieder zu sehen.

Elisabeth Happel gehört zu den Bürgern, für die eine Entsorgung nie in Frage kam und die deshalb eine ganze Reihe von Exponaten beisteuern konnte. Einige haben ein beträchtliches Alter, wie ein Porzellanservice der Schwiegereltern, das diese 1929 zur Hochzeit bekamen. Wie Happel weiß, benutzte das Paar das Gedeck über viele Jahre – allerdings mit höchster Vorsicht: „Zwischen die Teile kamen Klapperdeckchen, dass bloß nix dran passiert“, erinnert sich die 78-Jährige. Doch es geht noch älter: Auch das Porzellan der Großeltern, die 1885 heirateten, hat Happel aufgehoben, genauso wie die Vorratsbehältnisse einer Tante aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts: „Diese Tante lebte bis zu ihrem Tod bei uns im Haus und half auf dem Feld, in der Küche und im Garten. Als mein Elternhaus verkauft wurde, kamen die Dosen zu mir und werden seit 1981 von meiner Person benutzt.“ Für die Ausstellung entnahm Happel Zucker und Reis und brachte sie optisch auf Vordermann.

Zu den Besonderheiten der Schau zählen eine Tasse samt Unterteller aus dem Jahre 1884, die Walter Kurth besitzt. Der Unterteller weist eine Inschrift mit Bezug zu den Roten Dragonern auf. Das großherzogliche Reiter-Regiment war von 1869 bis 1891 im Babenhäuser Schloss kaserniert. Neben Porzellan wird die Ausstellung von alten Haushaltsgegenständen, darunter Kaffeemühlen, Sahnerührern oder Krauthobel, ergänzt. Zum Wundern und Schmunzeln regt die Nachbildung eines Holztisches an, an dem einst die arme Landbevölkerung aß. Der Tisch hat runde Kuhlen, in die einfache Speisen, meist Kartoffel und Schmierkäse, hineinkamen. „Die Vertiefungen ersparten das Geschirr“, erläutert Eckmann. Das gute Stück fertigte ein lokaler Schreiner für die Schau an. Der Tisch wird von Holzlöffeln ergänzt. Diese aber wurde jüngst in einem Dieburger Kaufhaus erworben. „Für die Zeitreise haben wir sie mit Kaffeesatz altern lassen“, verrät Eckmann.

Die Idee zur Ausstellung stammt von Helma Müller. Die 87-Jährige ist Mitglied im HGV und lehnte es mit ihrem Mann Heinz ebenfalls ab, sich vom vererbten Familien-Porzellan zu trennen. Zum Müller-Fundus gehören echte Raritäten, wie die Inschrift „Ich gratulire“ auf einem Gefäß verdeutlicht. Das fehlende „e“ belegt eine Epoche, in der noch andere Rechtschreibregeln galten.

Während bei den meisten Ausstellern das Porzellan im Keller oder Dachboden die Jahre überdauerte, ist Heike Schneider eine Ausnahme. Zum einen ergänzte sie die Stücke von ihrer Mutter (die diese wiederum von ihrer Mutter erhielt) noch mit weiteren Anschaffungen von Antikmärkten. Zudem fanden die Gegenstände nicht in Kisten, sondern im Wohnzimmer auf einem extra angefertigten Holzbord Platz.

Die Auswahl der von Bürgern nach einem Aufruf angebotenen Stücke war so umfangreich, dass sich gar nicht alles zeigen lässt. Deshalb wird die über sechs Monate gehende Ausstellung ab und an ein wenig umdekoriert. „Es lohnt sich also, zweimal zu kommen“, sagt Eckmann.

„Früher hieß es oft: Der alte Kram, wer will denn das?“, erinnert sich Helma Müller. Heute weiß die Seniorin: Je länger man Sachen aufhebt, desto mehr entwickeln sie sich zum Schatz. „Das geht aber nur, wenn man auch den Platz hat“, fügt sie hinzu.

Infos

Die Ausstellung ist bis zum 1. Oktober jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr im Heimatmuseum in der Bahnhofstraße 48a geöffnet. Der Eintritt ist frei, es gibt Kaffee und Kuchen. Für Gruppen sind Extra-Termine möglich: Telefon 06071 604536.

Staunten über altes Münsterer Porzellan: Margarete Elster, Inge Eckmann (von links) und Bürgermeister Joachim Schledt.
Staunten über altes Münsterer Porzellan: Margarete Elster, Inge Eckmann (von links) und Bürgermeister Joachim Schledt. © Just

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