Kultdisco liegt seit Jahren brach: Was wird aus dem „Tropical“?

Auch fünfeinhalb Jahre nach ihrem Verkauf liegt die frühere Kultdisco „Tropical“ in Münster brach. Über die weitere Nutzung des Geländes gibt es unterschiedliche Ansichten.
Münster – Als die Civil GmbH Ende 2016 das Grundstück samt ehemaliger Kultdisco „Tropical“ in Münster (Kreis Darmstadt-Dieburg) vom privaten Vorbesitzer erwarb, war die Sache für die Investoren Cagdas Güven und Ali Ekrem Celik eigentlich klar: Das Bestandsgebäude sollte erhalten, kernsaniert und künftig als Boardinghouse mit 30 kleinen Apartments und hotelähnlichem Service geführt werden.
Doch in der Folge lief vieles anders als geplant. Binnen fünfeinhalb Jahren hat sich der optisch wenig schmeichelhafte und weitgehend ungenutzte Fleck am östlichen Ortseingang von Münster nicht zum Besseren gewandelt. Auch jetzt ist keine Lösung in Sicht.
Noch 2017, kurz nach vollzogenem Kauf, war sich Güven sicher: Einem schnellen Umbau zum Boardinghouse würde wenig im Wege stehen. Dem Geschäftsführer der Civil GmbH, die inzwischen G&C Projektentwicklung GmbH heißt und Teil der in Dieburg ansässigen (und 2023 ins Münsterer Baugebiet „Am Seerich“ umziehenden) G&P-Gruppe ist, war die Ausgangslage bewusst: Der Bebauungsplan fürs Tropical-Areal sieht ausschließlich gewerbliche Nutzung vor.
An der Frage, ob das einst geplante Boardinghouse eher „Wohncharakter“ hätte und anders als etwa ein klar gewerbliches Hotel einzustufen sei, schieden sich zwischen Investor und Kreis-Bauamt zunächst die Geister. Rechtlich hätte Güven wohl ein Boardinghouse durchsetzen können und besäße diesen Spielraum auch heute. Doch zwischenzeitlich schmiedeten Gemeinde und Entwickler andere Pläne, die seit einiger Zeit wieder begraben sind und ihren Teil zum langwierigen Kapitel beitrugen.
Darmstadt-Dieburg: Disco-Gelände in Münster soll reine Gewerbefläche werden
Denn nach Bekanntwerden des ursprünglichen Vorhabens, das im Rathaus auch deshalb keine Begeisterung auslöste, weil es in Münster (auf der Beune) schon ein Boardinghouse gibt und eher anderes Gewerbe und Wohnungen gebraucht werden, brachte der 2020 abgewählte Bürgermeister Gerald Frank (SPD) eine neue Idee ins Spiel, für die auch Güven offen war: Frank regte einen Mix aus Wohn- und Gewerbenutzung an und stellte eine rechtliche Umwidmung zum „urbanen Gebiet“ – und damit eine Abkehr von der reinen Gewerbefläche – in Aussicht.
Güven investierte in neue Pläne, die auf dem 2.000-Quadratmeter-Grundstück zuletzt einen Abriss des Tropicals und den Neubau zweier großer Gebäude vorsahen, die jeweils Gewerbeflächen im Erdgeschoss sowie darüber Wohnungen mit begrüntem Dach und darunter eine Tiefgarage haben sollten.
Unter dem neuen Bürgermeister Joachim Schledt (parteilos) und der Gemeindevertreter-Mehrheit von CDU und FDP gibt es genau dafür aber keine politische Mehrheit mehr. „Herr Güven muss innerhalb des Bebauungsplans planen, also reines Gewerbe“, stellt Schledt in diesen Tagen erneut klar.
Für die Christdemokraten als größter Münsterer Partei klingt Fraktionschef Thorsten Schrod ähnlich: „Wir werden den Bebauungsplan nicht ändern. Die CDU hält die Fläche für reines Gewerbe.“ Dass die Gemeinde auf Zeit spielt, um dem Investor das Tropical abkaufen und dann maximale Beinfreiheit in der Entwicklung des Filetstücks genießen zu können, zählt zu den vielen Spekulationen rund um das Trauerspiel.
Darmstadt-Dieburg: Patt-Situation um Disco-Gelände in Münster
Das letzte Gespräch zwischen Schledt und Güven, der sich momentan nicht öffentlich äußern will, liegt schon mehrere Monate zurück. Verkaufspläne hegt der Investor offenbar nicht. Hört man sich wiederholt bei den Beteiligten um, gewinnt man den Eindruck einer Patt-Situation: Jede Seite hofft, dass sich die andere bewegt.
Letztlich muss Güven wohl rein gewerblich bauen, sich vom Gelände in Münster trennen – oder es weiter brachliegen lassen. Auch ob aktuell extremer Baukosten dürfte es in naher Zukunft auf das Letztgenannte hinauslaufen und das prominente Fleckchen im unbefriedigenden Ist-Zustand verharren. Späteres Comeback des einstigen Boardinghouse-Plans nicht ausgeschlossen. (Jens Dörr)