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Osartis ist in Münster angekommen

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Der neue Osartis-Standort im Münsterer Neubaugebiet „Am Seerich“.
Der neue Osartis-Standort im Münsterer Neubaugebiet „Am Seerich“. © Dörr

Das Medizintechnik-Unternehmen Osartis ist mit 60 seiner 100 Mitarbeiter schon von Dieburg nach Münster umgezogen.

Münster - „Der Ausblick ist wunderschön, wir sehen die Störche fliegen“, sagt Daniel Zukowski, Managing Director der Osartis GmbH. Die tolle Lage des neuen Produktions-, Entwicklungs- und Verwaltungsstandorts nahe den Hergershäuser Wiesen ist freilich nicht der Hauptgrund, warum das Medizintechnik-Unternehmen derzeit den Umzug aus dem Dieburger Industriegebiet-Nord ins Münsterer Neubaugebiet „Am Seerich“ vollzieht. Osartis, 1994 im I-Nord von früheren Merck-Mitarbeitern gegründet und seit 2016 Teil einer italienischen Holding, führt unter der neuen Münsterer Adresse „Auf der Beune 101“ auf 13 000 Quadratmetern zusammen, was in Dieburg bisher in Lagerstraße, Benzstraße und Nordring verteilt war.

Ende 2022 soll der Umzug abgeschlossen sein. Rund 60 Mitarbeiter aus der 90- bis 100-köpfigen Belegschaft (Zukowski: „Wir schwanken, greifen als Puffer außerdem auf 20 bis 25 Leute in Zeitarbeit zurück“) sind schon da, so die komplette Verwaltung auf rund 1 000 Quadratmetern Bürofläche. 9 000 der 13 000 Quadratmeter auf dem größten Seerich-Grundstück, das die Gemeinde Münster via LBBW Kommunalentwicklung (Stuttgart) vermarkten ließ, sind überbaut. Ohne Wege und Pflaster beläuft sich die mit dem Hauptgebäude sowie einem Außenlager bebaute Fläche auf 5 800 Quadratmeter. Weitere Zahlen: Aufs Hauptlager entfallen 3 000 Quadratmeter, aufs Außenlager 540; auf 1 200 Quadratmetern findet die Herstellung der Produkte statt, wovon 600 als Reinraum zur Verfügung stehen. Das Labor ist 360 Quadratmeter groß.

Vor einem Versuchsaufbau zur Überprüfung der Langezeitstabilität eines Osartis-Produkts: Daniel Zukowski (rechts) und Volker Stirnal.
Vor einem Versuchsaufbau zur Überprüfung der Langezeitstabilität eines Osartis-Produkts: Daniel Zukowski (rechts) und Volker Stirnal. © Dörr

Dort tüftelt Osartis an Innovationen besonders in seinem Kerngeschäft: Knochenzemente zur Verankerung von Gelenkprothesen und synthetische Knochenersatz-Stoffe aus Ausgangsstoffen, die chemisch den körpereigenen Stoffen ähneln. Ein margenstarkes Geschäft, wie Zukowski nicht verhehlt. Zwar stehe auch Osartis „immer unter Kostendruck“, doch sei man „seit vielen Jahren profitabel“. Den Unternehmensgewinn kommuniziert der Medizintechnik-Spezialist nicht.

Der Jahresumsatz bewegte sich in den vergangenen Jahren zwischen 25 und 30 Millionen Euro. „Covid hat uns nicht geholfen“, blickt der Managing Director zurück. Kliniken schoben Operationen auf, was auch die Nachfrage nach Osartis-Produkten dämpfte. Zuletzt habe sich diese aber wieder erholt. Wobei man diesbezüglich nicht zuerst den deutschen Markt im Blick haben darf: „In der Bundesrepublik fallen für uns keine zwei Millionen Euro an“, ordnet Zukowski ein, dass die Neu-Münstere mehr als 90 Prozent ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften. Die USA und die Länder der Europäischen Union spielten hier die herausragende Rolle, in der EU beispielsweise Frankreich und Irland.

Das politisch, wirtschaftlich und bürokratisch immer enger verflochtene Europa birgt für Osartis indes auch Probleme. Volker Stirnal, Director Quality Assurance & Regulatory Affairs, nennt regulatorische Veränderungen und Unwägbarkeiten als potenzielles Hemmnis für die Geschäftsentwicklung. „Die EU zielt mit einem neuen Rechtsrahmen für Medizintechnik-Produkte auf schärfere Zulassungsverfahren ab“, erläutert Stirnal. Dies führe dazu, „dass auch alle existierenden Produkte neu zugelassen werden müssen“.

Was aus Sicht der Patientensicherheit erst mal positiv erscheint, kann durchaus negative Konsequenzen haben. „Für die Zulassung sind extrem viele medizinische Daten nötig, das ist extrem aufwendig.“ In der Folge würden die Portfolios wegen der damit verbundenen Zeit und Kosten wohl deutlich ausgedünnt. Zukowski nennt ein Beispiel: „Klinische Daten für einen seltenen Sprunggelenks-Ersatz zu liefern, ist absurd.“ Über alle Firmen der Branche hinweg gehe er davon aus, „dass circa 30 Prozent der Produkte vom Markt verschwinden werden“. Schließlich stiegen die Aufwendungen durch das erneute Zulassungsverfahren durch die Bank. Produkte, die im Markt blieben, verteuerten sich dadurch.

Trotz dieses Themas auf EU-Ebene, das die Branche umtreibt, nach Auffassung von Zukowski und Stirnal mit allzu heißer Nadel vorbereitet worden ist und deshalb in einem unklaren Verfahren vonstatten geht, spürt man auf der Beune derzeit jenen Zauber, der sprichwörtlich jedem Anfang innewohnt. Kleinere Arbeiten im Innenausbau harren noch ihrer Erledigung, „wir sind aber froh, dass wir hier sind“, betont Managing Director Daniel Zukowski.

Den Geschäftssitz hat Osartis formal sogar schon im Mai 2021 von Dieburg nach Münster verlegt. Damals begannen auch die Bauarbeiten, die wenig mehr als ein Jahr dauerten. Nach der Investition im deutlich zweistelligen Millionenbereich bleibt derweil eine andere Dauer-„Baustelle“: Osartis ist permanent auf der Suche nach neuen Mitarbeitern, etwa in der klinischen Forschung, der Produktion und im Qualitätsmanagement. (jd)

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